Die Verfügung als Falschbeurkundung
Marcel Alexander Niggli
8Behörden entscheiden. Das ist was sie tun. Sie tun es in der Form von Verfügungen. Und Verfügungen beziehen sich auf einen bestimmten
Sachverhalt. Der Sachverhalt bildet unverzichtbaren Teil und eigentlichen Kern der Verfügung, die sich darauf bezieht. Ohne Sachverhalt, keine Verfügung. Den Sachverhalt aber erstellt die
Behörde. Es gilt die Untersuchungsmaxime, d.h. die Behörde erhebt den relevanten Sachverhalt von Amtes wegen. Das gilt für den gesamten Bereich, in dem Behörden verfügen, also dem
Verwaltungsverfahren, dem Verwaltungsstrafverfahren und dem Strafverfahren.
Was aber, wenn der Sachverhalt nicht korrekt ist, wenn ihn die Behörde fahrlässig oder gar vorsätzlich falsch erstellt? Macht sie sich strafbar? Offensichtlich ist, dass sie damit evtl. einen Amtsmissbrauch i.S.v. Art. 312 StGB begeht. Aber stellt sie damit nicht auch eine unwahre Urkunde her (Art. 251 StGB)? Dieser Frage gehen die folgenden Überlegungen nach.
Dabei wird der Gang der Untersuchung erst die Grundbegriffe kurz darstellen (I. Die Urkunde im Strafrecht; II. Die Urkundenfälschung; III. Die Verfügung). Danach wird das Vorliegen der Merkmale einer strafrechtlichen Urkunde in Bezug auf Verfügungen (IV. Die Verfügung als Urkunde – Subsumtion) und ihre Glaubwürdigkeit überprüft (V. Die Glaubwürdigkeit der Verfügung), wobei die Frage nach der Vollständigkeit einer Erklärung separat diskutiert wird (VI. Vollständig und Wahr: Abklärungs- und Auskunftspflichten). Schliesslich werden die Resultate zusammengezogen und erläutert, ob das Bestehen eines Rechtsmittels gegen die Verfügung am Resultat etwas ändert und in welchem Verhältnis es zum Tatbestand des Amtsmissbrauchs steht (VII. Ergänzende Fragen und Ergebnis). Abschliessend werden zur Illustration Beispiele und Fälle aus der Praxis dargestellt (VIII. Anwendungsbeispiele).9
Die Urkunde im Strafrecht
Werden in Schriften, denen Urkundenqualität zukommt, unwahre Sachverhalte festgehalten, so kann das grundsätzlich sowohl Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (Falschbeurkundung) als auch Art. 317 Ziff. 1
Abs. 2 StGB (Falschbeurkundung im Amt) erfüllen.
Der strafrechtliche Begriff der Urkunde
Das StGB definiert in Art. 110 Abs. 4 StGB als Urkunden «Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient.» Das Gesetz kennt also zwei äusserliche Formen von Urkunden: Schriften und Beweiszeichen.
Nachdem Verfügungen kaum in der Form von Beweiszeichen vorstellbar sind, wird sich das Folgende auf Schriften als Urkunden beschränken. Auch auf Bild- und Datenträger wird nicht näher eingegangen.
Im Mittelpunkt des Urkundenbegriffs steht, anders als die oberflächliche Lektüre vermuten lassen könnte, nicht die Schrift oder das Zeichen selbst, sondern die besondere inhaltliche Verlässlichkeit der in der Schrift oder dem Zeichen verkörperten Erklärung.1Weil sich der Urkundenbegriff auf die Verlässlichkeit dieser Erklärungen bezieht und nicht auf diejenige der sie enthaltenden Schrift oder Zeichen, kann zumindest eine Schrift im Hinblick auf eine darin enthaltene Erklärung Urkundenqualität aufweisen, bezogen auf andere ebenfalls darin enthaltene Erklärungen hingegen nicht.2Vorgebracht wird gelegentlich, das Bundesgericht vertrete einen relativen Urkundenbegriff,3doch ist das nicht präzise: Das Gericht statuiert lediglich – und völlig korrekt – dass der Urkundencharakter eines Schriftstücks relativ sei, d.h. abhängig von den verschiedenen, jeweils darin enthaltenen Erklärungen.
Schriften
Erforderlich ist eine menschliche Gedankenerklärung, die in Schriftzeichen ausgedrückt wird. Da nach dem Gesetz die
Gedankenerklärung zum Beweis zumindest geeignet sein soll, muss sie auf einer stabilen Unterlage (aus beliebigem Material) angebracht sein; in Betracht kommen mithin ganz überwiegend
Schriftstücke.4
Der im Schriftstück aufgezeichnete Gedankeninhalt muss an Dritte gerichtet sein,5ansonsten sich eine Urkunde von
blossen Entwürfen und persönlichen Notizen nicht abgrenzen liesse.6
Aussteller
Die Frage, ob eine Urkunde echt sei, lässt sich nicht beantworten, ohne dass deren Aussteller zumindest implizit erkennbar ist, denn echt ist eine Urkunde,
wenn tatsächlicher und aus der Schrift ersichtlicher Aussteller identisch sind,7oder genauer: Wenn die Aussagen des
tatsächlichen Ausstellers und diejenigen des aus der Schrift ersichtlichen Ausstellers identisch sind. Das setzt aber voraus, dass der Aussteller überhaupt erkennbar ist.
Auch der Beweiswert der Urkunde hängt davon ab, ob die Urkunde einem bestimmten Aussteller zugeordnet werden kann.8
Die Urkunde muss daher nicht nur eine menschliche Gedankenerklärung, sondern auch deren Bezug zum Erklärenden dauerhaft fixieren.9
Aussteller von Urkunden können natürliche und juristische Personen, aber auch Behörden sein. Meist wird sich zwar die Erkennbarkeit des Ausstellers aus Namensnennung und Unterschrift ergeben,
doch reicht aus, wenn der Aussteller aus dem Text oder dem Briefkopf ersichtlich ist bzw. wenn er objektiv bestimmbar ist.10
Bestimmt & Geeignet
Nach der Legaldefinition wird eine Schrift als Urkunde qualifiziert, wenn sie sowohl zum Beweis geeignet, als auch dazu bestimmt ist. Lehre und Rechtsprechung anerkennen indes seit langer Zeit auch die sog. Zufallsurkunde, also die Urkundenqualität von Schriftstücken, deren Beweisbestimmung nicht bereits zum Zeitpunkt ihrer Herstellung oder Ausfertigung bestanden, sondern sich erst nachträglich ergeben hat.11Entsprechend kommt der Beweisbestimmung deutlich untergeordnete Bedeutung zu.Die Bestimmung zum Beweis ergibt sich aus der subjektiven Intention des Ausstellers, das Schriftstück nicht nur zum internen Gebrauch zu verwenden, sondern im Rechtsverkehr als Beweismittel einzusetzen.12
Wesentlich ist, dass bedeutungslos bleibt, ob dem Schriftstück tatsächlich Beweiskraft zukommt, wie gross sie ggf. sei und ob es überhaupt als Beweismittel verwendet wird.
10Entscheidend ist die Beweiseignung, d.h. die grundsätzliche Tauglichkeit, zum Beweis der fraglichen Tatsache beizutragen.13Diese Beweiseignung liegt bereits vor, wenn ein Schriftstück nach Gesetz oder Verkehrsübung als Beweismittel anerkannt wird.14
Tatsache
Der Begriff der Tatsache wird durch das Gesetz nicht definiert. Primär im Zusammenhang mit dem Betrug (Art. 146 StGB) hat sich aber folgende Definition entwickelt: Tatsachen sind objektiv feststehende Geschehnisse und Zustände.15Tatsachen gehören daher entweder der Vergangenheit oder der Gegenwart an. Umgekehrt sind zukünftige Ereignisse, weil sie – bis auf ganz wenige Ausnahmen, wie etwa den Tod – ungewiss und daher keine Tatsachen16
Von rechtlicher Bedeutung
Die fraglichen Tatsachen müssen von rechtlicher Bedeutung sein. «Rechtserheblich sind Tatsachen, welche alleine oder in Verbindung mit anderen Tatsachen die Entstehung, Veränderung, Aufhebung oder Feststellung eines Rechts bewirken […]. Rechtlich erheblich sind aber auch Indizien, die den Schluss auf erhebliche Tatsachen zulassen, und ebenso Hilfstatsachen, die für die Beurteilung des Werts oder der Beweiskraft eines Beweismittels von Bedeutung sind.»17
Es genügt demnach, dass der Inhalt des konkreten Schriftstücks in irgendeiner Hinsicht rechtlich bedeutsam werden kann. Der Kreis der rechtlich erheblichen Tatsachen ist danach praktisch unbegrenzt.18Rechtlich unerheblich sind einzig diejenigen Tatsachen, die gänzlich ungeeignet sind, ein Gericht in seiner Würdigung des Beweises über die zum Thema gehörenden Tatsachen zu beeinflussen.19
Weitere Urkundenbegriffe
Auf die nachfolgenden Urkundenbegriffe gehen die Ausführungen nicht weiter ein.
Strafprozessual
Der strafprozessuale Urkundenbegriff (Art. 192 Abs. 2 StPO) deckt sich nicht mit dem materiell-rechtlichen Begriff von Art. 110 Abs. 4 StGB. Nach dem prozessrechtlichen Begriff gilt jedes Schriftstück als (strafprozessuale) Urkunde, das einen gedanklichen Informationsgehalt enthält und beweisbildend ist.20Die vom Gesetz erwähnten «weiteren Aufzeichnungen» bezeichnen nicht-schriftliche Aufzeichnungen mit Gedanken und Informationsgehalt, beispielsweise Röntgenbilder oder elektronische Datenaufzeichnungen. 21 Der strafprozessuale Urkundenbegriff ist also weiter als derjenige des Urkundenstrafrechtes.22
Verwaltungsbereich
Die Urkunde wird in Art. 12 lit. a VwVG als Beweismittel erwähnt, doch enthält das Verwaltungsverfahrensrecht keine Definition.
Mehrheitlich stellt die Lehre auf den zivilprozessualen Urkundenbegriff ab,23 wonach Urkunden alle Dokumente sind, die geeignet sind, eine rechtlich erhebliche Tatsache zu beweisen. Nach Art. 177 ZPO erfasst das Schriftstücke, Zeichnungen, Pläne, Fotos Filme, Tonaufzeichnungen, elektronische Dateien und dergleichen. Dagegen wollen Kiener/Rütsche/Kuhn für Art. 12 lit. a VwVG ohne weitere Begründung auf den strafrechtlichen Urkundenbegriff nach Art. 110 Abs. 4 StGB abstellen.24Der zivilprozessuale Urkundenbegriff scheint weiter gefasst als der strafrechtliche (Art. 110 Ziff. 4 StGB), weil Art. 177 ZPO anders als Art. 110 Ziff. 4 StGB keine Beweisbestimmung verlangt.25 Nachdem aber Lehre und Rechtsprechung im Strafrecht die sog. Zufallsurkunde anerkennen,26 also die Urkundenqualität von Schriften, die nicht von Anfang an zum Beweis bestimmt waren, aber dazu geeignet sind, ist der Unterschied kein massgeblicher und – entgegen dem Anschein – der zivilprozessuale Urkundenbegriff nicht wirklich weiter als der strafrechtliche. 27 Bedeutsam ist dagegen, dass sich urkundenstrafrechtlich die straflose schriftliche Lüge von der strafbaren Falschbeurkundung unterscheidet, 28 und zwar dadurch, dass dem fraglichen Schriftstück erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt. Das aber dürfte im Zivil- und im Verwaltungsverfahren unbeachtlich bleiben, weshalb auf den zivilprozessualen Urkundenbegriff abzustellen ist.
Verwaltungsstrafrechtlich
Der verwaltungsstrafrechtliche Urkundenbegriff orientiert sich am strafrechtlichen. 29Die Urkundenfälschung
Urkundenfälschung & Falschbeurkundung
Echt & unecht
«Unecht» ist eine Urkunde, wenn der tatsächliche Aussteller der Urkunde und der aus ihr ersichtliche, scheinbare Aussteller nicht identisch sind bzw. genauer – massgeblich ist nicht die Schrift selbst, sondern die in ihr enthaltenen Gedankenerklärung – wenn die in der Urkunde verkörperte Gedankenerklärung einer11bestimmten Person, nicht mit den tatsächlichen Gedankenerklärungen dieser Person übereinstimmen. Eine echte Urkunde (z.B. eine Schuldanerkennung über den Betrag von 100.- CHF) kann durch Manipulation dieser Äusserung (z.B. durch Anhängen einer weiteren Null) verfälscht und dadurch zu einer unechten Urkunde werden.
Fehlt es an der Identität zwischen der scheinbaren (in der Urkunde enthaltenen) Äusserung einer bestimmten Person und der tatsächlichen Äusserung dieser Person, ist die Urkunde «unecht». Insofern täuscht die unechte Urkunde über die Identität des Ausstellers bzw. seiner Äusserung.30
Umgekehrt ist eine Urkunde «echt», wenn die Gedankenerklärung, die nach der Urkunde einer bestimmten Person zugeordnet wird, mit den tatsächlichen Äusserungen genau dieser Person übereinstimmt.31 Eine unechte Urkunde ist immer auch unwahr, umgekehrt aber ist eine echte Urkunde keineswegs immer wahr.
Wahr & unwahr
Wahr ist eine Urkunde dann, wenn die in ihre verkörperte Gedankenerklärung mit der Wirklichkeit übereinstimmt bzw. genauer: wenn sie nach dem üblichen Verständnis des Adressatenkreises mit der Wirklichkeit übereinstimmt.32
Unwahr ist eine Urkunde hingegen, wenn die in der Urkunde enthaltenen Gedankenerklärungen nicht der Wahrheit entsprechen, ein enthaltener Sachverhalt sich überhaupt nicht oder in anderer Weise ereignet hat. Der wirkliche und der in der Urkunde enthaltene Sachverhalt stimmen nicht überein 33 bzw. die in der Urkunde enthaltene Gedankenerklärung stellt eine Lüge dar. Ist eine Urkunde unecht, so ist sie notwendig auch unwahr, weil die spezifische darin enthaltene Gedankenerklärung einer bestimmten Person nicht mit der tatsächlichen Gedankenerklärung dieser Person übereinstimmt. 34 Die Urkunde erweckt mithin den wahrheitswidrigen Eindruck, eine bestimmte Äusserung stamme von einer bestimmten Person. Ob der in der Gedankenerklärung behauptete Sachverhalt tatsächlich zutrifft oder nicht, spielt hingegen keine Rolle. Wird beispielsweise das von einem Einvernommenen unterzeichnete Protokoll seiner Aussagen nachträglich ohne sein Wissen und Zutun abgeändert oder ergänzt, so wird es dadurch verfälscht und es entsteht eine unechte Urkunde. Ob derjenige, der einvernommen wurde und unterzeichnet hat, die fraglichen Aussagen tatsächlich gemacht hat, bleibt bedeutungslos, weil die Unterzeichnung des Protokolls anzeigt, dass der Unterzeichnende bestätigt, die vorstehenden Aussagen gemacht zu haben, was eben gerade nicht zutrifft. Im Beispiel des Schuldners, der tatsächlich erfüllt hat, aber eine Quittung mit der unechten Unterschrift des Gläubigers anfertigt, 35 ist die Urkunde nicht nur unecht, sondern eben auch unwahr, denn die Quittung bestätigt nicht, dass der Schuldner geleistet hat, sondern dass der Gläubiger dies bestätigt, was er eben gerade nicht tut. Jede unechte Urkunde ist daher notwendig unwahr. Das Herstellen einer solchen Urkunde (und das Abändern einer echten Urkunde) werden als Urkundenfälschung bezeichnet.
