Spielbanken und Geschicklichkeits- und Glücksspiele
Camill Droll/Marcel Alexander Niggli
Vorbemerkung
29Mit Abstimmung vom 10. Juni 2018 wurde das neue Geldspielgesetz angenommen. Es wird künftig sämtliche Geldspiele, d. h. Lotterie-, Glück- und Wettspiel, die zuvor von separaten Erlassen erfasst wurden, in einem Gesetz vereinheitlichen. Damit wird künftig dem Spielbankengesetz keine eigenständige Bedeutung mehr zukommen. Die Eidgenössische Spielbankenkommission (nachfolgend ESBK) eröffnete aber alleine im Jahre 2017 noch 180 neue Straffälle, wovon nur 35 abgeschlossen werden konnten.1 Ähnliche Zahlen ergehen aus den Berichten der Vorjahre. Es ist anzunehmen, dass trotz des neuen Geldspielgesetzes die Beurteilung der Verwaltungsstrafverfahren nach alten Recht noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird. Dieser Text setzt sich mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts und dessen Problematik auseinander und soll 30 damit einen Beitrag zur bisher inexistenten Lehre leisten. Beiträge zum neuen Geldspielgesetz werden folgen.
Einleitung
Der ESBK obliegen die Beaufsichtigung von Spielbanken sowie die Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften des Spielbankengesetzes in der Schweiz. Zu diesem Zweck hat sie auch Kompetenz, zum Vollzug des Gesetzes notwendige Verfügungen zu erlassen.2
Unter anderem erfasst der gesetzliche Auftrag die Qualifikation eines Spieles als Glückspiel bzw. die Abgrenzung von Geschicklichkeits- und Glücksspielen. Glücksspiele nämlich dürfen nach Art. 4 SBG nur in konzessionierten Spielbanken angeboten werden, d. h. gemäss Art. 7 SBG von Unternehmungen, die gewerbsmässig Gelegenheit zum Glücksspiel anbieten. Zum Zweck der Abgrenzung sieht Art. 61 der Verordnung zum Spielbankengesetz (VSBG) eine allgemeine Pflicht vor, Geldspielautomaten der ESBK vorzuführen, die gemäss Art. 64 VSBG entscheidet, ob es sich um einen Geschicklichkeits- oder um Glücksspielautomaten handelt. Der Entscheid muss dem Kanton mitgeteilt und im Bundesblatt veröffentlicht werden.3 Das ist bedeutsam, weil es gemäss Urteil des Bundesgerichts vom 16. März 20124 nicht Sache des Strafrichters ist, sich mit einer fehlenden Qualifikation eines Spiels bzw. Spielautomaten auseinanderzusetzen. Rechtsstaatlich völlig korrekt hält das Bundesgericht fest, «…der Betrieb eines Glücksspielautomaten ausserhalb konzessionierter Spielbanken kann den Tatbestand von Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG [d. i. des Übertretungstatbestandes] nur erfüllen, nachdem der Automat durch Verfügung der zuständigen ESBK als Glücksspielautomat qualifiziert worden ist und allfällige Rechtsmittel gegen diese Verfügung keine aufschiebende Wirkung haben».5
Vor einem entsprechenden Entscheid der ESBK fehlt es an der notwendigen Qualifikation. Das soll – seit diesem höchstrichterlichen Entscheid – nach Ansicht der ESBK merkwürdigerweise eine Strafbarkeitslücke darstellen, weshalb sie offenbar versucht, diese Lücke zu schliessen, indem sie versucht, das Betreiben eines Automaten, der noch nicht qualifiziert wurde, als Verletzung der Vorführungspflicht von Spielautomaten in Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG zu qualifizieren.6 Das erscheint uns höchst problematisch, weshalb im Folgenden Abgrenzungs- bzw. Vorführungspflicht und ihre verwaltungsstrafrechtlichen Folgen erläutert werden sollen.
Allgemeine Begriffserklärung
Geschicklichkeits- und Glücksspiele
Das Spielbankengesetzt enthält in Art. 3 eine Legaldefinition der Abgrenzung von Glücksspielen, die es in Abs. 1 SBG wie folgt definiert: «[…] Spiele, bei denen gegen Leistung eines Einsatzes ein Geldgewinn oder ein anderer geldwerter Vorteil in Aussicht steht, der ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.» Auffallend ist, dass in Absatz 2 und 3 dann Glückspielautomaten und Geschicklichkeitsspielautomaten definiert werden, eine Legaldefinition des Geschicklichkeitsspieles selbst aber fehlt. Einzig über die Definition des Geschicklichkeitsspielautomaten in Art. 3 Abs. 3 SBG lässt sich erahnen, was gemeint ist. Dort nämlich wird bestimmt, dass bei einem Geschicklichkeitsautomaten der «…Gewinn von der Geschicklichkeit des Spielers abhängen muss».7 Bemerkenswert ist, dass hier von der Definition jeglicher Gewinn erfasst wird und nicht nur ein pekuniärer (vgl. dagegen Art. 1 Abs. 1, der ausdrücklich von «Geldgewinn oder ein[em] andere[n] geldwerte[n] Vorteil» spricht). Dogmatisch kann ein Spiel ausschliesslich in eine dieser zwei Kategorien, also Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel, fallen. Die Kategorien schliessen sich gegenseitig aus. Auch scheint keine dritte, undefinierte Kategorie von 31 Spielen beabsichtigt,8 sonst hätte das in Art. 3 SBG festgehalten werden müssen. Ansonsten hätte sich die Abgrenzung der Spiele in Form einer Legaldefinition ja erübrigt. Die Aufzählung ist demnach abschliessend.
Vorbehalten bleiben einzig die Vorschriften über das Lotteriegesetz.9 Denn auch Lotteriespiele sind vorwiegend vom Zufall abhängig und nur im Rahmen einer Bewilligung zulässig.10
Während eine Abwägung im Einzelfall verwaltungsrechtlich vielleicht Sinn ergibt, verletzt ein solches Vorgehen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot ganz offensichtlich.
