GAFI/FATF und die Forderung nach Transparenz – Ein Erfahrungsbericht
Carola Göhlich
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Eine der grundlegenden Empfehlungen der GAFI ist die Förderung der Transparenz.
Vor kurzem stolperte ich über einen Widerspruch, der – so offensichtlich er ist – dennoch niemanden zu interessieren scheint. Entstanden ist aus ersten empörten Diskussionen nun dieser Erfahrungsbericht und ein kleiner Ausflug in die Strukturen und Prinzipien der GAFI (Group d’action financière) bzw. FATF (Financial Action Task Force).
Die GAFI ist eine 1989 gegründete Organisation, die sich selbst auf ihrer Homepage als «policy-making body» beschreibt (GAFI). Sie gibt Empfehlungen heraus und überwacht die Umsetzung dieser Empfehlungen. Das Ziel – laut Homepage – ist dabei die Sicherung des internationalen Finanzmarktes vor Missbrauch. Hier sei angemerkt, dass diesem Ziel keinerlei rechtliche Basis zugrunde liegt, mangels Satzung unterliegt die GAFI vielmehr einer «unverbindlichen und selbstdefinierten Mission» (M. Roberts, Terrorismusfinanzierung, Diss., Frankfurt am Main 2011, 66). Die GAFI evaluiert und überprüft nationale Regelungen im Bereich der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung und erlässt in diesen Bereichen entsprechende Empfehlungen für die Einhaltung von Sorgfaltspflichten etc.
Eine der grundlegenden Empfehlungen der GAFI ist die Förderung der Transparenz und Verfügbarkeit von Informationen über den wirtschaftlich Berechtigten etc. (International Standards on Combating Money Laundering and the Financing of Terrorism & Proliferation – The FATF Recommendations, 6). Die Forderung nach Transparenz spielt insgesamt auf unterschiedlichen Ebenen eine grosse Rolle, wenn etwa die Möglichkeiten von Bargeldzahlungen in der Summe beschränkt werden sollen. Dass ein wesentlicher Fokus auf Transparenz liegt, überraschte wenig. Die Überraschung kam erst ein wenig später, als ich versuchte herauszufinden, wer eigentlich für die Schweiz bei der GAFI sitzt. Immerhin ist der Einfluss der GAFI auf die schweizerischen Finanzmarktregulierungen sehr gross. Doch, obwohl Transparenz bei der GAFI gross geschrieben wird, fand ich keine Informationen dazu, wer aus den einzelnen Ländern entsandt wird.
In einem kurzen Exkurs sei angemerkt, dass sich dieses Problem nicht nur im Zusammenhang mit der GAFI stellt. Ein anderes – hier willkürlich herausgegriffenes Beispiel – ist die 87 Wahl der Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Obwohl der Gerichtshof von herausragender Bedeutung und allgemein bekannt ist, steht man vor erstaunlichen Hürden, sobald es um die Prozesse der genauen Zusammensetzung des Gerichts geht.
Informationen sind in der heutigen Zeit keine rare Ressource (Editorial Contralegem 2018/1, S. 4 ff). Die Herausforderung liegt im Filtern der Informationen. Dennoch herrscht überall die Forderung nach mehr Informationen und auch die Bemühungen um die Kontrolle des Finanzmarktes bilden hier keine Ausnahme.
Meine Bemühungen, herauszufinden wer tatsächlich als Repräsentant bei der GAFI am Tisch sitzt, begannen auf der Homepage der GAFI. Neben einer Auflistung der Mitgliedsstaaten und der verschiedenen als «Observer» qualifizierten Staaten und Organisationen findet sich dort eine interaktive Karte, die entweder die Mitglieder unterschiedlicher der GAFI ähnlichen Organisationen anzeigt, oder nähere Informationen zu einem der Mitgliedsländer liefert ( GAFI). Zu der Frage wer oder auch wie viele Repräsentanten der Mitgliedsländer entsandt werden, fand sich allerdings nichts.
In Zeiten der Internetrecherche ist auch Google immer ein zuverlässiger Helfer. Hierüber liess sich herausfinden, dass auch die FINMA Einsitz bei der GAFI nimmt (FINMA). Ebenso liess sich auf diesem Weg herausfinden, dass das Staatssekretariat für Finanzfragen (SIF, dem EFD untergeordnet) als Leitung der schweizerischen Delegation auftritt.
Schliesslich griff ich zum Telefonhörer. Nach einigen gescheiterten Versuchen bekam ich schliesslich schriftlich eine Auskunft von der Sektion Finanzfragen des EDA. Hiernach obliegt die Leitung der Delegation dem SIF. Daneben werden Vertreter folgender Ämter und Behörden hinzugezogen: Bundesamt für Justiz und fedpol/Meldestelle für Geldwäscherei MROS (EJPD), Abteilung sektorielle Aussenpolitiken der Politischen Direktion (EDA), FINMA und die Bundesanwaltschaft. Weiterhin können das SECO (WBF) oder die EZV (EFD) punktuell involviert werden.
Obwohl ich nun also eine Antwort auf meine Frage gefunden zu haben schien, stellte sich das Unterfangen letztlich als recht ergebnisoffen heraus. Denn mit dieser Aufzählung sind so ziemlich alle Stellen erfasst, die in die Finanzmarktpolitik involviert sein könnten. Damit sind die Vertreter weder benannt noch ist irgendwer von der Vertretung der Schweiz bei einer der auf den Finanzmarkt einflussreichsten Organisationen ausgeschlossen. Dass damit genau diejenigen Stellen Teil sind der Überprüfung der nationalen Regelungen, die für ebendiese Regelungen verantwortlich sind, ist zumindest überraschend. Dass aber diese Stellen – qua Teil des Aufsichtsgremiums – Vorschläge zur Änderung der nationalen Gesetzeslage machen, also de facto sich selbst Vorgaben machen, auf die sie sich dann – qua untergeordnete nationale Verwaltungsstelle – berufen, ist doch sehr irritierend.
Sehr deutlich aber wird, dass die Forderung nach Transparenz dort gross geschrieben wird, wo sie andere betrifft, dass aber genau das Gegenteil dort gilt, wo es darum geht, Verantwortung zu übernehmen, etwa dadurch dass angegeben wird, wer sich genau hinter institutionellen Bezeichnungen versteckt.