Die Echtheit einer Urkunde sagt noch nichts darüber aus, ob sie wahr oder unwahr sei. Der Begriff der Falschbeurkundung bezeichnet – in Abgrenzung zur Urkundenfälschung – das Herstellen einer solchen zwar echten, aber eben inhaltlich unwahren Urkunde.36
Falschbeurkundung & Schriftliche Lüge
Abgrenzungsbedarf
Vereinfacht ausgedrückt wird bei einer Falschbeurkundung schriftlich gelogen. Lügen ist in der menschlichen Gesellschaft derart häufig, dass kaum jemand straffrei bliebe, wäre das Lügen grundsätzlich strafbar. Entsprechend ist die mündliche Lüge nicht per se strafbar, sondern nur in besonderen Situationen (falsche Beweisaussage der Partei: Art. 306 StGB; Erteilen falscher Auskünfte anlässlich von Befragungen: Art. 45 FINMAG). In diesen Situationen muss auch – das ist symptomatisch – speziell darauf hingewiesen werden, dass jetzt nicht gelogen werden darf. Ausserhalb dieser wenigen und genau bestimmten Situationen aber ist Lügen nicht strafbar. Die Wahrheit ist also kein Rechtsgut, keine gesellschaftlich derart bedeutsame Wertvorstellung, dass eine Bekräftigung mittels Strafandrohung sinnvoll oder notwendig wäre. Ausserhalb der genannten Situationen wird Lügen nur erfasst, wo es als Tatmittel der Verletzung eines Rechtsgutes dient, geschützt aber wird dieses Rechtsgut, was in der Hitze der kriminalpolitischen Diskussionen nicht selten vergessen geht (nicht nur bei den Vermögens-, sondern neuerdings auch bei den Sexualdelikten). Nicht das Lügen also ist inakzeptabel und daher strafbar, sondern 12die Schädigung eines anderen. Geschützt werden seine Rechtsgüter, nicht seine Dispositionsfreiheit.
Das klassische Beispiel der Lüge ist im Strafrecht natürlich der Betrug (Art. 146 StGB), an dem die Schwierigkeiten mit der Lüge sehr schön sichtbar werden: Zum einen sind Lügen nur als Tatmittel im Hinblick auf einen Vermögensschaden erfasst. Aber das alleine reicht zur Umgrenzung nicht aus.
Weil fast jede soziale Interaktion auch Unwahrheiten und Lügen enthält, kann nicht jede Lüge strafbar sein, nicht einmal jede Lüge, die einen Vermögensschaden bewirkt. Ansonsten sässe die Hälfte der Bevölkerung im Gefängnis.
Weil nicht jede Lüge für das Strafrecht relevant sein kann, verlangen Kongruenz und Konsistenz, dass für das geschriebene Wort dasselbe gelte. Es ergäbe keinen Sinn, die Strafbarkeit einer Lüge
danach zu bestimmen, ob sie mündlich oder schriftlich vorgetragen wird. Eine einfache (straflose) Lüge kann nicht nur deshalb strafbar werden, weil sie schriftlich und nicht mündlich geäussert
wird. Können aber nicht alle schriftlichen Lügen strafbar sein, ergibt sich daraus die Notwendigkeit einer Abgrenzung einfacher von qualifizierten Lügen. Nicht jede schriftliche Lüge kann deshalb
eine strafbare Falschbeurkundung sein. Doch ist die Abgrenzung nicht immer einfach. Das Bundesgericht hat dazu das Kriterium objektiver Garantien der Wahrheit (der in der Urkunde enthaltenen
Aussagen) entwickelt.
Objektive Garantien der Warheit
Objektive Garantien der Wahrheit bestehen, wenn der Urkunde eine qualifizierte Beweiseignung im Sinne einer erhöhten Glaubwürdigkeit zukommt, d.h. wenn allgemein gültige objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gegenüber Dritten gewährleistet und der Adressat deshalb der Erklärung ein besonderes Vertrauen entgegenbringt, sodass eine Überprüfung nicht nötig oder zumutbar ist. 37
Eine wirklich klare Abgrenzung der straflosen schriftlichen Lüge von der (strafbaren) qualifizierten Lüge i.S. der Falschbeurkundung existiert nicht. Die Grenze muss für jeden Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände gezogen werden.38 Dabei hat das Bundesgericht v.a. zwei Fallkonstellationen entwickelt.
Gesetz
Allgemeingültige objektive Garantien für die Wahrheit einer Erklärung können sich zum einen aus Gesetz ergeben. Ob sich eine Wahrheitsgarantie aus einer Norm ergibt oder nicht, bleibt jedoch Frage der Auslegung. Zwei Bereiche sind v.a. bedeutsam:
Erhöhte Glaubwürdigkeit kommt vorweg der öffentlichen Beurkundung (Art. 9 Abs. 1 ZGB) zu, die oftmals eine Prüfung des Sachverhaltes durch die Urkundsperson voraussetzt. Die öffentliche Beurkundung erbringt in der Regel den Beweis der Wahrheit einer Erklärung. 39 Dass die öffentliche Beurkundung erhöhte Glaubwürdigkeit herstellt, ergibt sich indirekt auch aus dem StGB selbst, das in Art. 253 StGB das Erschleichen einer unrichtigen Beurkundung unter Strafe stellt.
13Erhöhte Glaubwürdigkeit kommt nach der Rechtsprechung weiter auch der kaufmännischen Buchführung und ihren Bestandteilen (Belege, Bücher, Buchhaltungsauszüge über Einzelkonten, Bilanzen oder Erfolgsrechnungen) zu, weil die Buchführung und ihre Bestandteile als Absichtsurkunden kraft Gesetzes bestimmt und geeignet sind, Tatsachen von rechtlicher Bedeutung zu beweisen.40
Garantenähnliche Stellung
Eine objektive Garantie für die Wahrheit der Erklärungen in einer Urkunde kann sich weiter auch aus einer garantenähnlichen Stellung des Ausstellers ergeben bzw. daraus, dass zwischen Aussteller und «Empfänger» ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht.41 Damit verschiebt sich aber das Kriterium des erhöhten Vertrauens in eine Erklärung (Glaubhaftigkeit) auf das erhöhte Vertrauen in die erklärende Person (Glaubwürdigkeit), 42 vergleichbar dem erhöhten Vertrauen bei öffentlicher Beurkundung. Dass Personen, deren Funktion gerade in ihrer Glaubwürdigkeit besteht, erhöhtes Vertrauen entgegengebracht wird, erscheint selbstverständlich. Ausserhalb der öffentlichen Beurkundung aber bleibt äusserst unklar, wer genau besonders glaubwürdig ist, weil ihm im Hinblick auf seine Erklärungen eine garantenähnliche Stellung zukommt.
Nach der Rechtsprechung etwa geht dem Garagisten, der Rechnung an die Versicherung für nicht geleistete Arbeit stellt, eine garantenähnliche Stellung ab. 43 Umgekehrt kommt sie dem Arzt zu, der einen unrichtigen Krankenschein ausstellt, um Leistungen geltend zu machen. Anders als häufig kolportiert
lag das lag in casu indessen nicht daran, dass Ärzte generell glaubwürdiger wären als Garagisten, sondern daran, dass der Arzt in einem besonderen Vertrauensverhältnis zur Krankenkasse stand, der
Krankenschein zum Beweis seines Inhaltes bestimmt und «nach der Verkehrsübung» auch dazu geeignet war, weshalb er auch Bestandteil der Buchhaltung der
Krankenkasse wurde.44 Keine garantenähnliche Stellung kommt dem Bauunternehmer zu, der nicht erbrachte Leistungen
in Rechnung stellt, wohl aber dem Architekten, der die Pflicht zur ordnungsgemässen Prüfung der Schlussabrechnung übernommen hat. Das wird mit der SIA-Norm 102 begründet, der sich der Architekt
unterwirft, weshalb er eine Prüfungspflicht der Schlussrechnung und eine garantenähnliche Stellung in Bezug auf das Vermögen des Bauherrn innehabe. 45 Ähnliches soll für den Grosshändler gelten, der Antilopenfleisch unter der Bezeichnung «europäisches Wild» verkauft, weil er von Gesetzes wegen verpflichtet
sei, die Ware nach dem Gesetz anders zu bezeichnen. 46 Eine garantenähnliche Stellung kann sich schliesslich auch
aus der organisatorischen Stellung eines Beamten ergeben, wenn er z.B. Rechnungen auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu kontrollieren und anschliessend den Finanzdiensten zur Auslösung der Zahlung
weiterzuleiten hat.47
Für die vorliegend interessierende Fragestellung lässt sich festhalten, dass einer Behörde bzw. ihren Mitgliedern gegenüber den Rechtsunterworfenen eine garantenähnliche Stellung zukommt, schon wegen des Grundsatzes der Gesetzmässigkeit der Verwaltung,48 der die Verwaltung unterworfen ist. Die Rechtsunterworfenen können und dürfen sich grundsätzlich darauf verlassen, dass die Verwaltung Recht und Gesetz einhält und behördliche Schriftstücke – im Gegensatz etwa zu Schriftstücken, die von Privaten verfertigt oder ausgestellt wurden – der Wahrheit entsprechen.
Formular A als Beispiel 49
Weil sich gemäss Art. 11 Abs. 2 lit. b StGB durch einen Vertrag dem Vertragspartner gegenüber eine Garantenstellung begründen lässt, also die Verpflichtung ihm gegenüber, bestimmte Risiken abzuwehren bzw. bestimmte Güter zu schützen, könnte man der (unzutreffenden) Idee verfallen, das Versprechen in einem Formular wahrheitsgemässe Angaben zu machen, 14stelle eine derartige Parteiabrede dar und vermöchte dem Vertragspartner gegenüber eine garantenähnliche Stellung zu begründen. Das aber geht fehl, wie eine einfache Überlegung zeigt: Die Bestätigung, dass bestimmte Angaben in einem Formular wahrheitsgemäss erfolgen, entspricht strukturell völlig der (mündlich nicht selten zu hörenden) Zusicherung, man sage wirklich die Wahrheit und das Vereinbarte solle wirklich gelten. Ursache dieses Fehlschlusses ist wahrscheinlich der Begriff der Garantenstellung bzw. des Garanten. Eine vertraglich begründete Garantenstellung, also die Verpflichtung, dem Vertragspartner gegenüber bestimmte Risiken abzuwehren, kann natürlich die Wahrheit der fraglichen Erklärungen nicht garantieren. Zusicherungen des Erklärenden können weder mündlich noch schriftlich die Glaubwürdigkeit der eigenen Äusserungen steigern.
Die eigene Glaubwürdigkeit lässt sich nicht durch Schwüre oder Wiederholungen steigern.
Unglücklicherweise scheint bei oberflächlicher Lektüre die Rechtsprechung des Bundesgerichts anzudeuten, zur Begründung der erhöhten Glaubwürdigkeit einer Schrift genüge die blosse vertragliche
Verpflichtung, wahrheitsgetreue Angaben zu machen: Sowohl BGE 117 IV 165 als auch BGE 120 IV 25 führen aus, dass «der Arzt aufgrund seiner besonderen Stellung zur
wahrheitsgetreuen Angabe verpflichtet und er deshalb besonders glaubwürdig» 50 sei. Das ist zumindest
missverständlich formuliert, wenn nicht gar falsch, wie bereits die Formulierung anzeigt: Um die Glaubwürdigkeit des Arztes geht es nicht, sondern um diejenige der Schrift, also diejenige des
Krankenscheins. Dass es sich um eine missverständliche Formulierung handeln muss, zeigt BGE 103 IV 178, auf den beide Entscheide verweisen. Dieser Entscheid erwähnt keine Verpflichtung zu
wahrheitsgetreuen Angaben, sondern formuliert noch korrekt: Die massgebliche vertraglich vereinbarte Verpflichtung nämlich bestand darin, jeder unberechtigten Inanspruchnahme der Krankenkasse
entgegenzuwirken. Er stützt die erhöhte Glaubwürdigkeit eines Krankenscheins (1) auf das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Krankenkasse, (2) seine Beweisbestimmung und -eignung, (3) die
Schwierigkeiten einer Überprüfung seines Inhaltes durch die Kasse, (4) den Stellenwert des Krankenscheins für die Buchhaltung der Krankenkasse sowie (5) die erwähnte Verpflichtung des Arztes, der
unberechtigten Inanspruchnahme der Kasse entgegenzuwirken und schliesslich (6) die korrespondierende Pflicht der Kasse, das Arztgeheimnis zu wahren. Es handelt sich also um alles andere, als eine
vertragliche Verpflichtung, die Wahrheit zu sagen. Vielmehr wird die Glaubwürdigkeit der Schrift korrekt aus externen Faktoren abgeleitet.
Ergibt sich das Vertrauen in den Inhalt eines Vertrages nicht aus externen Faktoren, so lässt es sich auch durch entsprechende Erklärungen im Vertrag selbst nicht begründen. Wäre dies möglich, so müsste sich das Vertrauen in die Wahrheit einer Schrift auf die Schrift selbst stützen. Die Glaubhaftigkeit einer Erklärung liesse sich dann einfach dadurch begründen, dass der Erklärende sie als glaubhaft bezeichnete. Kommt aber dem Erklärenden keine besondere Glaubwürdigkeit zu, so kann er mit der Aussage, wahrheitsgetreue Angaben zu machen, weder die Glaubhaftigkeit seiner Erklärung steigern, noch seine eigene Glaubwürdigkeit. Der Aussagende kann also über die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen nicht selbst bestimmen.
Die Anhebung des Strafminimums bei einer eidlich oder durch Handgelübde bekräftigten Falschaussage nach Art. 306 Abs. 2 und Art. 307 Abs. 2 StGB mag ein Relikt aus vergangenen Zeiten sein,51 sie findet ihren Grund aber nicht in der erhöhten Glaubhaftigkeit der getätigten Aussage, sondern in der durch den Eid und das Handgelübde bestärkten Täuschung durch den Täter. Nicht die Aussage selbst ist mit Eid oder Handgelübde glaubhafter und daher massgeblicher, sondern das Fehlverhalten des Täters schwerwiegender. 52 Das wird schon daran deutlich, dass auf die Wirkungen der Falschaussage nichts ankommt,53 ein Erfolg also nicht eintreten muss. Auch aus Art. 4 GwG bzw. der darin statuierten Pflicht des Finanzintermediärs lässt sich eine Wahrheitspflicht des Kunden eines Finanzintermediärs natürlich nicht ableiten. Die Praxis der Bundesgerichts, wonach das Gegenteil gelten solle,54 ist deshalb 15falsch. 55 Selbstverständlich verpflichtet Art. 2 GwG nur die Finanzintermediäre und Händler, nicht aber ihre Kunden. Es steht dem Bundesgericht auch in keiner Weise zu, anstelle des Gesetzgebers – und gegen seinen klar formulierten Willen – anderen Personen als den im Gesetz genannten Pflichten aufzuerlegen. Das verstösst gegen jede Form der Rechtsstaatlichkeit.
Es steht dem Bundesgericht auch in keiner Weise zu, anstelle des Gesetzgebers – und gegen seinen klar formulierten Willen – anderen Personen als den im Gesetz genannten Pflichten aufzuerlegen.