Die Abgrenzung der Spieltypen ist nötig, weil Glücksspiele nur innerhalb einer konzessionierten Spielbank angeboten werden dürfen.11 Das Anbieten von Glücksspielen ausserhalb einer Spielbank wird als Übertretungstatbestand mit Bussen bis zu CHF 500 000 bestraft.12 Erfasst sind davon auch telekommunikationsgestützte Durchführungen von Glücksspielen, weil auch sie gemäss Art. 5 SBG generell verboten sind. E contrario ergibt sich daraus logisch zwingend (aber entgegen der Auffassung der ESBK),13 dass das Betreiben von Geschicklichkeitsspielautomaten grundsätzlich legal sein muss. Dass es mit Pflichten verbunden, und bei Nichteinhaltung dieser Pflichten mit Sanktionen belegt werden kann, ändert daran nichts.
Glücksspielautomaten
Gemäss Legaldefinition ist ein Glücksspielautomat ein Gerät, das ein Glücksspiel anbietet, das im Wesentlichen automatisch abläuft.14 Der Glücksspielautomat muss, aus logischer Ableitung des Glücksspiels (Art. 3 Abs. 1 SBG), zugleich ein Geldspielautomat sein. Es bedarf also eines Einsatzes – meist wohl in Form von Geld oder zuvor aufgeladenem Kredit. Ob das zutrifft, kann gemäss Bundesgericht nicht über eine generelle Definition des Glückspielsautomaten bestimmt, sondern muss im Einzelfall und nach Betrachtung der gesamten Umstände und deren Gewichtung entschieden werden.15 Die Ursache des Problems liegt bereits in der Botschaft, denn sie will «alle Spielgeräte erfass[en], an denen der Spieler nach Leistung eines Einsatzes einen in den wesentlichen Teilen automatischen Spielablauf auslösen kann, der im Gewinnfall mit Auszahlung oder Gutschrift eines Geldgewinns oder eines anderen Vermögenswerten Vorteils endet».16 Diese breite Umschreibung ist nicht ein Versehen, sondern soll, wie ausdrücklich gesagt wird, zukünftige Entwicklungen vorausnehmen und erfassen: «Mit dieser Umschreibung kann der auch künftig zu erwartenden dynamischen Entwicklung im Bereich der automatischen Spielgeräte Rechnung getragen werden.»17 Wurden einst als Glücksspielautomat der klassische «einarmige Bandit» und ähnliche Geräte verstanden, können heute aufgrund aktueller technischer Lösungen auch Laptops als Glücksspielautomaten qualifiziert werden. 32 Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb zur Qualifikation von Glückspielautomaten notgedrungen Kriterien entwickelt,18 die allerdings mehr Verwirrung stiften als Klärung bringen: Hauptkriterium sei, dass Laptop- oder Computerstationen durch technische bzw. elektronische Einrichtungen Zugriff auf eine Glücksspielplattform ermöglichen.19 Relevant könne auch sein, ob ein allfälliges Bezahlsystem (bspw. ein Notenlesegerät) angeschlossen sei, das direkte Barzahlungen am Computer zulasse, wobei auch wesentlich sei, ob es sich um «handelsübliche Geräte» handle, «die auch zur Bezahlung legaler Inhalte im Internet verwendet werden können».20 Deutlich wird, dass trotz der Einschränkungen recht unklar bleibt, was nun ein Glücksspielautomat sei.
Die Erweiterung vom klassischen Glücksspielautomaten auf nahezu jedes technische Gerät ist höchst problematisch. Damit nämlich lässt sich zum Voraus überhaupt nicht mehr feststellen, ob ein Gerät ein Glücksspielautomat ist oder nicht. Waren früher Glücksspielautomaten auf den ersten Blick als solche erkennbar (wie z. B. der einarmige Bandit), können nach dem Verständnis der Botschaft und trotz der Einschränkungen des Bundesverwaltungsgerichtes nun auch Geräte als Glücksspielautomat gelten, die für einen ganz anderen Zweck hergestellt wurden. Während eine Abwägung im Einzelfall verwaltungsrechtlich vielleicht Sinn ergibt, verletzt ein solches Vorgehen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot ganz offensichtlich, wenn Unklarheiten der gesetzlichen Bestimmung zulasten des Beschuldigten ausgelegt werden. Respektiert man das Bestimmtheitsgebot und die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichtes, namentlich dass sich Laptops und Computerstationen nur als Geldspielautomaten qualifizieren lassen, wenn sie sich von üblichen Computerstationen unterscheiden (das Bundesverwaltungsgericht spricht zwar nur von Glücksspielautomaten, doch muss dasselbe gelten für alle Geldspielautomaten), so können sich Zweifel an der Qualifikation des Laptops nicht zu Lasten des Betroffenen auswirken. Die Unterscheidung verlangt zudem, dass die Geräte öffentlich zugänglich sind, den Zugang zu Glücks- oder Geschicklichkeitsspielen ermöglichen und mit einem Bezahlsystem verbunden sind, das nur der Bezahlung illegaler Inhalte dient und nicht auch für die Bezahlung legaler Inhalte verwendet werden kann.
Vorführungspflicht von Glückspielautomaten
Vorführungspflicht im Lichte der bisherigen Rechtsprechung
Glücksspiel und Vorführungspflichten haben vorwiegend die Rechtsprechung beschäftigt, dieweil sich die Lehre vornehm zurückhielt. Die ESBK hat bis zum erwähnten wegweisenden Urteil des Bundesgerichts vom 16. März 201221 das Anbieten bzw. Aufstellen von Glücksspielautomaten durchweg als Übertretung nach Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG verfolgt. Dieser Weg bleibt ihr seither verwehrt. Sofern Glücksspiele nicht zuvor rechtskräftig und per Publikation als solche qualifiziert wurden, kann mangels Qualifikation des Spiels nicht von einem Anbieten eines Glückspiels gesprochen werden. Das erscheint aus der Sicht des Strafrechts völlig evident, dennoch sieht die ESBK darin merkwürdigerweise eine Strafbarkeitslücke:
Sofern das Spielangebot bei Tatbegehung noch nicht formell innerhalb eines Verwaltungsverfahrens qualifiziert worden ist, kann der Täter gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht mehr nach Art. 56 Abs. 1 Bst. a SBG für das Organisieren von illegalen Glücksspielen oder für den Betrieb von Glücksspielen ins Recht gefasst werden. In einem solchen Fall muss der 33 Betrieb des Automaten aufgrund einer anderen Strafnorm des SBG geahndet werden, ansonsten dies zu einer Strafbarkeitslücke führen würde.22
Dazu ist vorweg der Begriff der Strafbarkeitslücke zu erläutern. Wenn einem Menschen für sein Verhalten ein Vorwurf gemacht wird, dann ist erste Voraussetzung dafür, dass er überhaupt hatte erkennen können, wie er hätte handeln sollen. Daraus ergibt sich unmittelbar nicht nur der Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 1 StGB), also das Prinzip, dass ein Verhalten nur dann strafbar sein kann, wenn es vorgängig für strafbar erklärt wurde, sondern ebenso unmittelbar der sog. fragmentarische Charakter des Strafrechts, also die Tatsache, dass immer – und zwar notwendigerweise – die ganz überwiegende Mehrheit aller je möglichen Verhaltensweisen straffrei ist, bis sie eben durch eine Norm für strafbar erklärt wird: Erlaubt ist, was nicht verboten ist. Bezeichnete «Strafbarkeitslücke» mithin nur die Straflosigkeit, so bestünde die Welt aus einer einzigen grossen Strafbarkeitslücke. Entsprechend meint der Begriff natürlich nicht dies, sondern bezeichnet nichts anderes, als dass ein bestimmter Sachverhalt straflos ist, obwohl dies den Wünschen desjenigen widerspricht, der den Begriff verwendet.
Nun obliegt aber die Entscheidung, welche Sachverhalte strafbar sein sollen, nicht der Exekutive, sondern dem Gesetzgeber. Es irritiert deshalb bereits, wenn die ESBK nur schon eine Strafbarkeitslücke feststellt. Selbst wenn man ihr aber darin folgen wollte, dass Ziel des SBG sei, den Betrieb von Glücksspielautomaten ausserhalb von Spielbanken zu verhindern, ergeben sich daraus weder die Notwendigkeit noch die Legitimität einer Strafe, denn dies würde ja voraussetzen, dass Verhaltenssteuerung nur über Strafe erreicht werden kann. Das aber trifft schlicht nicht zu, vielmehr ist äusserst zweifelhaft, ob Strafe überhaupt verhaltenssteuernd wirken kann.23 Höchst irritierend erscheint deshalb, wenn die ESBK nach anderen Wegen sucht, das Anbieten von Spielen ausserhalb von Spielbanken zu bestrafen, bevor sie als Glücksspiele qualifiziert wurden.
Eine Vorführungspflicht kann Privatpersonen nur dann treffen, wenn bereits vor der Vorführung klar ist, dass es sich um einen Geldspielspielautomaten handelt.
Die ESBK selbst geht davon aus, dass es keine Alternative gibt, das Betreiben von Glückspielautomaten ausserhalb von Spielbanken zu sanktionieren, bevor sie durch Feststellungsverfügung der ESBK als solche qualifiziert wurden. Das hielt die ESBK in einem Verfahren vor Bundesgericht als Beschwerdegegnerin selbst fest: Sie sehe bei Privaten, die Glücksspielautomaten in ihren Räumlichkeiten aufstellten und deren Gebrauch zum Glücksspiel anböten, keine Möglichkeit, solches Verhalten durch den Übertretungsstraftatbestand nach Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG zu erfassen (Aufstellen von Spielsystemen oder Glücksspielautomaten ohne Prüfung, Konformitätsbewertung oder Zulassung zum Zweck des Betriebs), weil diese Bestimmung nur Spielsysteme und Glücksspielautomaten innerhalb konzessionierter Spiel- 34 banken erfasse; die Vorführungspflicht könne «nicht zum Gegenstand haben, einen Glücksspielautomaten vorführen zu müssen, der für den Betrieb ausserhalb von konzessionierten Spielbanken verwendet werden soll; denn diese Verwendung sei ohnehin schon gemäss Art. 4 Abs. 1 SBG per se verboten».24 Weil aber erst die Qualifikationsverfügung einen Automaten zum Glücksspielautomaten macht, kommt vorher auch der Übertretungsstraftatbestand von Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG (Organisieren oder gewerbsmässiges Betreiben von Glücksspielen ausserhalb konzessionierter Spielbanken) nicht in Betracht.25 Der ESBK sind deshalb beim Vorfinden eines derartigen Automaten mangels vorgängiger Qualifikationsverfügung die Hände gebunden.