Schlicht unwahr ist deshalb der im Formular A (Feststellung des wirtschaftlichen Berechtigten) enthaltene Passus:56
«Die vorsätzliche Angabe falscher Informationen in diesem Formular ist eine strafbare Handlung (Urkundenfälschung gemäss Art. 251 des schweizerischen Strafgesetzbuchs).» Dem Formular bzw. den darin enthaltenen Äusserungen kommt keine erhöhte Glaubwürdigkeit zu, denn es bestehen keine objektiven Garantien für die Wahrheit dieser Äusserungen, weder aus Gesetz, noch aus einer garantenähnlichen Stellung.
Man könnte natürlich versucht sein zu argumentieren, die Glaubwürdigkeit des Formulares A ergebe sich aus dem Strafgesetzbuch, weil ein Verstoss gegen dessen
Geldwäschereibestimmung (Art. 305bis StGB) strafbar sei. Doch gilt dies zum Einen eben nur für bestimmte Vermögenswerte, namentlich solche, die aus Verbrechen (bzw. qualifizierten
Steuervergehen) herrühren. Wollte man aber so argumentieren, so müsste zum Anderen aber das Formular eben auf diese Bestimmung verweisen und nicht auf Art. 251
StGB. Einem Schriftstück kann nicht deshalb erhöhte Glaubwürdigkeit zukommen, weil es zu einem Betrug verwendet wird und der Betrug strafbar ist. Vielmehr begründet die Verwendung einer unwahren
Urkunde erst die Arglist beim Betrug (Art. 146 StGB).
Dem steht auch BGE 138 IV 130 nicht entgegen, wo das Bundesgericht eine Falschbeurkundung mittels einer einfachen Rechnung bejaht hatte, weil Rechnungssteller und -empfänger bewusst
zusammengewirkt und die Rechnung für die Buchhaltung des Letzteren bestimmt hatten. Der Entscheid muss falsch sein, weil die Zweckbestimmung einer Schrift nicht
ihre Glaubwürdigkeit begründen kann. Die Glaubwürdigkeit der Urkunde muss vielmehr in ihr selbst begründet sein, nicht in ihrem Gebrauch. Der nämlich wird von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB separat
erfasst. Der Rechnungssteller im Sachverhalt von BGE 138 IV 130 begeht kein eigenständiges Delikt, sondern leistet höchstens Gehilfenschaft zu einem Delikt des
Rechnungsempfängers, etwa zu einer Falschbeurkundung (hinsichtlich seiner Buchhaltung) oder einem durch ihn begangenen Betrug. Wollte man schon
(fälschlicherweise) die blosse Rechnung als Urkunde qualifizieren, so würde sich doch der Rechnungsempfänger zudem des unrichtig Beurkundenlassens i.S.v. Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB schuldig
machen. All das aber ist wenig überzeugend.
Die widersprüchliche Begründung des Entscheides lässt sich leicht am folgenden Passus erkennen: «Eine objektive Zweckbestimmung als Buchhaltungsbeleg muss angenommen
werden, wenn der Rechnungsaussteller mit der buchführungspflichtigen Rechnungsempfängerin bzw. deren Organen oder Angestellten zusammenwirkt und auf deren Geheiss oder Anregung hin oder mit deren
Zustimmung eine inhaltlich unwahre Rechnung erstellt, die als Buchhaltungsbeleg dient.» 57 Das
Zusammenwirken von Rechnungssteller und -empfänger kann überhaupt keine «objektive» Zweckbestimmung entstehen lassen, weil alles von den Absichten der Beteiligten abhängt (also von subjektiven
Faktoren). Abgesehen davon, dass eine «objektive Zweckbestimmung» schon im Kern eine Unmöglichkeit darstellt, müsste etwas «Objektives» doch wohl für einen 16unbeteiligten Dritten bestehen, nicht für diejenigen, die subjektiv den fraglichen Zweck bestimmen. Selbst wenn man sich aber trotz all dieser schwerwiegenden
Einwände (fälschlicherweise) tatsächlich an BGE 138 IV 130 orientieren wollte, so würde das für das Formular A dennoch scheitern müssen. Der Bankkunde nämlich wirkt mit der Bank nicht einmal
konkludent zusammen. Vielmehr erfüllt er mit dem Formular A eine Forderung derselben. Wirkt der Bankkunde aber mit der Bank tatsächlich zusammen und macht ihrem Wunsch gemäss wahrheitswidrige
Angaben im Formular, so verstösst die Bank bereits mit ihrem Wunsch gegen ihre Sorgfaltspflichten und wird ggf. strafbar nach den Finanzmarktgesetzen. Der
Bankkunde seinerseits würde sich wohl zumindest wegen Gehilfenschaft zur Geldwäscherei zu verantworten haben. Diese aussergewöhnliche – und aussergewöhnlich seltene – Konstellation aber ist
gerade nicht, was das Formular A erfassen will.
Der Vertragskunde einer Bank hat ihr gegenüber keine Stellung, die ein besonderes Vertrauensverhältnis hinsichtlich der
wirtschaftlichen Berechtigung, der unter seinem Namen bei der Bank hinterlegten Vermögenswerte begründen könnte. Ihm kommt keine garantenähnliche Stellung zu. Dies gerade ist der Grund, weshalb
die Bank zu weiteren Abklärungen der Angaben verpflichtet ist, wenn sie ihr nicht plausibel scheinen. 58 Typische
Folge der erhöhten Glaubwürdigkeit einer Schrift ist aber gerade das Gegenteil, nämlich dass man darauf vertrauen darf. Niemand ist verpflichtet, die im
Grundbuch eingetragenen Informationen zu überprüfen. Vielmehr darf er sich darauf ohne Weiteres verlassen. 59
Summa summarum: Dem Formular A kommt keine erhöhte Glaubwürdigkeit zu, weshalb unwahre Angaben darin keine Urkundenfälschung bzw.
Falschbeurkundung darstellen, sondern einfache schriftliche Lügen. Daran vermag auch eine Pflicht des Finanzintermediärs zur Abklärung der wirtschaftlichen Berechtigung nichts zu ändern, denn diese Pflicht trifft eben ihn und nicht seine Kunden, denen keinerlei besondere Vertrauenswürdigkeit zukommt.
Falschberukundung & Falschbeurkundung im Amt
Unterschiede
Im Gegensatz zu Art. 251 StGB ist Art. 317 StGB ein Sonderdelikt. Urkundenfälschung und Falschbeurkundung im Amt können nur Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens begehen.
Anders als bei Art. 251 StGB ist bei Art. 317 StGB auch die fahrlässige Begehung strafbar, umgekehrt ist keine Schädigungs- oder Vorteilsabsicht vorausgesetzt.
Urkundendelikte im Amt schützen nicht nur das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Echtheit der Urkunden, sondern darüber hinaus (1) auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Amtshandlungen des Staates und (2) das Interesse des Staates an einer zuverlässigen Amtsführung seiner Beamten.60 Eine Urkundenfälschung im Amt, also eine Handlung eines Beamten oder einer Person des öffentlichen Glaubens, wiegt deshalb objektiv schwerer, als die gemeine Urkundenfälschung, weil bei Art. 317 StGB die vom Staat verliehen Befugnis oder Stellung bei der Vorsatzvariante zur Begehung der Tat missbraucht wird.61 Das hält der Gesetzgeber für so bedeutsam und gravierend, dass er es, anders als bei der gemeinen Falschbeurkundung nach Art. 251 StGB, durch eine Fahrlässigkeitsvariante ergänzt, was – es sei daran erinnert – im Kernstrafrecht die grosse Ausnahme bildet.
Verhältnis
Die Tathandlungen von Art. 317 StGB stimmen grösstenteils mit denjenigen von Art. 251 StGB überein. Die in Art. 317 Ziff. 1 Abs. 2 genannte Tatvariante der Beglaubigung falscher Unterschriften, Handzeichen oder unrichtigen Abschriften stellt lediglich einen Spezialfall der Falschbeurkundung dar. 62 Umgekehrt werden weder der Gebrauch einer durch einen Beamten oder einer Person öffentlichen Glaubens erstellten falschen Urkunde noch die Unterdrückung einer solchen Urkunde von Art. 317 StGB erfasst.63
Beide Tatbestände stimmen darin überein, dass die (strafbare) Falschbeurkundung nur schwierig von der (straflosen) schriftlichen Lüge abgegrenzt werden kann.64 Bei beiden Tatbeständen ist entscheidend, ob besondere Garantien für die Wahrheit der Urkunde vorliegen, aus denen sich die erhöhte Glaubwürdigkeit der Schrift ableitet.
17Grundsätzlich könnte man vermuten, diese Garantie ergebe sich allgemein aus der Tatsache, dass die Schrift von einer Behörde oder einem Beamten ausgestellt wurde, doch kann dies natürlich nicht zutreffen, wo nicht in Ausübung hoheitlicher Rechte gehandelt wurde, etwa bei persönlichen Notizen oder bloss internen Dokumenten.65 Umgekehrt aber dürfte keinem Zweifel unterliegen, dass dort, wo hoheitlich gehandelt wird mit rechtlicher Wirkung bzw. Verbindlichkeit gegenüber Rechtsunterworfenen, die objektive Garantie der Wahrheit der in dem amtlichen Dokument enthaltenen Erklärungen gerade darin besteht, dass sie von einer Behörde oder einem Beamten erstellt worden sind. Verfasst also eine Behörde oder ein Beamter in Ausübung hoheitlicher Aufgaben eine Schrift, die einem Aussenstehenden mit Rechtswirkung eröffnet wird, so ist hier eine blosse (straflose) schriftliche Lüge kaum vorstellbar.
Diese erhöhte Glaubwürdigkeit amtlicher Schriften dürfte auch der Grund sein, weshalb – anders als bei der gemeinen Urkundenfälschung – auch die fahrlässige Begehung mit Strafe bedroht ist. Das wird auch daran deutlich, dass Art. 317 StGB, anders als Art. 251 Ziff. 1 StGB keine Schädigungs- bzw. Vorteilsabsicht verlangt und nur bei der gemeinen Urkundenfälschung (Art. 251 StGB) ein privilegierter, d.h. besonders leichter Fall besteht.
Konkurrenzen
Sind beide Bestimmungen erfüllt, geht Art. 317 StGB als lex specialis dem gemeinen Delikt nach Art. 251 StGB vor. 66 Gleiches gilt im Verhältnis zu Art. 252 StGB, dem Fälschen von Ausweisen, weil der Täter auch hier das besondere Vertrauen der Öffentlichkeit in Beamte und Personen öffentlichen Glaubens verletzt. 67
Ist Art. 317 StGB nicht erfüllt, weil beispielsweise der Beamte nicht im Rahmen seiner hoheitlichen Befugnisse gehandelt hat, so kommt eine Strafbarkeit nach Art. 251 StGB in Frage.
Die Verfügung
Der Verfügungsbegriff
Die Verfügung ist der zentrale Begriff des Verwaltungs- und des Verwaltungsprozessrechts. 68
Die Legaldefinition der Verfügung findet sich in Art. 5 VwVG. Danach gelten als Verfügungen alle Anordnungen einer Behörde in einem einzelnen Fall, die sich auf das öffentliche Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben (Art. 5 Abs. 1 VwVG):
a. Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten;b. Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten;
c. Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten oder Nichteintreten auf solche Begehren.
Als Verfügungen gelten weiter Vollstreckungsverfügungen (Art. 41 Abs. 1 Bst. a und b VwVG), Zwischenverfügungen (Art. 45 und 46 VwVG), Einspracheentscheide (Art. 30 Abs. 2 Bst. b und 74 VwVG),
Beschwerdeentscheide (Art. 61 VwVG), Entscheide im Rahmen einer Revision (Art. 68 VwVG) und die Erläuterung (Art. 69 VwVG).
Allgemein umschreibt die Praxis den materiellen Verfügungsbegriff regelmässig als individuellen, an den Einzelnen gerichteten Hoheitsakt, durch den eine konkrete verwaltungsrechtliche Rechtsbeziehung rechtsgestaltend oder feststellend in verbindlicher und erzwingbarer Weise geregelt wird.69
Keine Verfügungen stellen behördliche Empfehlungen, Realakte und Dienstanweisungen sowie privatrechtliches Handeln des Staates dar.70 Die Verfügung legt also verbindlich und erzwingbar die verwaltungsrechtliche Beziehung zwischen Staat und betroffenem Einzelnen fest und ermöglicht dem Adressaten den Zugang zur zuständigen Rechtsmittelinstanz. 71
Deshalb muss eine Verfügung als solche bezeichnet sein, den Adressaten schriftlich und begründet eröffnet werden und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen sein.72 Rechtswidrig erlassene oder fehlerhafte Verfügungen sind nicht automatisch nichtig. 73 Sie sind nur anfechtbar, verlieren aber nicht ihren Charakter als Verfügung. Es dürfen dem Rechtsunterworfenen aber durch eine mangelhafte Eröffnung keine Nachteile erwachsen (Art. 38 VwVG).74
Verfügungen dürfen nicht nur öffentlich-rechtliche Organe des Gemeinwesens, sondern auch weitere Organisationen, die über entsprechende gesetzliche Befugnis verfügen, z.B. selbständige eidgenössische Anstalten und Betriebe wie etwa die FINMA (Art. 1 Abs. 2 lit. c VwVG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 FINMAG) aber auch 18unselbständige öffentlich-rechtliche Anstalten (Art. 1 Abs. 2 lit. e VwVG) erlassen. 75
Die einzelnen Elemente des Verfügungsbegriffs
Lehre und Rechtsprechung haben zur Definition des Verfügungsbegriffs einzelne materielle Elemente entwickelt, die als kumulative Erfordernisse verstanden werden, ansonsten keine Verfügung vorliegt.76
Hoheitlichkeit
Hoheitliches Handeln bezeichnet ein einseitiges und übergeordnetes Auftreten einer Behörde gegenüber einem Privaten. 77Behörde
Der Begriff der Behörde ist funktional zu verstehen. 78 Wie aus Art. 1 Abs. 2 VwVG deutlich wird, meint er jeden Verwaltungsträger, der mit der Erfüllung von Staatsaufgaben betraut ist. 79Individuell-konkret
Eine Verfügung ist immer einerseits konkret, d.h. sie bezieht sich auf einen bestimmten Fall, und andererseits individuell, d.h. sie richtet sich an eine klar definierbare Person oder Gruppe von Personen. 80Eine abstrakte Rechtsfrage ohne Bezug zu einem spezifischen Fall oder einer Personengruppe lässt sich mittels Verfügung nicht klären. 79 Muss die Behörde beim Erlass generell-abstrakter Anordnungen die Rechtsunterworfenen weder anhören, noch ihren Erlass begründen (Art. 35 Abs. 1 VwVG e contrario), gilt für die Verfügung das genaue Gegenteil.
Gestützt auf öffentliches Recht
Die Verfügung muss sich nach der Legaldefinition auf das öffentliche Recht des Bundes stützen.82 Damit ist in erster Linie das Verwaltungsrecht gemeint.83
Verbindlichkeit und Erzwingbarkeit
Sind alle anderen Voraussetzungen erfüllt, hat das Element der Verbindlichkeit und Erzwingbarkeit kaum eigenständige Bedeutung. Verbindlichkeit meint im Prinzip Wirksamkeit und Erzwingbarkeit die zwangsweise Vollstreckbarkeit.84 Nach Art. 39 VwVG sind Verfügungen vollstreckbar, wenn sie nicht angefochten werden, der Anfechtung keine aufschiebende Wirkung zukommt oder dem Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung entzogen wird.Die Verfügung als Urkunde - Subsumtion
Nachfolgend wird die Urkundenqualität einer Verfügung im Verwaltungs-, Verwaltungsstraf- und Strafverfahren hinsichtlich
der einzelnen Begriffselemente einer strafrechtlichen Urkunde erörtert. Die Frage ihrer erhöhten Glaubwürdigkeit wird im anschliessenden Abschnitt separat geprüft.85
Angemerkt sei, dass Strafverfahren und Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich der Verfügung (einerseits Strafbefehl [Art. 352 ff. StPO], andererseits Strafbescheid/Strafverfügung [Art. 62 ff. und 70 VStrR]) sich strukturell so ähnlich sehen, dass etwa Schmid/Jositsch86 im Titel ihrer Ausführungen zum Strafbefehlsverfahren auch das Verwaltungsstrafverfahren nennen (Art. 64-72 VStrR), und im Sachregister unter dem Stichwort «Strafbescheid» auf diesen Abschnitt verweisen.