Ausser Streit sollte stehen, dass der Betrieb eines Automaten, der noch nicht als Glücksspielautomat qualifiziert worden ist, nicht vom Übertretungsstraftatbestand von Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG erfasst wird (Betreiben von Glücksspielen ausserhalb konzessionierter Spielbanken), weil ja nicht feststeht, ob überhaupt ein Glückspiel vorliegt. Das Anbieten von Glücksspielen ist zwar strafbar. Dazu aber ist ein vorgängiges Qualifikationsverfahren notwendig, in welchem das fragliche Spiel oder der fragliche Spielautomat per Feststellungsverfügung als Glücksspiel bzw. Glücksspielautomat qualifiziert wurden. Erst danach ist der Betrieb strafbar. Aus strafrechtlicher Sicht ist selbst das Abstellen auf publizierte Feststellungsverfügungen für neue Verfahren und die entsprechenden Spiele in diesen Verfahren höchst problematisch. Die Feststellung, dass es sich bei einem automatisierten Spiel um ein Glückspiel handelt, hängt gemäss Art. 3 Abs. 1 SBG davon ab, ob der in Aussicht gestellte Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Handelt es sich bei dem zu qualifizierenden Spiel nicht um ein Glücksspiel, das wie etwa Roulette ausschliesslich auf dem Zufall basiert, könnte mittels Softwareupdate der Gewinnkoeffizient eines jeden Spieles so verändert werden, dass der Gewinn nicht mehr überwiegend vom Zufall, sondern fortan vom Geschick des Spielers abhängig ist. Als analoges Beispiel kann das Glückspiel Black Jack genannt werden, das talentierten Spielern, die verbleibende Karten im Deck zählen können, eine erhebliche Steigerung der Gewinnchancen ermöglicht. Selbst das Abstellen auf bereits bestehende Qualifikationsverfügungen kann aus strafrechtlicher Sicht folglich nicht genügen, da das automatisierte Spiel durch eine einzige Veränderung des Quellencodes nicht mehr die gleiche Software darstellt und deshalb nicht mehr dem bereits qualifizierten Glückspiel gleicht. Die ESBK versucht deshalb neuerdings, diese Qualifikation zu umgehen, indem sie (entgegen ihrer früheren Auffassung)26 behauptet, bereits das Aufstellen von Glückspielautomaten sei strafbar, weil für Glücksspielautomaten eine Vorführungspflicht gemäss Art. 61 ff. VSBG bestehe. Das Unterlassen der Vorführung sei nach Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG strafbar. Bisher hat sich das Bundesgericht konkret zu dieser Frage noch nicht geäussert.
Vorführungspflicht gemäss Spielbankengesetz
Während die Qualifikation von Glücksspiel und Glücksspielautomat durch die Rechtsprechung präzisiert wurde, bereiten Vorführungspflicht und Sanktionierung bei deren Unterlassung nach wie vor Probleme. Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG bestraft, wer «Spielsysteme oder Glücksspielautomaten ohne Prüfung, Konformitätsbewertung oder Zulassung zum Zwecke des Betriebs aufstellt».
Wären nicht auch allgemein Spielsysteme erfasst, so bestünde die Strafnorm ausschliesslich aus einer Selbstreferenz. Denn um zu wissen, ob eine Vorführungspflicht besteht, muss bekannt sein, ob es sich um einen Glücksspielautomaten handelt, und dazu muss das Qualifikationsverfahren eben gerade durchlaufen werden. D. h. um zu wissen, ob eine Vorführungspflicht besteht, muss man das Gerät 35 vorführen. Um zu wissen, ob man der Pflicht untersteht, muss man sich also verhalten, als bestünde sie. Um der Strafbarkeit nach Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG zu entgehen, müsste man die Norm also auch dort einhalten, wo gar keine entsprechende Pflicht besteht. Das ist gleichbedeutend mit einer allgemeinen Vorführpflicht für alle Geräte. Das kann nicht richtig sein. Leider hilft auch der Begriff des «Spielsystems» nicht weiter. Doch kann auch dieser Begriff nicht jedes System meinen, da sonst jede Software, jeder Laptop etc. vorgeführt werden müsste. Die ESBK ist sich dieses Problems bewusst und ging einst davon aus, dass die Vorführungspflicht für Glücksspielautomaten nach Art. 61 ff. VSBG nur Spielbanken treffen kann.27
Weil das Betreiben von Glücksspielautomaten ausserhalb von Spielbanken für Private verboten ist, wäre es gänzlich widersinnig, eine Vorführungspflicht für sie anzunehmen.
Die Regelung der Zulassung von Glücksspielautomaten obliegt dem Bundesrat,28 der dies mit der Verordnung zum Spielbankengesetz, insbesondere in Art. 61 ff. VSBG getan hat. Art. 61 Abs. 1 VSBG bestimmt, dass der Kommission jeder Geschicklichkeits- und Glücksspielautomat vorgeführt werden muss. Ausnahmen ergeben sich einzig im Fall von Art. 62 für Glücksspielautomaten, die entweder bereits zertifiziert wurden und für solche, die typengleich sind und für die entsprechende Zertifizierungsdokumente vorgelegt werden können. Damit wäre nun eine Antwort gefunden, könnte man meinen. Doch täuscht diese Hoffnung. Zum einen kann eine Vorführungspflicht für alle Automaten, unabhängig davon, ob Geschicklichkeit und Glücksspiel, deshalb nicht bestehen, weil die Vorführungspflicht von Glücksspielautomaten nur Spielbanken betrifft. Ausserhalb von Spielbanken sind Glücksspiele nach Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 SBG ja ohnehin verboten. Wollte man also auch Private der Vorführungspflicht für Glücksspielautomaten unterstellen, so wäre dies sinnwidrig, denn auch geprüfte Geräte blieben trotz Prüfung und Qualifikation verboten. Zum anderen aber nennt zwar Art. 61 Abs. 1 VSBG neben Glücksspiel- auch Geschicklichkeitsautomaten, doch nennt Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG neben Glücksspielautomaten auch andere «Spielsysteme». Als solche Spielsysteme können nur nicht qualifizierte Spielautomaten bzw. Geschicklichkeitsspielautomaten gelten, wobei wieder unklar bleibt, was ein solches Spielsystem alles erfasst, nachdem ja nicht sinnvoll sein kann, dass jeder Laptop vorgeführt werden muss. Weitere Kriterien wären also nötig.
Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG ist als Unterlassungsdelikt ausgestaltet. Auch allgemeine Spielsysteme sind davon erfasst, was korrekt und mit der Pflicht von Art. 61 VSBG kongruent scheint. Eine Einschränkung, Private von der Vorführungspflicht für Geschicklichkeitsspielautomaten auszunehmen, lässt sich weder aus der Botschaft noch aus dem Gesetz selbst entnehmen. Die Entscheidung, ob es sich bei dem vorgeführten Geldspielautomaten um einen Geschicklichkeits- oder einen Glücksspielautoamten handelt, obliegt der ESBK.29 Die Bundesverfassung statuiert demgegenüber in Art. 106 Abs. 3 BV, dass einzig der Kanton für Bewilligung und Beaufsichtigung von Geschicklichkeitsspielen zuständig ist. Damit besteht ein Kom- 36 petenzproblem und es ist unklar, wer für das Bewilligungsverfahren bzw. die Beaufsichtigung und Qualifikation von Geschicklichkeitsspielen zuständig ist. Der Vollständigkeit halber sei präzisiert, dass Art. 61 VSBG von Geschicklichkeitsspielautomaten spricht, während Art. 106 Abs. 3. lit. c BV nur Geschicklichkeitsspiele nennt. Eine Differenzierung zwischen einerseits Geschicklichkeitsspielen in Kompetenz der Kantone und Geschicklichkeitsspielautomaten in Kompetenz des Bundes bzw. der ESBK scheint aber sinnwidrig. Vielmehr muss wohl von einem gesetzgeberischen Versehen gesprochen werden. Art. 106 Abs. 3 lit. c BV muss sich deshalb wohl auch auf Geschicklichkeitsspielautomaten beziehen.
Fazit zur Vorführungspflicht gemäss SBG
Eine Vorführungspflicht für Glücksspiele und Glücksspielautomaten trifft nur Spielbanken. Das ergibt sich einerseits (1) aus dem Verbot von Glücksspielen und Glücksspielautomaten ausserhalb konzessionierter Spielbankenbetriebe, andererseits (2) aus der Feststellung, dass Konzessionär eines Spielbankenbetriebs laut SBG ausschliesslich eine juristische Person sein kann.30 Auch Private unterliegen der Vorführungspflicht für Geldspielautomaten, sie können aber, weil sie überhaupt keinen Anspruch auf eine entsprechende Konzession (zum Anbieten von Glücksspielen und Glücksspielautomaten) erlangen können, nicht Subjekt der Vorführungspflicht für Glückspielautomaten sein.
Neben Glücksspielautomaten werden vom Übertretungstatbestand in Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG aber auch andere Spielsysteme erfasst. Als solche Spielsysteme können nur nicht qualifizierte Spielautomaten bzw. Geschicklichkeitsspielautomaten gelten, wie sich aus der Legaldefinition und Abgrenzung von Art. 3 SBG ergibt. Was nicht Glücksspiel ist, kann nur Geschicklichkeitsspiel sein. Umgekehrt muss, was (noch) nicht als Glücksspiel qualifiziert wurde, als Geschicklichkeitsspiel gelten. Ansonsten ergäbe sich eine dritte Gruppe von Spielen, die aber nicht vorgesehen ist. Das wäre auch mit dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot nicht vereinbar. Als Resultat muss deshalb jedes Spiel, bevor es per rechtskräftige Feststellungsverfügung als Glücksspiel qualifiziert wurde, als Geschicklichkeitsspiel gelten. Dasselbe muss für Glücksspielautomaten gelten, die unmittelbar von der Definition bzw. Qualifikation als Glücksspiel abhängen.
Bei Spielautomaten müssen zusätzliche Kriterien erfüllt sein, damit sie in die der Kompetenz der ESBK fallen. Ansonsten müsste jeder öffentlich zugängliche Laptop als potenzieller Spielautomat gelten und vorgeführt werden. Weil die Kriterien zur Annahme eines Spielautomaten nach der Rechtsprechung von mehreren Umständen und deren Gewichtung abhängt31, lässt sich zum Voraus nicht bestimmen, was als Glücks- und was als Geschicklichkeitsspielautomat zu gelten hat und demnach vorgeführt werden muss. Der Übertretungstatbestand von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG läuft mithin, genau wie lit. a desselben Artikels, ins Leere, weil seine Anwendung die eigene Anwendung bereits voraussetzt. Jeder Geldspielautomat muss ja vorgeführt werden, damit die ESBK die ihr nach Art. 61 SBV ff. obliegende Qualifikation vornehmen kann. Bereits vor dieser Qualifikation aber stellt sich die Frage, ob das fragliche Gerät als Geldspielautomat zu qualifizieren ist bzw. ob die entsprechenden Kriterien erfüllt sind, weshalb es vorgeführt werden muss.
Auch Private müssen Geldspielautomaten vorführen. Im Vorfeld ist indes meist unklar, ob es sich beim fraglichen Gerät um einen Geldspielautomaten handelt. Die Pflicht zur Vorführung begrenzt sich auf Geräte, die noch nicht als Geldspielautomaten qualifiziert wurden und innerhalb dieser Gruppe auf Geschicklichkeitsautomaten. Die Pflicht zur Vorführung ist paradox, weil nicht jeder Laptop vorgeführt werden kann und unklar ist, was als Geldspielautomat gelten soll, die Pflicht zur Vorführung aber gerade an diesen Begriff anknüpft. Es 37 besteht also erhebliche Rechtsunsicherheit, da in keiner Weise klar ist, welche Geräte eigentlich unter die Vorführungspflicht fallen. Ein vorwerfbares Unterlassen im Sinne von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG wird nur in sehr wenigen Fällen bestehen. Denn eine entsprechende Vorführungspflicht kann Privatpersonen nur dann treffen, wenn bereits vor einer Vorführung klar ist, dass es sich beim fraglichen Gerät um einen Geldspielspielautomaten handelt. Aus der bundesverwaltungsrechtlichen Rechtsprechung ergibt sich, dass es sich nur um einen vorführpflichtigen Geldspielautomaten handeln kann, wenn an den Spielautomaten wenigstens ein Gerät zur Leistung von Spieleinsätzen, bspw. ein Notenlesegerät, angeschlossen und auch die Auszahlung der Gutschrift von Gewinnen möglich ist.32
Verwaltungsstrafrechtliche Folgen
Vorführungspflicht
Mit Ausnahme der als Glücksspielautomaten qualifizierten Geräte, die von Privaten nicht betrieben werden dürfen und für deren Betrieb sie auch keine Konzession erhalten, trifft Private für die übrigen Geldspielautomaten («Spielsysteme») eine Vorführungspflicht. Vorwerfbar und strafbar nach Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG ist das Unterlassen der Vorführung für Private allerdings nur dann, wenn es sich um einen Geldspielautomaten handelt. Ob das zutrifft, ist indes sehr schwer abzuschätzen, weil es auf mehrere Elemente und deren Gewichtungen ankommt. Aufgrund der abschliessenden Aufzählung von Spielarten und Spielautomaten im SBG kann es sich, bis zu einer anderslautenden Qualifikation durch die ESBK, bei einem Geldspielautomaten nur um einen Geschicklichkeitsspielautomaten handeln. Alles andere würde (analog zum Entscheid des Bundesgerichts)33 das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot und den Grundsatz nulla poena sine lege verletzen.