So einsichtig die Analogie von Strafbefehl und Strafbescheid/Strafverfügung sein mag, so unhaltbar ist die bundesgerichtliche Gleichsetzung einer Strafverfügung nach Verwaltungsstrafrecht (Art. 70 VStrR) mit einem erstinstanzlichen Urteil.
Natürlich kann nicht richtig sein, die Strafverfügung nur im Hinblick auf die Verjährung, sonst aber nicht einem Urteil gleichzustellen.88 Eine «Gleichstellung» kann nicht nur teilweise (nämlich im Hinblick auf die Verjährung) bestehen, denn damit wird einzig
verdeckt, dass es sich gerade nicht um eine «Gleichstellung», sondern um eine Regelung der Verjährung handelt.
Wer an Sachverhaltsfeststellungen Rechtsfolgen knüpft, übernimmt dafür die Verantwortung, und zwar auch dort, wo dieser Sachverhalt ggf. von Dritten stammt.
Schriftlichkeit
Die Behörden eröffnen Verfügungen im Verwaltungsverfahren schriftlich (Art. 34 Abs. 1 VwVG) und regelmässig durch individuelle Zustellung. Anspruch auf die formgerechte Eröffnung von Verfügungen haben die Parteien im Sinn von Art. 6 VwVG.92 Fehlt dieses Erfordernis, ist die Verfügung in der Regel nichtig. 93 Aus Art. 35 VwVG ergibt sich, dass Verfügungen als solche zu bezeichnen sind und eine Begründung sowie eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten haben. Darüber hinaus müssen selbstredend die Adressatin bzw. der Adressat bezeichnet werden sowie der eigentliche Regelungsgegenstand.
Auch der Strafbefehl im Strafprozessrecht wird den zur Einsprache Befugten unverzüglich schriftlich eröffnet (Art. 353 Abs. 3 StPO). Die Möglichkeit einer (auch) mündlichen Eröffnung mit kurzem Kommentar ist gesetzlich nicht vorgesehen, aber auch nicht verboten. 94
Schliesslich gilt auch für den Strafbescheid nach Verwaltungsstrafrecht die Notwendig der Schriftlichkeit (Art. 64 VStrR).
Dieses Begriffselement einer strafrechtlichen Urkunde ist gegeben.
Aussteller
Zum Begriff der strafrechtlichen Urkunde gehört, dass der Aussteller erkennbar ist. Zu fragen ist deshalb (1), ob Verfügungen einen Aussteller i.S. des strafrechtlichen Urkundenbegriffs haben. Weil die Sachverhaltsfeststellung Teil der Verfügung ist und deren Basis bildet, die Verfügung u.U. aber überhaupt nicht oder nicht von derjenigen Person unterzeichnet wird, die den Sachverhalt formuliert hat, ist weiter zu fragen, (2) ob dies die Urkundenqualität der Verfügung oder des darin enthaltenen Sachverhaltes zu tangieren vermag.
20Vorfrage: Sachverhalt nicht von der verfügenden Person/Behörde
Zu fragen ist vorweg, ob es strafrechtlich relevant ist, dass der Sachverhalt, der in der Verfügung enthalten ist und auf den sie sich stützt, von einer anderen Person oder Behörde stammt, als von derjenigen, welche die Verfügung unterzeichnet. Das ist zu verneinen.
Stellt eine Verfügung auf den darin enthaltenen Sachverhalt ab, der ihre Basis und integralen Teil von ihr bildet, so stützt sich der Verfügende für seine Entscheidung auf diesen Sachverhalt. Logisch unvermeidbar ist dabei, dass er den Sachverhalt als wahr behandeln muss, weil er sonst gar nicht verfügen könnte/dürfte.
Damit ist auch klar: Wer an Sachverhaltsfeststellungen Rechtsfolgen knüpft, übernimmt dafür die Verantwortung, und zwar auch dort, wo dieser Sachverhalt ggf. von Dritten stammt:Zwar weist eine Verfügung üblicherweise nicht aus, ob und inwiefern der Sachverhalt von einer anderen Behörde oder Person erstellt wurde, deren Darstellung übernommen wird. Das bleibt aber wie erwähnt verwaltungsrechtlich unbeachtlich. Dasselbe gilt strafrechtlich, denn selbst wo dies geschehen sollte, kann die verfügende Behörde ihre strafrechtliche Verantwortung nicht durch einen entsprechenden Verweis auf die Autorschaft des Sachverhalts beschränken, und zwar aus folgendem Grund:Die Sachverhaltsfeststellungen95 einer Verfügung erlangen Urkundenqualität erst durch die Aufnahme in die Verfügung, deren tatsächliche Basis (und daher integralen Bestandteil) sie bilden. Die verfügende Behörde bzw. das konkrete Behördenmitglied, das die Verfügung erlässt, stellt damit die strafrechtlich relevante Schrift her, die den (der Verfügung zugrunde liegenden und in sie aufgenommenen) Sachverhalt enthält. Es ist also die verfügende Behörde bzw. ihr konkretes Mitglied, das die Urkunde herstellt.
Aussteller im Verwaltungsverfahren
Das VwVG verlangt nicht ausdrücklich, dass eine Verfügung vom Aussteller unterschrieben werden muss. 96 Meist enthalten Individualverfügungen zwar einen Absender und eine Unterschrift,97 doch stellt das kein zwingendes Formerfordernis dar.98Solange das anwendbare Recht nicht ausdrücklich eine Unterschrift verlangt, ist nach Bundesrecht eine Unterschrift kein Gültigkeitserfordernis, wenn dem Verfügungsadressaten durch das Fehlen der Unterschrift kein Nachteil erwächst.99
Unabdingbar aber ist, dass in jedem Fall der Aussteller bzw. die verfügende Behörde bezeichnet wird.100 Die präzise Bezeichnung der verfügengenden Behörde soll den Betroffenen darüber informieren, wer an der Verfügung mitgewirkt hat. Fehlt jeder Hinweis auf die verfügende Behörde, kann das die Nichtigkeit der Verfügung zur Folge haben.101
Wird die Verfügung aber unterschrieben, so muss das durch ein vertretungsbefugtes Behördenmitglied geschehen.102
Die verwaltungsrechtliche Logik fragt primär nach der Zurechnung von Handlungen, wobei die Zurechnung von Handlungen unselbständiger und selbständiger Verwaltungseinheiten oder Beliehener 103 den meist gleichen Grundsätzen folgt: Im Bereich ausservertraglicher Haftung des Staates gilt im Bund und den meisten Kantonen die primäre bzw. ausschliessliche Organisationshaftung. D.h. dass im Aussenverhältnis einzig das Trägergemeinwesen Haftungssubjekt bildet, unabhängig von einer allfälligen internen Haftung.104 Für Fehler des Trägergemeinwesens haftet es alleine; eine Mithaftung der verselbständigten (wie auch der unselbständigen) Verwaltungseinheit bleibt ausgeschlossen.105
Untersuchungsbeauftragte gem. Art. 36 FINMAG beispielsweise sind als Beliehene zu qualifizieren. Als Vollzugsgehilfe der FINMA übernehmen sie hoheitliche Aufgaben, ohne selbst Behördenstellung inne zu haben.106 Das Rechtsverhältnis zwischen Untersuchungsbeauftragten und FINMA ist ein öffentlich-rechtliches Auftragsverhältnis.107 Untersuchungsbeauftragte nach Art. 36 FINMAG unterfallen der weiten strafrechtlichen Definition des Beamten und sind von Art. 110 Abs. 3 StGB erfasst. 108
Aussteller im Strafverfahren
Gemäss Art. 352 Abs.1 StPO erlässt die Staatsanwaltschaft bei geringfügigen Straftaten einen Strafbefehl, wenn der Beschuldigte im Vorverfahren den Sachverhalt eingesteht oder er anderweitig ausreichend geklärt ist. Anderweitig ausreichend abgeklärt ist der Sachverhalt, wenn er sich aus den Vorverfahrensakten klar ergibt, 21wobei der Staatsanwaltschaft dabei ein beträchtliches Ermessen zukommt.109
Der Strafbefehl muss unter anderem die verfügende Behörde bezeichnen, den Sachverhalt, welcher dem Beschuldigten zu Last gelegt wird, die Sanktion sowie die Unterschrift des Ausstellers. Die Umschreibung des Sachverhalts (Art. 352 Abs. 1 StPO) muss den Anforderungen einer Anklage genügen.110Aussteller (Art. 353 Abs. 1 lit. k StPO) ist diejenige Person, die im konkreten Fall über Schuld und Strafe befunden hat.111 Aussteller und Unterzeichner des Strafbefehls müssen identisch sein. 112
Der Erlass von Übertretungsstrafbefehlen kann an eine Verwaltungsbehörde delegiert werden (Art. 17 Abs. 1 StPO). Auch da gelten indes die Verfahrensbestimmungen der StPO und es besteht kein Raum für ergänzende kantonale Verfahrensbestimmungen vor den Übertretungsstrafbehörden. 113 So ist beispielsweise eine Verfügung durch den Staatsanwalt, wonach Übertretungsstrafbefehle vom Untersuchungsbeauftragten in Vertretung des zuständigen Staatsanwalts unterzeichnet werden können, unzulässig und nicht mit Art. 353 Abs. 1 lit. k StPO (ausstellende Person) vereinbar. 114 Aus dem Strafbefehl muss ersichtlich sein, wer ihn erlassen hat. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Entscheid über Schuld und Strafe im Einzelfall von den Staatsanwälten getragen wird, wenn sie nicht in der Lage sind, die Strafbefehle mit ihrer Unterschrift zu versehen.115
Aussteller im Verwaltungsstrafverfahren
Merkwürdigerweise findet sich im gesamten Verwaltungsstrafrecht keine Bestimmung, welche die Frage des Ausstellers regeln würde. Dass hier aber Gleiches gilt wie im VwVG und in der StPO ergibt sich indirekt. Dabei sind die verschiedenen Verfahrensphasen zu unterscheiden.
Schlussprotokoll
Das Schlussprotokoll muss die Personalien des Beschuldigten und den Tatbestand der vorgeworfenen Widerhandlung enthalten (Art. 61 Abs. 1 VStrR), wobei unbestimmt bleibt, wie ausführlich das sein muss und ob eine Begründung notwendig ist. 116
Der untersuchende Beamte eröffnet dem Beschuldigten das Schlussprotokoll und gibt ihm die Möglichkeit, sich dazu zu äussern, die Akten einzusehen sowie eine Ergänzung der Untersuchung zu beantragen (Art. 61 Abs. 2 VStrR). Ist der Beschuldigte bei der Aufnahme des Schlussprotokolls nicht anwesend, so wird es schriftlich eröffnet. Der Beschuldigte hat daraufhin 10 Tage Zeit, sich dazu zu äussern und allenfalls Anträge zu stellen (Art. 61 Abs. 3 VStrR).
Das Schussprotokoll und sein Inhalt sind nicht mit Beschwerde (nach Art. 26 oder 27 VStrR) anfechtbar (Art. 61 Abs. 4 VStrR).
Strafbescheid
Gestützt auf das Schlussprotokoll stellt die Behörde entweder das Verfahren ein oder sie erlässt einen Strafbescheid (Art. 62 Abs. 1 VStrR). Der Strafbescheid ist gemäss Art. 64 Abs. 1 VStrR schriftlich und muss unter anderem den Beschuldigten, die Tat, die angewendeten gesetzlichen Bestimmungen, die Strafe sowie das Rechtsmittel bezeichnen. Aus Art. 64 Abs. 2 VStrR ergibt sich e contrario, dass der Strafbescheid nicht begründet werden muss, ausser eben wenn er wesentlich vom Schlussprotokoll abweicht. 117
Der Strafbescheid dem Beschuldigten per Einschreiben oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung zugestellt, so Art. 31a Abs. 2 VStrR. 118 Werden mehrere Personen beschuldigt, so wird in der Regel jedem Einzelnen ein Strafbescheid zugestellt. Die Verwaltung kann aber auch lediglich eine Gesamtverfügung erlassen, in welcher sämtliche Tatbeteiligten aufgeführt werden.119
Ab Eröffnung des Strafbescheids hat der Beschuldigte 30 Tage Zeit, schriftlich dagegen Einsprache zu erheben (Art. 67 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 VStrR). Neben einem bestimmten Antrag muss die Einsprache auch die zur Begründung dienenden Tatsachen enthalten und die Beweismittel bezeichnen. Die Einsprache ist bei derjenigen Verwaltung einzureichen, die den Strafbescheid erlassen hat (Art. 68 Abs. 1 VStrR).
Wird innert dieser Frist keine Einsprache erhoben, so steht der Strafbescheid einem rechtskräftigen Urteil gleich (Art. 67 Abs. 2 VStrR).
Unter bestimmten Voraussetzungen und ohne vorherige Aufnahme eines Schlussprotokolls kann der Strafbescheid auch in einem abgekürzten Verfahren ergehen (Art. 65 VStrR), worauf der Beschuldigte zwar keinen Anspruch hat,120 doch muss die Behörde das abgekürzte Verfahren durchführen, wenn die in Art. 65 Abs. 1 VStrR genannten Voraussetzungen vorliegen (offenkundige 22Widerhandlung, Busse von max. 2000 CHF) 121 und der Beschuldigte auf Rechtsmittel verzichtet, dem nur noch die Revision nach Art. 84 ff. VStrR bleibt. 122
Ein Strafbescheid ist vom Beschuldigten und dem untersuchenden Beamten zu unterzeichnen (Art. 65 Abs. 2 VStrR)
Strafverfügung
Wird innert Frist keine Einsprache gegen den Strafbescheid erhoben, so steht er einem rechtskräftigen Urteil gleich (Art. 67 Abs. 2 VStrR). Erhebt der Betroffene Einsprache, so muss ihn die Behörde mit Wirkung für alle durch ihn Betroffenen überprüfen (Art. 69 Abs. 1 VStrR). Sie kann eine mündliche Verhandlung anordnen und die Untersuchung ergänzen (Art. 69 Abs. 1 VStrR). Sie ist dabei an die gestellten Anträge nicht gebunden, darf aber den Strafbescheid ausser in den Fällen von Art. 63 VStrR nicht verschärfen (Art. 70 Abs. 2 VStrR).
Aufgrund der Ergebnisse ihrer Prüfung trifft sie entweder eine Einziehungs-, eine Straf- oder eine Einstellungsverfügung (Art. 70 Abs. 1 VStrR), die begründet werden müssen. Für Inhalt und Eröffnung gilt Art. 64 VStrR sinngemäss (Art. 70 Abs. 2 VStrR). Die Verfügungen müssen daher unter anderem Beschuldigten, Tat, angewendete gesetzliche Bestimmungen, Strafe, Kosten sowie Rechtsmittel enthalten. Die Zustellung erfolgt entweder durch Einschreiben oder Aushändigung gegen Empfangsbescheinigung.
Ergebnis Verwaltungsstrafrecht
Das Verwaltungsstrafrecht geht offensichtlich davon aus, dass die Verfügungen der Behörde den Aussteller nennen. Alle drei erwähnten Dokumente (Schlussprotokoll, Strafbescheid und Strafverfügung) werden dem Beschuldigten entweder persönlich ausgehändigt oder per Einschreiben zugestellt. In allen Fällen kennt er die fragliche Behörde bzw. den fraglichen Beamten. Im abgekürzten Verfahren muss nicht nur der Betroffene, sondern auch der untersuchende Beamte unterzeichnen. Dass der Aussteller bekannt oder zumindest bestimmbar ist, ergibt sich auch daraus, dass der Betroffene gegen den Strafbescheid Einsprache erheben (Art. 67 VStrR) und zwar bei derjenigen Behörde, die den Strafbescheid erlassen hat (Art. 68 VStrR), und bei der Strafverfügung eine gerichtliche Beurteilung verlangen kann (Art. 72 Abs. 1 VStrR), ebenfalls bei derjenigen Behörde, welche die fragliche Verfügung erlassen hat (Art. 72 Abs. 2 VStrR).
Zumindest die verfügende Behörde muss dem Betroffenen also bekannt sein. Weil auch im Verwaltungsstrafrecht Ausstandsregeln bestehen (Art. 29 VStrR), muss aber auch der konkrete verfügende Beamte bekannt sein, da ansonsten die fraglichen Bestimmungen nicht anwendbar wären.
Ergebnis: Aussteller der Verfügung
In allen drei Verfahrensordnungen ist der Aussteller der fraglichen Verfügung zumindest erkennbar bzw. bestimmbar.
Dieses Begriffselement einer strafrechtlichen Urkunde ist gegeben.
Beweisbestimmung & Beweiseignung
Wie erwähnt akzeptieren Lehre und Rechtsprechung auch sog. Zufallsurkunden, also Schriften, die nicht bereits bei Verfertigung, sondern erst nachträglich zum Beweis bestimmt werden. 123 Massgeblich ist daher primär die Eignung der in der Verfügung enthaltenen Sachverhaltsfeststellungen zum Beweis der entsprechenden Tatsachen beizutragen.124
Nachdem in der Praxis bereits blosse Indizien ausreichen, die Schlüsse auf rechtserhebliche Tatsachen zulassen, ebenso wie sog. Hilfstatsachen, die eine Beurteilung des Wertes oder der Beweiskraft eines Beweismittels ermöglichen oder verbessern,125 dürfte die Beweiseignung der Sachverhaltsfeststellung in einer behördlichen Verfügung nicht wirklich zu bestreiten sein.
Wesentlich ist nun die Frage, zu welchem Beweis die in der Verfügung enthaltenen Tatsachen bestimmt und geeignet seien. Das ist wie folgt zu beantworten:
(1) Die Sachverhaltsfeststellungen einer Verfügung sind ganz offensichtlich sowohl bestimmt, als auch geeignet zum Beweis, dass sich die Behörde für ihre Entscheidung bzw. Verfügung auf genau diesen und keinen anderen Sachverhalt bezieht. Die Bedeutung des Sachverhaltes zeigt sich u.a. daran, dass in allen drei Verfahrensordnungen die Verfügung angefochten werden kann, wenn der ihr zugrundeliegende Sachverhalt unrichtig oder unvollständig ist (Art. 49 lit. b VwVG, Art. 28 Abs. 2 VStrR und [im ordentlichen Strafverfahren] Art. 393 Abs. 2 lit. b StPO).
23(2) Die Sachverhaltsfeststellungen einer Verfügung sind aber nicht nur geeignet, die Überzeugung der Behörde zu beweisen. Vielmehr sind sie darüber hinaus auch geeignet, den Sachverhalt selbst zu beweisen. Natürlich lässt sich ein Sachverhalt nicht einfach alleine durch die Feststellungen einer Verfügung beweisen. Dasselbe gilt indes genau so für die Sachverhaltsfeststellungen eines rechtskräftigen Gerichtsurteils. All diesen Feststellungen kommt möglicherweise keine hohe Beweiskraft zu, aber das ist auch nicht Voraussetzung ihrer Beweistauglichkeit nach Urkundenstrafrecht. Massgeblich ist vielmehr, dass Behörden und Gerichten verfahrensrechtliche Positionen zukommen, die zur Folge haben, dass ihre Sachverhaltsfeststellungen zumindest zum Beweis taugen, dass entsprechende Feststellungen weder beliebig noch willkürlich sind und daher einiges dafür spricht, dass sich der fragliche Sachverhalt tatsächlich so abgespielt hat.
Die besondere Vertrauensstellung einer Behörde zeigt sich u.a. in der strafrechtlichen Erfassung durch die
In allen drei Verfahrensordnungen (VwVG, StPO und VStrR) ist, wie bereits erläutert, die Ermittlung und Feststellung des relevanten Sachverhaltes nicht nur Recht, sondern auch Pflicht und damit Verantwortung der Behörde.
Wegen der rechtlichen Verpflichtungen von Behörden, namentlich des Grundsatzes der Gesetzmässigkeit der Verwaltung,126 ist der Umstand, dass sie für ihre rechtserhebliche (nicht notwendig bereits rechtskräftige) Verfügung auf genau diesen Sachverhalt abstellt, durchaus geeignet
zum Beweis, dass er sich tatsächlich wie beschrieben abgespielt hat. Kurz: Natürlich lässt sich Tatsächliches nicht durch Sachverhaltsfeststellungen beweisen, aber Gleiches gilt letztlich auch
für das Urteil eines Gerichtes. Dass ein Gericht bzw. in unserem Fall eben eine Behörde ihre Entscheidungen auf bestimmte Sachverhaltsfeststellungen gründen, stützt zumindest als Hilfstatsache die Vermutung, dass sich diese Tatsachen auch so abgespielt haben. Genau dies aber genügt nach dem strafrechtlichen Urkundenbegriff.
Auch dieses Begriffselement einer Urkunde ist gegeben.
Tatsachen
In allen drei Verfahrensordnungen (VwVG, StPO und VStrR) ist, wie bereits erläutert,127die Ermittlung und Feststellung des relevanten Sachverhaltes nicht nur Recht, sondern auch Pflicht und damit Verantwortung der Behörde.Häufig werden Verfügungen primär als Entscheidungen einer Behörde wahrgenommen (Entscheidungen darüber, dem Betroffenen Rechte oder Pflichten zu gewähren, aufzuerlegen, aufzuheben oder zu ändern128), und dies ist wahrscheinlich auch ihr offensichtlichster und bedeutsamster Aspekt, doch greift es deutlich zu kurz, die Verfügung mit dieser Entscheidung gleichsetzen. Die behördliche Entscheidung nämlich stützt sich auf einen Sachverhalt. Der Sachverhalt ist die Basis dieser Entscheidung. Die überragende Bedeutung des Sachverhaltes ist Basis und Wurzel des Untersuchungsgrundsatzes.129 In allen drei Verfahrensordnungen nämlich ist es – wie gesehen – die Behörde, die den rechtserheblichen Sachverhalt ermittelt. Dieser Sachverhalt besteht aus Tatsachen i.S. des strafrechtlichen Urkundenbegriffes. 130
24Dass die Entscheidung der Behörde derart im Vordergrund der Wahrnehmung steht, mag daran liegen, dass die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhaltes typischerweise nicht für sich alleine beschwerdefähig ist, sondern nur als Beschwerde gegen die Verfügung bzw. die konkrete Entscheidung der Behörde selbst. Gerügt werden können die Rechtsanwendung (Art. 49 lit. a VwVG), die Sachverhaltsfeststellung (Art. 49 lit. b VwVG) und die Unangemessenheit (Art. 49 lit. c VwVG), immer aber erfolgt dies im Rahmen der Einsprache gegen die Verfügung, d.h. gegen den Endentscheid (Art. 49 lit. b VwVG). Analog dazu können auch im Straf- und im Verwaltungsstrafverfahren die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes nicht selbständig gerügt werden, sondern nur im Rahmen der Einsprache gegen den Strafbefehl (Art. 354 StPO) 131 bzw. den Strafbescheid (Art. 67 VStrR).
Dass in allen drei Verfahrensordnungen die Sachverhaltsfeststellungen nicht eigenständig anfechtbar sind, sondern nur zusammen mit der behördlichen Entscheidung, deutet ihre grundsätzliche Richtigkeit an. Bestünde für das Gesetz die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit, dass die Sachverhaltsfeststellung nicht vollständig und wahrheitsgemäss erfolgt, so wäre auch die Möglichkeit einer vorgängigen bzw. von der Verfügung unabhängigen Anfechtung logisch unumgänglich. Dass Sachverhaltsfeststellungen überhaupt angefochten werden können, ergibt sich nicht daraus, dass sie falsch sein könnten, ist also nicht Folge eines Misstrauens der Behörde gegenüber, sondern ist unmittelbare und unumgängliche Konsequenz des Rechtsschutzes: Sofern gegen eine Verfügung ein Rechtsmittel bestehen soll, so muss es notwendigerweise auch den Sachverhalt umfassen, auf den sich die Verfügung stützt, ansonsten der Rechtsschutz gar nicht wirklich bestünde.
Der in einer Verfügung festgestellte Sachverhalt besteht aus Tatsachen i.S. des Urkundenstrafrechtes, d.h. aus objektiv feststehenden Geschehnissen und Zuständen.
Dieses Begriffselement einer strafrechtlichen Urkunde ist damit gegeben.
Von rechtlicher Bedeutung
Tatsachen i.S. des Urkundenstrafrechtes müssen von rechtlicher Bedeutung sein. Das trifft auf Sachverhaltsfeststellung in Verfügungen zu. Einerseits gibt bereits der Untersuchungsgrundsatz vor, dass nur rechtserhebliche Tatsachen belegt werden müssen. 132 Andererseits stützt sich die behördliche Entscheidung, ein Recht oder eine Pflicht zu gewähren oder zu entziehen, zu erweitern oder zu beschränken, gerade auf den in der Verfügung festgestellten Sachverhalt. Darüber hinaus sind die Sachverhaltsfeststellungen einer Behörde aber auch anderweitig bedeutsam, z.B. im Hinblick auf Verjährung, Anklagegrundsatz etc. 128
Der in der Verfügung festgestellte Sachverhalt besteht mithin aus Tatsachen, die von rechtlicher Bedeutung sind.
Dieses Begriffselement einer strafrechtlichen Urkunde ist gegeben.
Ergebnis
Gemäss den vorstehenden Ausführungen kommen sowohl behördlichen Verfügungen nach Verwaltungsverfahrensgesetz (Art. 5 VwVG), als auch Strafbefehlen nach Strafprozessordnung (Art. 352 ff. StPO) sowie Strafbescheiden nach dem Verwaltungsstrafrecht (Art. 62 ff. VStrR) Urkundenqualität im Sinne des strafrechtlichen Urkundenbegriffes zu.
Urkundenqualität kommt dabei der Verfügung und ihren Bestandteilen zu, d.h. der Entscheidung selbst ebenso wie dem Sachverhalt, auf den sie sich stützt und die Begründung, die sie gegebenenfalls anführt, wobei jeweils zu unterscheiden ist, zu welchem Beweis die jeweilige Tatsache geeignet ist. Zu beachten ist aber immer, dass Urkundenqualität nicht voraussetzt, dass die Verfügung rechtskräftig sein oder bindende Wirkung entfalten müsste. 134
Die Urkundenqualität einer Verfügung bzw. des darin enthaltenen Sachverhaltes gilt vorab bezüglich der Tatbestandsvariante der Urkundenfälschung i.S. der materiellen Strafbestimmungen von Art. 251 ff. StGB und Art. 317 StGB.
Hinsichtlich der Falschbeurkundung (also hinsichtlich echter, aber unwahrer Schriften) wäre zusätzlich die Frage der erhöhten Glaubwürdigkeit zu prüfen. Das soll nachfolgend geschehen.
Die Glaubwürdigkeit der Verfügung
Soweit nicht die Echtheit einer Urkunde in Frage steht, sondern deren Wahrheit, muss strafrechtlich nach ihrer Glaubwürdigkeit gefragt werden. Das soll nachfolgend 25geschehen. Vorweg wird kurz der Untersuchungsgrundsatz skizziert. Im Anschluss daran wird der Ablauf der Sachverhaltsermittlung in den drei Verfahrensordnungen im Hinblick darauf dargestellt, 135 welche Glaubwürdigkeit diesen Feststellungen zukommt und worauf sie ggf. beruht.
Der Untersuchungsgrundsatz
Im Verwaltungsverfahren gilt ebenso wie im Verwaltungsstraf- und im Strafverfahren die Untersuchungsmaxime.136 Die Behörden erheben den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen (Art. 12 Abs. 1 VwVG; Art. 37 VStrR; Art. 6 StPO).
Ein zentraler, möglicherweise der zentrale Unterschied zwischen Verwaltungs- und Strafverfahren (und Strafverfahren meint im Folgenden auch das Verwaltungsstrafverfahren) besteht in der Mitwirkungspflicht: Während im Straf- und Verwaltungsstrafverfahren der Betroffene nicht mitwirken muss, trifft den Rechtsunterworfenen im Verwaltungsverfahren die Pflicht, bei der Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts mitzuwirken (Art. 13 Abs. 1 VwVG; vgl. auch die Auskunfts- und Meldepflicht nach Art. 29 FINMAG 137und die Strafandrohung bei falscher Auskunft in Art. 45 FINMAG).
Die sog. Ungehorsamsstrafe und Ihr Missbrauch
Erzwungen werden darf die Mitwirkung weder im Straf- und Verwaltungsstrafverfahren (nemo tenetur; vgl. Art. 113 Abs. 1 StPO; Art. 39 Abs. 4 VStrR), noch im Verwaltungsverfahren.138 Zwar wird vereinzelt anders vertreten 139 insbesondere dass die Behörde eine Mitwirkung mittels Art. 292 StGB erzwingen könne, doch kann das aus zwei Gründen nicht richtig sein:
(1) Statuiert ein Gesetz eine generell-abstrakte Pflicht, sieht aber für die Verletzung dieser Pflicht keine generell-abstrakte Strafe vor, so steht es der Verwaltung nicht zu, sich – anstelle des Gesetzgebers – dessen Kompetenzen anzumassen und im individuell-konkreten Fall trotzdem eine Strafe anzudrohen. Wäre dies zulässig, so wären Strafnormen in Verwaltungsgesetzen (und nicht nur in ihnen) völlig überflüssig und es würde ausreichen, Pflichten zu definieren. Dem widerspricht auch nicht Art. 41 Abs. 1 lit. d VwVG (Androhung einer Ungehorsamsstrafe nach Art. 292 StGB), weil damit eben keine Verfügung vollstreckt wird (was aber Voraussetzung wäre nach Art. 41 Abs. 1 VwVG), sondern – entgegen den gesetzlichen Bestimmungen – eine im Gesetz statuierte Pflicht mit einer Strafandrohung versehen werden soll (vgl. gleich nachfolgend: 2).
Wenn die Verwaltung jede gesetzliche Pflicht durch blosse Anwendung auf einen konkreten Fall mit einer Strafe versehen könnte, so wären Strafnormen (zumindest Übertretungsstrafnormen) nicht nur in Verwaltungs-, sondern in Gesetzen überhaupt überflüssig. So liesse sich etwa die zivilrechtliche Pflicht der Ehegatten zu gegenseitiger Treue und Beistand (Art. 159 Abs. 3 ZGB) einfach dadurch zu einer Strafnorm verwandeln, dass in einem konkreten Fall von einer Behörde festgestellt würde, diese Pflicht gelte auch für einen bestimmten Betroffenen und ein möglicher Verstoss dagegen werde nach Art. 292 StGB bestraft.