Bleibt die Frage nach den «Spielsystemen» bzw. Geschicklichkeitsspielautomaten. Handelt es sich beim fraglichen Gerät nicht klarerweise um einen Geldspielautomaten, sondern bloss um ein Gerät, das zum Geldspielautomaten tauglich ist (Laptop, PC etc.), kann eine Vorführungspflicht Privater nicht bestehen. Die Frage, ob ein Gerät ein Geldspielautomat sei oder nur dazu tauge, ist in der Praxis äussert schwierig abzuschätzen, da ja gerade das Qualifikationsverfahren durch die ESBK diese Abgrenzung leisten soll.
Ist ein Gerät möglicherweise zum Geldspielautomaten tauglich oder erscheint es klarerweise als solches, so besteht eine Vorführungspflicht Privater. Klar ist aber auch, dass es sich bis zur anderslautenden Qualifikation durch die ESBK um einen Geschicklichkeitsspielautomaten handelt.
Weil von Art. 56 Abs. 1 lit. c. SBG auch andere Spielsysteme erfasst werden, ist das Unterlassen des Vorführens eines Geschicklichkeitsspielautomaten erfasst und mit Busse strafbar. Weil die ESBK erst in einem entsprechenden Qualifikationsverfahren die Möglichkeit hat, einen Geldspielautomaten als Glücksspielautomaten zu qualifizieren, kann sie beim Auffinden eines Geldspielautomaten nicht rückwirkend von einem Glücksspielautomaten ausgehen. Geldspielautomaten sind bis zum Zeitpunkt ihrer Qualifikation deshalb Geschicklichkeitsspielautomaten. Anzumerken ist letztlich, dass selbst der Begriff «Spielsystem» nicht jedes Spiel erfassen kann, sondern ein separat mit dem Spiel verbundenes System im Sinne einer technischen Vorrichtung voraussetzt. Ansonsten wären wiederum alle Spiele erfasst, auch solche ohne geldwerte Vorteile.
Daraus ergibt sich Zweierlei: Erstens ist die Verletzung der Vorführungspflicht als gering einzustufen, da es sich nicht um illegale Spielautomaten handelt. Verletzt wird eine Ordnungsvorschrift. Geschicklichkeitsspielautomaten müssen zwar vorgeführt werden, sind aber grundsätzlich legal. Einzig eine kantona- 38 le Bewilligung muss zuvor eingeholt werden. Das vorwerfbare Unterlassen erscheint entsprechend gering und eine allfällige Busse wäre eher tief anzusetzen.
Zweitens stellt sich die Frage einer Ersatzforderung, bzw. der Einziehung des Gewinnes.
Einziehung des Gewinnes
Es kann sich durchaus eine Situation ergeben, in der Private wegen Aufstellens eines Geschicklichkeitsspielautomaten nach Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG bestraft werden, obwohl Geschicklichkeitsspielautomaten an sich legal, obgleich bewilligungspflichtig sind. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Verletzung der Vorführungspflicht als Anlasstat reicht, um einen – grundsätzlich legalen! – Gewinn per Ersatzforderung gemäss Art. 2 VStrR i. V. m. Art. 70 f. StGB einzufordern.
Ob ein Sachverhalt strafbar ist oder nicht, muss für den Beschuldigten erkennbar sein, bevor ein Gericht die Frage entschieden hat.
Unbestritten ist, dass auch eine Übertretung als Anlasstat ausreichen kann, um erlangte Vermögenswerte einzuziehen.34 In jedem Fall aber muss ein Konnex bestehen zwischen Anlasstat und unrechtmässig erlangtem Vorteil. In der Praxis finden sich Beispiele, die sich mit einer ähnlichen Problematik befassten. So hat das Bundesgericht entschieden, dass die blosse Verletzung von Meldepflichten gemäss KMG nicht zur Einziehung führt, wenn die Ausfuhr der Güter objektiv legal war bzw. bei korrekter Meldung hätte bewilligt werden können.35 Ebenso verhält es sich mit den Einnahmen einer Prostituierten ohne fremdenrechtliche Arbeitsbewilligung, da die Einnahmen aus einem objektiv legalen Rechtsgeschäft stammen.36
Der Konnex zwischen Anlasstat und unrechtmässigem Vorteil fehlt prinzipiell dort, wo die Anlasstat eine Verletzung einer blossen Ordnungsvorschrift darstellt, der unrechtmässige Vorteil aber grundsätzlich legal erwirtschaftet wurde bzw. werden kann.
Ersatzforderungen bei spielbankenrechtlichen Übertretungstatbeständen sind da problemlos, wo es sich um illegales Glücksspiel handelt. Denn ausserhalb von Spielbanken Glücksspiele anzubieten, ist per se verboten und illegal. Umgekehrt ist eine Ersatzforderung beim Übertretungstatbestand nach Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG per se eigentlich ausgeschlossen. Denn erstens können Private für Glücksspielautomaten (auch nach Auffassung der EBSK) nicht vorführungspflichtig sein. Zweitens darf sich gemäss strafrechtlichem Bestimmtheitsgebot eine mangelnde Qualifikation oder Feststellbarkeit nicht zu Ungunsten des Beschuldigten auswirken. Ist also fraglich, ob es sich (1) überhaupt um einen Geldspielautomaten handelt, und (2) aufgrund der bestehenden und abschliessenden Kategorien von Spielarten im SBG zweifelsfrei, dass es sich nur um einen Geschicklichkeits- oder Glückspielautomaten handeln kann, so muss (3) vor einer rechtskräftigen Verfügung der ESBK von einem Geschicklichkeitsspielautomaten ausgegangen werden. Gewinn durch Geschicklichkeitsspielautomaten kann aber grundsätzlich legal generiert werden. Eine rückwirkende Qualifikation eines Gerätes als Glücksspielautomat und eine 39 zugehörige rückwirkende Qualifikation als illegal kann nicht zulässig sein. Der fragliche Gewinn kann demnach nicht als konnextaugliches Objekt eingefordert werden.
Zusammenfassung
Die weite Auslegung der Begriffe des SBG, die auch künftige, dynamische Entwicklungen im Bereich der automatischen Spielgeräte erfassen will37, kann verwaltungstechnisch sinnvoll sein. Damit wird aber der Rahmen so weit gefasst, dass eigentlich jeder Laptop aufgrund seiner Tauglichkeit zum Anbieten von Glücks- und Geschicklichkeitsspielen vorgeführt werden müsste. Das aber würde nicht nur zu einer völligen Überlastung der ESBK führen, so dass sie ihre Hauptaufgabe nicht mehr erfüllen könnte, es wäre auch rechtsstaatlich kaum vertretbar. Eine Beschränkung der Vorführungspflicht auf Geldspielautomaten erscheint deshalb unabdingbar. An der Definition des «Geldspielautomaten» hat sich das Bundesverwaltungsgericht bereits versucht38; doch ist die Definition so vage, dass nichts anderes bleibt, als jeweils im Einzelfall zu entscheiden, ob es sich in casu um einen Geldspielautomaten handelt oder nicht. Nota bene: Mit der Qualifikation als «Geldspielautomat» ist noch nichts darüber gesagt, ob es sich um einen Glücks- oder einen Geschicklichkeitsspielautomaten handelt. Das Gerät wird fortan einzig von der Vorführungspflicht erfasst, weshalb die Verletzung dieser Pflicht strafrechtlich verfolgt wird.39 Daraus ergibt sich die erste Selbstreferenz des Systems: Wenn nicht klar ist bzw. erst von der ESBK entschieden werden muss, ob es sich überhaupt um einen Geldspielautomaten handelt, und erst dies die Vorführungspflicht begründet, wird das Qualifikationsverfahren eigentlich überflüssig. Das Bundesgericht hat mehrfach festgehalten, dass mangels vorgängiger Qualifikation des Spiels bzw. des Geldspielautomaten nicht der Richter feststellen kann, ob es sich beim fraglichen Spielautomaten um einen Glücks- oder Geschicklichkeitsspielautomaten handelt, weshalb mangels vorgängiger Qualifikation des Spiels eine Strafe nach Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG wegen illegalen Glücksspiels entfallen muss.40
Die Frage einer allfälligen Bestrafung nach Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG wegen Verletzung der Pflicht, Glücksspielautomaten und Spielsysteme vorzuführen, wurde zwar aufgeworfen,41 aber bis dato nicht beantwortet. Hier nämlich ergibt sich ein ähnliches Problem. Der Begriff des «Spielsystems» soll die dynamische Entwicklung des Glückspiels berücksichtigen und zukünftige Entwicklungen erfassen. Dennoch können damit nicht alle Spielsysteme bzw. technischen Geräte gemeint sein, was das Bundesgericht korrekt festgestellt hat.42 Vorführungspflichtig sind Private nur für Geräte, die nicht als Glücksspielautomaten qualifiziert wurden und die deshalb (bis zu anderslautender Qualifikation) Geschicklichkeitsspielautomaten darstellen. Weil das Betreiben von Glücksspielautomaten ausserhalb von Spielbanken für Private verboten ist, wäre es gänzlich widersinnig, eine Vorführungspflicht für sie anzunehmen. Böte ein Privater einen (als solchen qualifizierten) Glücksspielautomaten an, so unterläge dies unbestrittenermassen Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG.
Umgekehrt schliessen das Bestimmtheitsgebot sowie die Grundsätze in dubio pro reo und nulla poena sine lege praktisch aus, dass es sich bei einem Gerät derart klar um einen Geldspielautomaten handeln kann, dass eine Pflichtverletzung nach Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG entsteht. Wenn für den Rechtsunterworfenen nicht klar ist bzw. nicht klar sein kann, was genau als Geldspielautomat zu qualifizieren ist, weil es keine klaren und abschliessenden Kriterien 40 dafür gibt, kann ihm das Unterlassen der Vorführung eines solchen Gerätes auch nicht vorgeworfen werden.
Mangels vorgängiger Qualifikation kann ja von einem Glücksspielautomaten ohnehin nicht gesprochen werden. Einem Privaten könnte also höchstens die unterlassene Vorführung eines Geschicklichkeitsspielautomaten vorgeworfen werden.
Ist das fragliche Gerät ein Geschicklichkeitsspielautomat und besteht die Verletzung in der Unterlassung der Vorführung, kann ein allfälliger Gewinn nicht illegal sein, da einzig Vorschriften zur Vorführung bzw. zur Bewilligung verletzt wurden. Der erwirtschaftete Gewinn müsste deshalb legal sein und eine Ersatzforderung kann nicht entstehen. Ebenso müsste die Busse relativ tief angesetzt werden.