Statuiert ein Gesetz eine generell-abstrakte Pflicht, sieht aber für die Verletzung dieser Pflicht keine generell-abstrakte Strafe vor, so steht es der Verwaltung nicht zu, sich – anstelle des Gesetzgebers – dessen Kompetenzen anzumassen und im individuell-konkreten Fall trotzdem eine Strafe anzudrohen.
Statuiert das Gesetz eine Pflicht, bedroht aber ihre Verletzung nicht mit einer Strafe, so kann es der Verwaltung nicht anstehen, dies zu tun. Vielmehr besteht ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers, das keinen Raum lässt für eine Strafkompetenz der Exekutive. Anwendung finden kann Art. 292 StGB nur dort, wo die Exekutive selbst die fragliche Pflichten statuiert oder aus anderen Pflichten ableitet bzw. dort, wo ihr ein Ermessen zusteht, ob eine bestimmte Pflicht überhaupt bestehe oder nicht, d.h. dort wo überhaupt Entscheidkompetenz bzw. Ermessenskompetenz besteht. Das entspricht der Struktur der Regelung für justizielle Entscheidungen in Art. 343 ZPO, wonach das Vollstreckungsgericht bei einem Entscheid auf Verpflichtung zu einem Tun, Unterlassen oder Dulden eine Strafe nach Art. 292 StGB androhen kann.
(2) Wird vom Gesetz eine Pflicht generell-abstrakt statuiert, so kann die blosse Anwendung dieses Gesetzes auf einen einzelnen, konkreten Fall noch keine Verfügung darstellen.140Nach Art. 5 Abs. 1 VvVG hat eine Verfügung alternativ zum Gegenstand
die Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten und Pflichten,
die Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten oder
die Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten oder Nichteintreten auf solche Begehren.
Deutlich ist unmittelbar, dass die Varianten von Art. 5 Abs. 1 lit. c VwVG bei der Verletzung einer Mitwirkungspflicht nicht zur Anwendung kommen können, weil keine Begehren gestellt und daher auch nicht abgewiesen werden. Auch die Varianten in Art. 5 Abs. 1 lit. a VwVG können nicht vorliegen. Wird eine Ungehorsamsstrafe nach Art. 292 StGB angedroht, so muss dies gemäss Art. 41 Abs. 1 VwVG geschehen, um «Verfügungen zu vollstrecken». Das heisst nichts anderes, als dass die Androhung einer Strafe nach Art. 292 StGB Konsequenz einer Verfügung sein muss. Diese Verfügung kann aber nicht darin bestehen, den Betroffenen zur Mitwirkung zu verpflichten, denn das tut ja bereits Art. 13 VwVG.141
Schliesslich liegen auch die Varianten von lit. b (Feststellung) ebenfalls nicht vor. Das ist offensichtlich, wo über das Bestehen oder Nichtbestehen der Mitwirkungspflicht gar kein Dissens besteht. Aus der Tatsache, dass ein Betroffener seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, lässt sich nicht ableiten, dass er sie bestreite. Vorstellbar ist nicht nur, dass er gar nicht darum weiss, sondern auch, dass sie ihm zwar bewusst ist und er sie gar anerkennt, ihr aber trotzdem bewusst nicht nachkommt. Ist aber die Pflicht (zur Mitwirkung) nicht bestritten, so kann keine Notwendigkeit bestehen, das Bestehen dieser Pflicht festzustellen.
Kurz: Die Strafandrohung setzt sich selbst durch.
Wenn das «Handlungsziel der Behörden die Regelung, d.h. die bewusste, ausdrückliche und verbindliche Gestaltung der Rechtsstellung der oder des Betroffenen sein muss», 142 dann ist dieses Ziel gerade nicht erreichbar, wo die fragliche Pflicht bereits durch das Gesetz statuiert wird und der Betroffene sie auch nicht bestreitet. Ein öffentliches Feststellungsinteresse143 besteht nicht, weil die Mitwirkungspflicht ja gar nicht bestritten wird. Die Rechtsstellung des Mitwirkungspflichtigen kann daher durch die blosse Wiederholung einer unbestrittenen gesetzlichen Pflicht durch die Behörde nicht gestaltet werden. Liegt aber keine Gestaltung vor, so steht der Behörde – anders als möglicherweise individuell Betroffenen144– auch der Weg über Art. 25 oder 25a VwVG nicht offen, weil ihr kein schutzwürdiges Feststellungsinteresse 27zukommt. Ein solches Interesse aber ist Voraussetzung einer Feststellungsverfügung von Amtes wegen i.S.v. Art. 25 VwVG.145Dass kein Feststellungsinteresse besteht, lässt sich ohne Weiteres zeigen:
Wird für die Verletzung einer Mitwirkungspflicht eine Strafe nach Art. 292 StGB angedroht, so ist das einzig Eigenständige, das nicht bereits im Gesetz enthalten ist, eben die Androhung der Strafe. Sie aber vollstreckt gerade keine Verfügung einer Behörde, sondern eine gesetzliche Verpflichtung, und zwar eine, für die das Gesetz eben keine Strafe vorsieht. Kurz: Die Strafandrohung setzt sich selbst durch.
Das wird deutlich am Beispiel der Kommentierung Häner. Darin heisst es:
Die Androhung einer Ungehorsamsstrafe kann indes nicht der Durchsetzung einer Ungehorsamsstrafe (also ihrer selbst) dienen. Anderes aber, das durchzusetzen wäre, besteht nicht.
Erforderlich ist ein rechtliches oder tatsächliches Interesse an der sofortigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Das Rechtsschutzinteresse besteht somit darin, dass ein Nachteil abgewendet werden kann, wenn die Feststellungsverfügung erlassen wird. Die gesuchstellende Person muss folglich nachweislich Dispositionen nicht treffen können oder solche ungerechtfertigterweise unterlassen, sofern die feststellende Verfügung nicht ergeht.146
Wird die Mitwirkung verweigert, so ist der einzige Nachteil, dessen Abwendung durch eine Feststellungsverfügung vorstellbar ist, eben die Verweigerung dieser Mitwirkung. Man könnte vermuten, ein
Feststellungsinteresse bestehe aber dort, wo die Mitwirkungspflicht bestritten wird, doch trifft das gerade nicht zu:
Die Feststellung einer Pflicht zur Mitwirkung vermag einen möglichen Nachteil, der in der Weigerung bestehen könnte, dieser Pflicht nachzukommen, gerade nicht abzuwenden. Eine solche Feststellung kann höchstens eine Bedingung prozessualer Konsequenzen bilden, die daran geknüpft werden. Die einzige Disposition indes, die sich ohne «die feststellende Verfügung [der Mitwirkungspflicht] nachweislich […] nicht treffen»147lässt, ist die Bestrafung desjenigen, der seine Mitwirkung verweigert.
Das wird überdeutlich, wenn die Strafandrohung weggedacht wird, d.h. durch Verfügung eine Mitwirkungspflicht festgestellt, dies aber nicht mit der Androhung einer Strafe nach Art. 292 StGB verknüpft wird: Welche Disposition könnte ohne die feststellende Verfügung, der Betroffene sei zur Mitwirkung verpflichtet, nicht getroffen werden? Welche Disposition liesse sich denn ohne eine solche Feststellungsverfügung nicht treffen, ausser eben die Androhung von Strafe? Oder umgekehrt formuliert: Welche Disposition lässt sich erst treffen, wenn eine Feststellungsverfügung ergangen ist? Die Androhung von Strafe. Und nur sie. Die Androhung einer Ungehorsamsstrafe kann indes nicht der Durchsetzung einer Ungehorsamsstrafe (also ihrer selbst) dienen. Anderes aber, das durchzusetzen wäre, besteht nicht.
Konsequenzen der Verweigerung der Mitwirkung
Wird die Mitwirkung verweigert, so wird das in den verschiedenen Verfahrensarten unterschiedlich ausgeglichen. Im Strafverfahren darf die Behörde die Verweigerung der Mitwirkung nicht zu Ungunsten des Betroffenen werten und durch Zwang erlangte Beweismittel sind unverwertbar.148Umgekehrt verfügt sie aber über Zwangsmassnahmen, um die erforderlichen Beweise selbst zu erheben.149
Im Verwaltungsverfahren dagegen stehen der Behörde keine Zwangsmassnahmen zur Durchsetzung der Mitwirkung des Betroffenen zur Verfügung.150Verweigert der Betroffene seine Mitwirkung und fehlt es infolgedessen an Beweisen für seine Behauptungen, so 28trägt er dafür die Beweislast und die Behörde ist nicht verpflichtet, Annahmen zu seinen Gunsten zu treffen.151Zudem kann die Behörde bei einem auf Gesuch der betroffenen Person hin eingeleiteten Verwaltungsverfahren gestützt auf Art. 13 Abs. 2 VwVG nicht eintreten, wenn die Partei die zumutbare Mitwirkungspflicht verweigert. Was als zumutbar qualifiziert wird, ist allerdings äusserst interpretationsbedürftig. Auch durch diese Bestimmung drohen der Partei erhebliche negative Konsequenzen als Folge mangelnder Mitwirkungsbereitschaft.
Die Sachverhaltsfeststellung ist in allen drei Verfahrensordnungen Aufgabe, Kompetenz und damit auch Verantwortung der Behörde152(vgl. nur beispielhaft im Verwaltungsstrafverfahren das Beschwerderecht des Betroffenen gegen unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes durch die Behörde gemäss Art. 28 Abs. 2 VStrR sowie analog in Art. 49 lit. b VwVG). Wo keine Mitwirkungspflicht des Rechtsunterworfenen besteht, ergibt sich die Verantwortung der Behörde für die Sachverhaltsermittlung bzw. -feststellung von selbst. Diese Verantwortung besteht aber auch dort, wo – wie im Verwaltungsverfahren – eine Mitwirkungspflicht besteht, weil auch hier die Behörde über die Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts entscheidet.153
Nicht selten wird vorgebracht, der Untersuchungsgrundsatz werde durch andere Prinzipien relativiert, etwa durch Mitwirkungspflichten des Betroffenen im Verwaltungsverfahren154oder gar Effizienzüberlegungen im Strafverfahren.155
So wird für das Strafverfahren etwa vertreten, dass eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit der Täterschaft für einen Strafbefehl ausreiche, selbst wenn ein Gericht allenfalls weitere Abklärungen anordnen würde.155Das kann nicht überzeugen, wenn bedacht wird, dass der Strafbefehl mangels Einsprache zum rechtskräftigen Urteil mutiert (Art. 354 Abs. 3 StPO). Wollte man der These folgen, so wäre die merkwürdige Konsequenz, dass es rechtskräftige Urteile mit unterschiedlichen Beweisstandards gäbe.
Im Verwaltungsverfahren wird die gegenteilige Auffassung v.a. aus der Mitwirkungspflicht abgeleitet, d.h. die Behörde wird so behandelt, als wäre ihre Entscheidung ohne die Mitwirkung des Betroffenen gar nicht möglich. Das aber könnte höchstens zutreffen, wenn dem Betroffenen nicht nur Pflichten, sondern eben auch Rechte zukämen, und zwar Rechte, die er auch gegen den Willen der Behörde durchsetzen könnte. Das aber ist gerade nicht der Fall, denn das Recht, Anträge zu stellen, kann dazu offenbar nicht ausreichen, weil es die Behörde nicht zu verpflichten vermag. Selbstverständlich kann die Behörde ihre Entscheidung auch dort treffen, wo der Betroffene
Wo keine Mitwirkungspflicht des Rechtsunterworfenen besteht, ergibt sich die Verantwortung der Behörde für die Sachverhaltsermittlung bzw. -feststellung von selbst.
Die Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen im Steuerrecht dürfte als Beispiel wiederum genügen.
Es kann daher nicht richtig sein, einem Betroffenen auch nur einen Teil der Verantwortung für die Sachverhaltsfeststellung zu überbürden, wo er weder die Erhebung eines Beweises erzwingen, noch verhindern kann, noch das Ermessen beeinflussen oder an der 29Beweiswürdigung, geschweige denn der Entscheidung mitwirken darf. Dies gilt auch dort, wo ihn Mitwirkungspflichten treffen. Keine der drei hier interessierenden Verfahrensordnung (VwVG, VStrR und StPO) ist ein paritätisches Verfahren zwischen gleichberechtigten Parteien. Wo Mitwirkungspflichten bestehen, erleichtern sie der Behörde ihre Arbeit, nicht ihre Entscheidung. Wer aber alleine entscheiden darf, hat für seine Entscheidung auch alleine die Verantwortung und damit die Folgen einer unvollständigen Feststellung des Sachverhalts zu tragen. In allen drei Verfahrensordnungen liegt die Beweisführungslast bei den Behörden. Die Beweislast für eine Behauptung dagegen liegt – ganz analog Art. 8 ZGB – bei demjenigen, der sie aufstellt bzw. daraus Rechte ableitet.
Richtigerweise können daher weder die Mitwirkungspflicht noch Effizienzüberlegungen den Untersuchungsgrundsatz beschränken. Die Behörde ist Herrin des Verfahrens, sie muss weder Beweisanträge der Betroffenen gutheissen,158noch benötigt sie solche Anträge, um Beweiserhebungen zu veranlassen. Schliesslich steht es auch in ihrem Ermessen, die bestehenden Beweismittel zu würdigen. Die Behörde, und nur sie, hat das Untersuchungsergebnis zu verantworten. Sie hat die Pflicht, aber eben auch das Recht und damit die Verantwortung für die Untersuchung.
Die Ausführungen zum Untersuchungsgrundsatz von Häfelin, Müller & Uhlmann sind daher nicht nur für das VwVG zutreffend, sie gelten auch für die anderen Verfahrensordnungen:
«[D]as Untersuchungsprinzip bedeutet, dass die Verwaltungs- und Justizbehörden von Amtes wegen den Sachverhalt abklären. Sie sind für die Beschaffung der Entscheidgrundlagen verantwortlich. Die Parteien tragen weder eine Behauptungs- noch eine Beweisführungslast. Der Untersuchungsgrundsatz ändert aber nichts an der Verteilung der materiellen Beweislast, d.h. an der Regelung der Folgen der Beweislosigkeit: Der Entscheid fällt zu Ungunsten jener Partei aus, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte.»159
Und dies wiederum bedeutet, dass dort, wo die Behörde das Bestehen einer Tatsache behauptet, sie dafür auch die Beweislast trifft.160Daran ändert eine Mitwirkungspflicht des Betroffenen nichts. So muss die Steuerbehörde etwa – um ein Beispiel zu geben – dort, wo der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht nicht erfüllt, zwar nach Ermessen veranlagen. Sie muss dazu aber versuchen, den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahe zu kommen und alle ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen, wie etwa Geschäftsabschlüsse etc., berücksichtigen. Behauptet mithin eine Behörde einen Sachverhalt und leitet sie daraus für den Betroffenen negative Rechtsfolge ab, so trägt sie für das Bestehen dieses Sachverhalts die Beweislast. Bei unbewiesenem Sachverhalt muss ein Entscheid zu ihren Ungunsten fallen bzw. darf die fragliche Verfügung so nicht getroffen werden.
Glaubwürdigkeit des Sachverhaltes in den drei Verfahrensordnungen
Sachverhaltsfeststellung im Verwaltungsverfahren
Allgemein
Dem Untersuchungsgrundsatz gemäss erfolgt die Feststellung des Sachverhaltes im Verwaltungsverfahren von Amtes wegen (Art. 12 VwVG). Das ergibt sich logisch eigentlich bereits aus der Tatsache, dass öffentliches Recht zwingendes Recht ist.161Die Behörde ist dafür zuständig und verantwortlich. Der Verfügungsadressat ist zwar zur Mitwirkung verpflichtet (Art. 13 VwVG) und hat auch das Recht, Beweisanträge zu stellen, die im Rahmen des rechtlichen Gehörs auch zu beachten sind,162doch ist die Behörde eben nicht verpflichtet, diese Anträge gutzuheissen. Umgekehrt kann sie nach Art. 14 Abs. 1 lit. e VwVG selbst Zeugeneinvernahmen durchführen.
Der Verfügungsadressat hat also im Rahmen des rechtlichen Gehörs zwar Anspruch darauf, Beweisanträge einzubringen,163doch ist – und das ist zentral – die Behörde eben nicht verpflichtet, sie gutzuheissen. Vielmehr kann sie die Anträge ablehnen, wo sie es für unnötig oder nicht sinnvoll erachtet. D.h. die Behörde entscheidet alleine über den Sachverhalt. Auch die Würdigung der Beweise folgt dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung,164d.h. die Behörde entscheidet nach eigenem Ermessen, ob ein Beweis notwendig ist und ob er erbracht ist.165So kann etwa die FINMA im Sinne der antizipierten Beweiswürdigung die Abnahme von beantragten Beweisen ablehnen, wenn sie die untersuchten Aufsichtstatbestände aufgrund ihrer eigenen Sachkunde ausreichend beurteilen kann oder die Tatsachen nach ihrer Einschätzung bereits aus den Akten genügend ersichtlich sind.166
30Umgekehrt kann die Behörde aber auch Untersuchungshandlungen vornehmen, die vom Verfügungsadressaten nicht beantragt wurden (z.B. die Einvernahme von Zeugen, Art. 14 Abs. 1 VwVG).
Die Behörde ist weder an Beweisanträge noch an die Darstellung des Sachverhaltes durch den Verfügungsadressaten gebunden,167und zwar selbst dort nicht, wo mehrere beteiligte Personen den Sachverhalt übereinstimmend darstellen.168
Mitwirkungspflichten
Wie eben erwähnt169kann eine Mitwirkungspflicht der Parteien (Art. 13 VwVG) die Verantwortung der Behörden nicht relativieren170und den Grundsatz von Art. 12 VwVG auch nicht wirklich ergänzen. Verantwortung kann nur haben, wer eine Frage gültig entscheiden darf bzw. muss, nicht aber wer sich dazu nur äussern darf oder muss.
Sind aber weder die Sachverhaltsfeststellungen der Parteien verbindlich, noch ihre Beweisanträge, noch sind solche Anträge nur schon notwendig, so belegt dies, dass alleine die Behörde den Sachverhalt gültig feststellt. Daraus wiederum folgt notwendig, dass sie ihn auch alleine zu verantworten hat. Anderes könnte höchstens dort gelten, wo durch Täuschung der Behörden eine unwahre Urkunde erschlichen wird, doch wird diese Verantwortung von Art. 253 StGB (Erschleichung einer falschen Beurkundung) erfasst und abgedeckt.
Beauftragte der Behörde
Daran ändert sich auch nichts, wenn die Behörde den Sachverhalt nicht selbst erstellt, sondern von einer anderen Behörde übernimmt oder erstellen lässt, oder wo sie, wie etwa im FINMAG, jemanden damit beauftragt.171Der Untersuchungsbericht eines nach Art. 36 FINMAG Beauftragten ist ein verwaltungsrechtliches Beweismittel. Er soll nach Lehre und Rechtsprechung ein Sachverständigengutachten i.S.v. Art. 12 lit. e VwVG darstellen, doch ändert das nichts daran, dass er der freien Beweiswürdigung unterliegt,172was bereits aus der Formulierung von Art. 12 VwVG folgt («Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest und bedient sich nötigenfalls folgender Beweismittel»). Der Untersuchungsbericht bindet die Aufsichtsbehörde nicht.173Sie bleibt zuständige und entscheidende Instanz, der die Würdigung der verschiedenen Beweismittel und damit auch des Untersuchungsberichtes zusteht, aber auch obliegt.
Wo das Gesetz die Beweislast nicht ausdrücklich regelt, gilt als sog. ergänzendes öffentliches Recht subsidiär Art. 8 ZGB, d.h. ein mangelnder Beweis ist zulasten desjenigen zu werten, der aus dem unbewiesenen Sachverhalt Rechte ableitet. Entsprechend sind Sachverhalte, die einen Nachteil für den Verfügungsadressaten bewirken, grundsätzlich von der Behörde zu beweisen oder jedenfalls zumindest glaubhaft zu machen,174wobei – wie erwähnt – bei fehlender oder ungenügender Mitwirkung einer mitwirkungspflichtigen Partei eine Beweiswürdigung zu deren Lasten als zulässig erachtet wird.175
Abschliessender Katalog der Beweismittel nach Art. 12 VwVG
Schliesslich bleibt zu bemerken, dass der Wortlaut von Art. 12 VwVG deutlich anzeigt, dass die Liste der zulässigen Beweismittel (Urkunden, Auskünfte von Parteien und Drittpersonen, Augenschein sowie Gutachten) abschliessend ist. Wäre sie es nicht, würde die Aufzählung überhaupt keinen Sinn ergeben und das Gesetz könnte formulieren: «Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest.» Trotzdem wird von der Lehre ohne überzeugende Begründung176mehrheitlich die gegenteilige Meinung vertreten.
Gelegentlich wird der Verweis in Art. 19 VwVG auf das Beweisverfahren im Bundeszivilprozess als Begründung vorgebracht.177Das kann aber nicht richtig sein, weil die Art. 37, 39-41 und 43-61 BZP, auf die Art. 19 VwVG ausdrücklich und mit der Bezeichnung «ergänzend» verweist, nicht den geringsten Hinweis dafür liefern, dass andere, als die in Art. 12 VwVG genannten Beweismittel, zulässig wären: Art. 37 BZP bestimmt, dass der Richter nicht an die von den Parteien angebotenen Beweismittel gebunden ist. Das stellt keine Erweiterung des numerus clausus von Art. 12 VwVG dar, denn es meint natürlich nicht andere als die in Art. 12 VwVG genannten Beweismittel. Art. 39 BZP regelt die Beweisaufnahme im Ausland, Art. 40 die freie Beweiswürdigung und Art. 41 die Beweissicherung, die Art. 43 bis 61 BZP schliesslich regeln die einzelnen Beweismittel und erwähnen dabei Zeugen, Urkunden, Augenschein und Sachverständige, also genau dieselben Kategorien wie Art. 12 VwVG.
Dass der Katalog in Art. 12 VwVG abschliessend ist, zeigt sich denn auch daran, dass das Parteiverhör (Art. 62 ff. BZP), das einzige im BZP genannte Beweismittel, 31das über den Katalog von Art. 12 VwVG hinausgeht, in Art. 19 VwVG gerade nicht genannt wird. Dass seine Anwendbarkeit im VwVG ausgeschlossen ist, gibt die Lehre denn auch zu.178Der Verweis von Art. 19 VwVG auf die genannten Bestimmungen des BZP kann also eine Auslegung von Art. 12 VwVG contra legem nicht stützen.
Angeführt wird zur Begründung vereinzelt,179der Katalog von Art. 12 VwVG könne nicht abschliessend sein wegen des verfassungsmässigen Rechtes auf Beweis.180Das geht allerdings insofern fehl, als dass Art. 12 VwVG sich an die Behörde richtet, der die Verantwortung für die Sachverhaltsfeststellung überbürdet wird und die in der Wahl ihrer Beweismittel beschränkt wird. Das schliesst natürlich nicht aus, dass ein Betroffener weitere Beweise bzw. Beweisanträge einbringt, auf die allerdings die Behörde nicht eintreten muss.
Träger der allgemeinen Verfahrensgrundrechte ist dagegen nur die formell und materiell beschwerte Person.181Behörden steht dieses Recht demnach nur zu, wenn ihnen eine spezialgesetzliche Parteistellung zukommt oder sie unmittelbar in ihrer Persönlichkeit betroffen sind.182Rechtsunterworfene haben Recht auf Mitwirkung183bei der Beweiserhebung und (eingeschränkt) auf Beweisabnahme.184Es kann nicht richtig sein, dass sich eine Behörde auf das verfassungsmässige Recht des Betroffenen berufen darf, um Beweismittel, die von Art. 12 VwVG nicht erwähnt werden, zu Ungunsten des Trägers dieses Rechts zu verwenden. Geht man davon aus, dass z.B. biometrische Daten oder Knochenaltersanalysen etc. nicht als Gutachten zu qualifizieren sind,185sind sie damit auch nicht von Art. 12 VwVG gedeckt und daher unzulässig.
Teilweise wird vermittelnd noch vorgebracht, die Frage sei praktisch nicht bedeutsam,186doch ist das wohl unzutreffend. Im Asylverfahren etwa werden linguistische Analysen, Knochenaltersanalysen etc. als Beweismittel verwendet,187obwohl sie keiner der von Art. 12 VwVG erwähnten Kategorien angehören, und Ähnliches ist im FINMAG zu beobachten.
Da keine anderen Argumente ersichtlich sind, ergibt sich, dass die mehrheitlich vertretene Position, der Katalog von Art. 12 VwVG sei nicht abschliessend, nicht nur mit dem Wortlaut, sondern auch mit dem Sinn des Gesetzes nicht übereinstimmt.
Das hat z.B. im FINMAG Konsequenzen im Hinblick auf interne Untersuchungen und Berichte von Untersuchungsbeauftragten.188
Interne Untersuchungen und Bericht von Beauftragen nach Art. 36 FINMAG
Berichte von Untersuchungsbeauftragten gemäss Art. 36 FINMAG, aber auch Berichte über interne Untersuchungen betreffen ausschliesslich die Sachverhaltsermittlung, die der Behörde vorbehalten ist (Art. 12 VwVG).
Berichte von Untersuchungsbeauftragten nach Art. 36 FINMAG werden, wie erwähnt, häufig als (externe) Gutachten i.S.v. Art. 12 lit. e VwVG qualifiziert. Das dürfte kaum richtig sein. Einerseits ist die FINMA zuständig für die Sachverhaltsfeststellung. Andererseits handelt der Untersuchungsbeauftragte im Auftrag der FINMA, gemäss den von ihr umschriebenen Aufgaben, im von ihr festgelegten Umfang. Eine von Art. 12 VwVG («Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest») abweichende Regelung findet sich im FINMAG nicht.
Der Untersuchungsbeauftragte handelt also für und in Vertretung der FINMA, indem er die ihr zukommende Aufgabe, den Sachverhalt festzustellen, für sie übernimmt und als ihre Hilfsperson agiert. Dass er nach Art. 36 FINMAG «unabhängig und fachkundig» sein muss, ändert an dieser Funktion als Hilfsperson nichts. Das wird auch daran deutlich, dass die FINMA nach dieser Bestimmung einen Untersuchungsbeauftragten eben gar nicht beiziehen muss, sie kann dies nur tun.
Massgeblich dürfte BGE 135 V 254 sein, der die Frage eigentlich geklärt hatte:
«3.4.1 Nach dem Wortlaut des Gesetzes gilt Art. 44 ATSG, wenn der Versicherungsträger ein Gutachten einer oder eines „unabhängigen Sachverständigen“ einholen muss. Unklar ist, ob „unabhängig“ meint versicherungsextern oder unabhängig im medizinischen Sachentscheid im Einzelfall, wie in Art. 59 Abs. 2bis IVG in Bezug auf die regionalen ärztlichen Dienste festgehalten […]. Gemäss dem vor Inkrafttreten des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts u.a. im Verfahren der Unfallversicherung (sinngemäss) anwendbaren Art. 57 Abs. 1 BZP […] gelten als Sachverständige Drittpersonen, die – von einer Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde – aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse zur Aufklärung des Sachverhaltes beigezogen werden. Dazu zählen 32ungeachtet ihrer fachlichen Qualifikation nicht Personen, die eine Verfügung zu treffen oder vorzubereiten haben (vgl. Art. 10 Abs. 1 VwVG und Art. 36 Abs. 1 ATSG). Auf die Stellungnahmen von Verwaltungsärzten sind deshalb die nach Art. 19 VwVG i.V.m. Art. 57 ff. BZP geltenden Verfahrensvorschriften nicht anwendbar, auch wenn sie materiell Gutachtenscharakter aufweisen (BGE 123 V 331 E. 1b S. 332).»189
Dass der Untersuchungsbeauftragte die Funktion hat, «eine Verfügung zu treffen oder vorzubereiten», scheint nicht wirklich zweifelhaft. Stellt die FINMA also auf den Bericht eines Untersuchungsbeauftragten ab, so stellt sie nicht auf ein Gutachten i.S.v. Art. 12 lit. e VwVG ab, sondern auf eine Urkunde bzw. die im Bericht verwendeten Informationen (Urkunden, Parteiauskünfte, Zeugen etc.). Für Berichte über interne Untersuchungen dagegen besteht keine gesetzliche Grundlage.
Ist der Untersuchungsbeauftragte Hilfsperson der FINMA bei der Erstellung des relevanten Sachverhaltes, dann ist sein Bericht auch keine externe Experten- oder Rechtsmeinung, also kein Gutachten i.S.v. Art. 12 VwVG, sondern Sachverhaltsabklärung, also Kernaufgabe der Behörde selbst, und in der Klassifikation von Art. 12 VwVG höchstens eine Urkunde i.S.v. dessen lit. a.
Ergebnis: Glaubwürdigkeit von Verfügungen im VwVG
Für das Verwaltungsverfahren ergibt sich, dass es alleine die Behörde ist, welche die Sachverhaltsfeststellungen zu verantworten hat, woraus sich auch ihre erhöhte Glaubwürdigkeit ergibt.
Sachverhaltsfeststellung im Strafverfahren
Auch in der Strafprozessordnung gilt grundsätzlich die Untersuchungsmaxime.190Der Untersuchungsgrundsatz (Art. 6 StPO)191begründet die Pflicht, die bedeutsamen Tatsachen von Amtes wegen abzuklären und damit auch die Suche nach der materiellen Wahrheit.192
Unter gewissen Voraussetzungen sind auch Private verpflichtet, bei der Untersuchung mitzuwirken. Es bleibt aber im Grundsatz allein Sache der Behörden abzuklären und dies von sich aus, unabhängig von Anträgen und Erklärungen der Parteien.193Die Verantwortung für die Sachverhaltsfeststellungen liegt aber alleine bei der Behörde. Das zeigt sich u.a. daran, dass ihr dazu Zwangsmassnahmen zur Verfügung stehen, also Verfahrenshandlungen, die in die Grundrechte der Verfahrensbeteiligten eingreifen und dazu dienen, Beweise zu sichern (lit. a), die Anwesenheit von Personen sicherzustellen (lit. b) oder die Vollstreckung des Endentscheides zu gewährleisten (Art. 196 StPO).194
Im Zentrum steht die Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts.195Die Untersuchungspflicht bezieht sich auf sämtliche Tatsachen, die Beurteilung der Tat und des Beschuldigten notwendig sind.196Der Sachverhalt ist demnach insoweit zu ermitteln und festzustellen, als dies für die in Frage stehende Straftat erforderlich ist.197
Es sind belastende und entlastende Elemente mit gleicher Sorgfalt abzuklären (Art. 6 Abs. 2 StPO), insbesondere ist die Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Sachverhaltsabklärung zur Unabhängigkeit verpflichtet (Art. 4 StPO).198«Sorgfalt» meint nicht nur das Vorgehen nach anerkannten Regeln des Strafverfahrens sondern auch eine gewisse Intensität der Wahrheitssuche.199Diese Intensität richtet sich dabei in erster Linie nach Art. 139 Abs. 1 StPO,200wonach die Strafbehörden zur Wahrheitsfindung alle nach dem Stand von Wissenschaft und Erfahrung geeigneten Beweismittel einsetzen, die rechtlich zulässig sind (Abs. 1), wobei über Tatsachen, die unerheblich, offenkundig, der Strafbehörde bekannt oder bereits rechtsgenügend erwiesen sind, nicht Beweis geführt wird (Abs. 2).