Die aktuelle Situation bleibt ebenso unklar wie vor dem bundesgerichtlichen Urteil von 2012. In Fällen, in denen Private ein Gerät betreiben, das grundsätzlich tauglich ist, als Geldspielautomat verwendet zu werden, ist eine Bestrafung nach dem Übertretungstatbestand von Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG ebenso ausgeschlossen wie eine nach lit. a. Die Norm ist selbstreferentiell und setzt – mangels Qualifikation und klarer Kriterien zur Definition eines Geldspielautomaten – ihre eigene Anwendung voraus, bevor sie angewandt werden kann. Wenn nicht klar ist, was ein Geldspieleautomat ist, kann dafür auch keine Vorführungspflicht bestehen. Erst die entsprechende Qualifikation durch die ESBK würde eine Bestrafung nach Art. 56 Abs. 1 lit. a und lit. c SBG ermöglichen
Angemerkt sei abschliessend Folgendes: Bei allem Respekt vor dem Willen zur Strafe sei daran erinnert, dass eine Strafe bestimmte Voraussetzungen kennt. Vorweg ist dabei die Bestimmtheit der Strafnorm zu nennen, denn nur wenn der Täter weiss, wie er sich verhalten sollte, kann ihn ein Vorwurf treffen, es nicht getan zu haben. Die Bestimmtheit der Norm ist also logisch notwendige Voraussetzung der Strafe, weshalb Art. 1 StGB auch Verfassungsrang zukommt. Werden Normen geschaffen, die nicht genügend bestimmt oder gar bestimmbar sind, so kommt eine Strafe nicht in Frage. In weiten Teilen des Verwaltungsrechts stellt sich dasselbe Problem (erinnert sei nur an Art. 49a des Kartellgesetzes) und einziger Ausweg ist, eine Beurteilung der Sachlage durch die Behörde mit anschliessender strafbewehrter Verfügung (Art. 292 StGB) für zukünftiges Verhalten, nicht für vergangenes Verhalten. Die Unbestimmtheit einer verwaltungsrechtlichen Norm lässt sich mit einer Strafe schlicht nicht in Übereinstimmung bringen. Ob ein Sachverhalt strafbar ist oder nicht, muss für den Beschuldigten erkennbar sein, bevor ein Gericht es entschieden hat, ansonsten ihm schlicht kein Vorwurf gemacht werden kann. Dieser Vorwurf aber ist eigentlicher Kern der Strafe. Ohne ihn kann keine Strafe ausgefällt werden, und was ausgefällt wird, kann keine Strafe darstellen.
Jahresbericht der Eidgenössischen Spielbankenkommission 2017, 16.
Art. 48 Abs. 1 SBG, BGE 131 II 680, E. 2.3.3.
Art. 64. Abs. 3 VSBG.
BGE 138 IV 106.
BGE 138 IV 106, E. 5.3.2.
Jahresbericht der Eidgenössischen Spielbankenkommission 2014, 18.
Art. 3 Abs. 3 SBG.
Botschaft zum Bundesgesetz über das Glücksspiel und über die Spielbank vom 26. Februar 1997, BBl 1997 II 145, 169.
Art. 1 Abs. 2 SBG.
Art. 1 und Art. 5 ff. LG.
Art. 4 Abs. 1 SBG.
Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG.
Jahresbericht der Eidgenössischen Spielbankenkommission, 2015, 20.
Art. 3 Abs. 2 SBG; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2015, B-6067/2013, E. 2.1.
BGE 138 IV 106, E. 5.3.2.
Botschaft zum Bundesgesetz über das Glücksspiel und über die Spielbank (Fn. 8), 169.
A. a. O.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2015, B-6067/2013, E. 3.6: «Um die Laptops als Glücksspielautomaten qualifizieren zu können, müssen sie sich von üblichen Computerstationen darin unterscheiden, dass sie den Zugang zu elektronischen Glücksspielen (Online-Angebote oder festinstallierte Programme) ermöglichen, während dies und die Leistung von Spieleinsätzen sowie die Auszahlung der Gutschrift von Gewinnen mit handelsüblichen Geräten nicht möglich wäre.»
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2015 B-6067/2013, E. 3.6.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2015 B-6067/2013, E. 3.6.2.
BGE 138 IV 106.
Jahresbericht der Eidgenössischen Spielbankenkommission 2014, 18.
Nach der kriminologisch völlig unstrittigen Erkenntnis, dass weder die Strafart noch die Strafhöhe die Rückfallwahrscheinlichkeit relevant beeinflussen.
BGer, 6B_709/2011, E. 2.4.1.
BGE 138 IV 106, E. 5.3.2.
BGer, 6B_709/2011, E. 2.4.1.
BGer, 6B_709/2011, E. 2.4.1.
Art. 6 Abs. 1 SBG.
Art. 64 Abs. 1 VSBG.
Art. 11 SBG.
BGE 138 IV 106, E. 5.3.2.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2015, B-6067/2013, E. 3.6.
BGE 138 IV 106.
Florian Baumann, in: M. A. Niggli/H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar zum Strafrecht I, 3. Auflage, Basel 2013, Art. 70/71 N 17.
BGer, 6B_425/2011, E. 5.5.1; Baumann, BSK (Fn. 34) Art. 70/71 N 33.
BGer, 6B_188/2011, E. 2.5; Baumann, BSK (Fn. 34) Art. 70/71 N 33.
Botschaft zum Bundesgesetz über das Glücksspiel und über die Spielbank (Fn. 8), 169 f.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2015, B-6067/2013, E. 3.6.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2015, B-6067/2013, E. 3.1.
BGE 138 IV 106, E. 5.3.2.; BGer, B6_709/2011, E. 2.4.2.
BGer, B6_709/2011, E. 2.4.2.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.03.2015, B-6067/2013, E. 3.6