Die Pflicht zur Suche nach der materiellen Wahrheit gilt sowohl für die im Vorverfahren beteiligten Behörden als auch für die Gerichte.201Aus der Pflicht, die materielle Wahrheit202zu ermitteln, ergibt sich die Pflicht, sich bei allen prozessualen Äusserungen an die Wahrheit zu halten.203Diese Pflicht folgt insbesondere aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO).204Sowohl die unrichtige, als auch die unvollständige Feststellung des Sachverhalts205verletzen diese Pflicht.206
Auch der Grundsatz «in dubio pro reo» (Art. 10 Abs. 3 StPO) fusst unmittelbar auf der korrekten Feststellung des Sachverhalts. Bestehen nämlich Zweifel an der Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat, so muss das Gericht seinem Urteil die für den Beschuldigten günstigere Sachlage zugrunde legen.207Der Grundsatz bezieht sich also auf die Tatsachenfeststellung und nicht auf ihre rechtliche Würdigung.208Es ist Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, 33ihren Entscheid auf der Basis der materiellen Wahrheit zu fällen.209
Sachverhaltsfeststellung im Verwaltungsstrafverfahren
Sanktionen des Verwaltungsrechts werden in einem besonderen Verfahren erlassen.210Ist eine Verwaltungsbehörde des Bundes für Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen zuständig, so richtet sich das Verfahren, unter der Voraussetzung, dass keine besonderen Verfahrensvorschriften vorliegen, nach dem Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht.211Das Verwaltungsstrafverfahren ist dem ordentlichen Strafverfahren vergleichbar.212Das Untersuchungsverfahren bzw. die Strafuntersuchung bildet die erste Stufe des Verwaltungsstrafprozesses. Ziel dieses Verfahrensabschnittes ist es, den Sachverhalt zu ermitteln und die Beweise zu sichern, weshalb Art. 37 Abs. 1 VStrR dem zuständigen Beamten die Verantwortung dafür zuweist, den Sachverhalt zu ermitteln und die Beweise zu sichern. Das Verfahren steht unter der Leitung der örtlich und sachlich zuständigen Bundesverwaltungsbehörde.213Der Beschuldigte kann jederzeit Beweisanträge stellen, die Behörde kann die Anträge aber mit Begründung und unter Hinweis der Beschwerdemöglichkeit ablehnen. Anders als in der StPO ist nicht geklärt, welche Gründe das sein könnten.214
Zur Feststellung des Sachverhalts und der Beweiserhebung stehen der Behörde verschiedene Mittel zur Verfügung. Sie kann den Beschuldigten (Art. 39 VStrR), Zeugen (Art. 41 VStrR) oder Auskunftspersonen (Art. 40 VStrR) einvernehmen. Weiter kann sie, wenn nötig, Sachverständige beiziehen oder einen Augenschein durchführen (Art. 44 VStrR). Schliesslich stehen der Behörde – analog der Strafprozessordnung – verschiedene Zwangsmittel zur Verfügung.
Das Verwaltungsstrafverfahren folgt weitgehend der Untersuchungsmaxime, d.h. dass die Untersuchungs- und Strafgewalt grundsätzlich bei der gleichen Behörde liegen.215Auch im Verwaltungsstrafverfahren, das ja ein Strafverfahren ist,216hat die Behörde – ebenso wie im Verwaltungsverfahren und dem Strafverfahren – sowohl be- als auch entlastende Beweise zu ermitteln.217
Wie im Strafverfahren, aber anders als im Verwaltungsverfahren gilt im Verwaltungsstrafverfahren die Unschuldsvermutung.218Sie leitet sich ab aus Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK.219Die Beweislast für den Nachweis des rechtserheblichen Sachverhalts liegt auf Seiten der Behörden.220Das bedeutet, dass die Beweislast nicht beschnitten oder dem Beschuldigten auferlegt werden kann, wenn er Untersuchungsmassnahmen zu seiner Verteidigung beantragt.221
Auch im Verwaltungsstrafverfahren müssen die Untersuchungsbehörden die materielle Wahrheit von Amtes wegen ermitteln.222Aufgrund der auch im Verwaltungsstrafrecht geltenden Unschuldsvermutung hat die Verwaltungsbehörde – ebenso wie im Strafverfahren – den Beschuldigten alle objektiven und subjektiven Tatbestandselemente nachzuweisen.223Aus dem Grundsatz nemo tenetur (Art. 113 Abs. 1 StPO) ergibt sich, dass die Beschuldigten bei der Ermittlung des Sachverhalts nicht aktiv mitwirken müssen; sie sind lediglich verpflichtet, Zwangsmassnahmen zu dulden.224Bei der Schaffung des Verwaltungsverfahrensstrafrechts ging es in erster Linie darum, den Verwaltungsbehörden ein «vollwertiges Untersuchungsinstrument» an die Hand zu geben,225weshalb man die Möglichkeit zum Erlass von Zwangsmassnahmen schuf. Hinsichtlich des Umfangs der Abklärungen zur Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts kann auf die vorstehenden Ausführungen zum Strafprozess verwiesen werden.
Auch die Verwaltungsbehörde muss den Sachverhalt erforschen und die Beweise sichern (Art. 37 Abs. 1 VStrR). Hinsichtlich des Umfangs der Sachverhaltsabklärungspflicht kommt, im Fall einer späteren gerichtlichen Beurteilung, der Untersuchung durch die Verwaltungsbehörde derselbe Stellenwert zu, wie dem Ermittlungsverfahren im Strafprozess.226Die untersuchende und beurteilende Verwaltungsbehörde hat sehr ähnliche Funktionen und Kompetenzen wie die Staatsanwaltschaft im Strafverfahren.227
Ergebnis: Erhöhte Glaubwürdigkeit der Verfügung und ihrer Sachverhaltsfeststellungen
Eine Verfügung ist ein einseitiger Hoheitsakt.228Sie wird von Behörden und Beamten in Vertretung des Staates bzw. Ausübung hoheitlicher Gewalt erlassen (vgl. Art. 1 sowie Art. 5 Abs. 1 VwVG).
Verfügungen von Behörden müssen sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen (Art. 5 VwVG), der Strafbefehl folgt den Vorgaben des materiellen und formellen Rechts (Art. 352 ff. StPO) und der Erlass eines Strafbescheides 34nach Art. 62 ff. VStrR muss nicht nur die fragliche Tat, sondern auch die gesetzlichen Bestimmungen nennen, die angewendet werden (Art. 63 VStrR). Die Untersuchungsmaxime ist dabei Garant für die Vollständigkeit und Richtigkeit des amtlich festgestellten Sachverhaltes. Der Behörde kommt daher zumindest eine garantenähnliche Stellung zu.229
Aus der Hoheitlichkeit der Verfügung ergibt sich zwanglos ihre erhöhte Glaubwürdigkeit in urkundenstrafrechtlicher Hinsicht. Nicht also, dass eine Behörde oder ein Beamter handeln, sondern dass sie es hoheitlich tun, begründet die erhöhte Glaubwürdigkeit ihres Handelns gegenüber dem Rechtsunterworfenen.
Die notwendigen objektiven Garantien für die Wahrheit der Feststellungen in Verfügungen ergeben sich etwa aus dem Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung.
Die notwendigen objektiven Garantien für die Wahrheit der Feststellungen in Verfügungen ergeben sich etwa aus dem Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung.230Rechtsunterworfene müssen sich grundsätzlich darauf verlassen können, dass die Verwaltung Recht und Gesetz einhält und behördliche Schriftstücke – im Gegensatz etwa zu Schriftstücken, die von Privaten verfertigt oder ausgestellt wurden, – der Wahrheit entsprechen.
Deutlich wird das auch daran, dass von Behörden verfassten Schriftstücken dort keine erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt, wo sie nicht in Ausübung hoheitlicher Rechte handeln – sondern z.B. bei zivilrechtlichen Streitigkeiten oder bloss internen Dokumenten –, woraus folgt, dass das Gegenteil gilt, wo sie hoheitlich handelt.231Ein Polizeirapport etwa, der nicht bloss internen Zwecken dient, sondern weitergegeben wird und als Strafanzeige dient, hat Urkundenqualität i.S.v. Art. 317 StGB.231Der Rechtsunterworfene muss sich in diesem asymmetrischen Verhältnis darauf verlassen können, dass die Behörde das Recht beachtet und einen Sachverhalt wahrheitsgemäss feststellt.
Im Bereich der Finanzmarktgesetze ergibt sich dasselbe Resultat weiter auch aus der strafbewehrten Aussage- und Wahrheitspflicht der Beaufsichtigten (Art. 29, 36 Abs. 3 und 45 FINMAG) und der ebenfalls strafbewehrten Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht der Beauftragten (Art. 46 FINMAG). Es wäre völlig inkonsistent, wenn nur die Privaten, die der FINMA Informationen geben, zur Wahrheit verpflichtet wären, nicht aber die FINMA selbst.
Aus alledem ergibt sich, dass den hier interessierenden Verfügungen eine erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt.
Dieses Begriffselement einer strafrechtlichen Urkunde ist damit gegeben.
Zusammenfassend: Behördliche Verfügungen stellen strafrechtlich Urkunden i.S.v. Art. 110 Abs. 4 StGB dar, denen zudem hinsichtlich der Wahrheit der darin enthaltenen Feststellungen erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt.
Vollständig und Wahr: Abklärungs- und Auskunftspflichten
Zu erörtern bleibt, was hinsichtlich eines durch die Behörden unvollständig festgestellten Sachverhaltes gilt (nachfolgend B.) und ob Auskunftspflichten bzw. Auskunftsverweigerung relevant sind (daran anschliessend C.). Einleitend allerdings ist danach zu fragen, ob ein unvollständig erstellter Sachverhalt strafrechtlich ein Tun oder ein Unterlassen darstellt.
Unterlassung
Urkundenfälschung und Falschbeurkundung (Art. 251 StGB) ebenso wie Urkundenfälschung im Amt und Falschbeurkundung im Amt (Art. 317 StGB) können, wie praktisch alle Begehungsdelikte grundsätzlich auch durch Unterlassen erfüllt werden,233sofern dem Täter eine entsprechende Garantenstellung zukommt (Art. 11 StGB).
35Eine Garantenstellung wird im Falle von Art. 317 StGB meist unproblematisch sein, weil sie für Behörden und Beamte grundsätzlich bestehen wird, namentlich aufgrund (1) ihres Handelns in hoheitlicher Funktion, und (2) – bzgl. der Wahrheit der von ihnen verfertigten Urkunden – dem Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung,234der ja typischerweise auch die erhöhte Glaubwürdigkeit dieser Schriftstücke begründet.235Weil die Behörden eine Ermittlungspflicht trifft, gilt zudem bei «Prüfungshandlungen […] die Vornahme der ordnungsgemässen Untersuchung als mitbeurkundet».236Dies alles scheint relativ klar.
Das Problem einer Falschbeurkundung im Amt durch Unterlassung besteht eher in dogmatischen Schwierigkeiten: Entgegen der häufig vertretenen Meinung, dass auch schlichte Tätigkeitsdelikte bei Garantenstellung durch Unterlassen erfüllt werden können, ist dies nicht ohne Weiteres zutreffend: Es fehlt nämlich an einem äusserlich erkennbar deliktischen Verhalten. Es kann ja nicht richtig sein, dass durch die Konstituierung eines Begehungsdeliktes jeder, dem eine Garantenstellung zukommt, zum Handeln bzw. zu einem aktiven Abwehren deliktischer Folgen gezwungen werden könnte. Dafür nämlich bräuchte es ein echtes Unterlassungsdelikt. Weil Behörden, die eine Verfügung erlassen, aber unumgänglich etwas aktiv tun, ist die Tatsache, dass ihre Feststellung des Sachverhaltes möglicherweise unvollständig ist und sie bezogen auf die nicht darin aufgenommenen Aspekte eine Unterlassung darstellen könnte, zweitrangig im Vergleich zur Tatsache, dass sie eben aktiv einen unvollständigen Sachverhalt erstellen, der einen irrigen Eindruck erweckt.
Unvollständig abgeklärter Sachverhalt…
Abzuklären ist im Verwaltungs- und Straf-, ebenso wie im Verwaltungsstrafverfahren immer nur der rechtserhebliche Sachverhalt (Art. 6 StPO; Art. 49 lit. b VwVG; Art. 37 Abs. 1 VStrR).237Der Umfang der Prüfungs- und Feststellungshandlungen orientiert sich entsprechend primär daran. Der rechtserhebliche Sachverhalt allerdings muss vollständig und korrekt abgeklärt werden.
…im Verwaltungsverfahren
Weil öffentliches Recht zwingendes Recht ist,238gilt für das Verwaltungsverfahren grundsätzlich die Untersuchungsmaxime,239d.h. die Behörden sind verpflichtet, die materielle Wahrheit zu ermitteln.240Für belastende Verfügungen trifft die Beweislast dabei die Behörde.241Sie muss nicht nur belastende, sondern auch entlastende Tatsachen vollständig und korrekt ermitteln.242Der Beweis solch entlastender Tatsachen darf nicht generell dem Adressaten auferlegt werden.243Beweismittel, die sich im Herrschaftsbereich einer Behörde befinden und ihr zugänglich sind, muss sie vorbringen.244
Die Praxis hat sich zur Frage, ob ein Sacherhalt korrekt und vollständig ist, verschiedentlich geäussert. Wie erwähnt muss die Behörde den Sachverhalt nur abklären, soweit er relevant ist für den Entscheid (rechtserheblich) bzw. eine korrekte Subsumtion erlaubt.245Sieht beispielsweise das Gesetz ein Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit vor, so genügt die blosse Möglichkeit eines Sachverhaltes gerade nicht, sondern die Behörde hat vielmehr von derjenigen Sachverhaltsvariante auszugehen, die als wahrscheinlichste zu werten ist.246Werden externe Gutachten eingeholt, die sich auf Beobachtungen und Untersuchungen sowie Einsicht in die Akten stützen, so ist ihnen bei der Beweiswürdigung volle Beweiskraft zuzuerkennen, wenn nicht konkrete Indizien gegen ihre Zuverlässigkeit sprechen.247Anzumerken ist, dass der Bericht eines Untersuchungsbeauftragten nur den Sachverhalt feststellt, und zwar im Auftrag und für die FINMA gemäss deren Anweisungen, weshalb es sich dabei nicht um ein externes Gutachten handelt.
Verkennt die Behörde «Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich» lässt «ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt» oder zieht «auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen», so ist die Beweisführung willkürlich.248So hat etwa die zum Entzug des Führerscheins zuständige Behörde grundsätzlich den Ausgang des Strafverfahrens abzuwarten, sofern der zu beurteilende Sachverhalt dafür relevant ist.249
…im Strafverfahren
Art. 6 StPO begründet die Verpflichtung der Behörden, «alle für die Beurteilung der Tat und der beschuldigten Person bedeutsamen Tatsachen» von Amtes wegen abzuklären. Aus der Verpflichtung zur vollständigen und korrekten Ermittlung des Sachverhalts leitet sich wiederum die Verpflichtung ab, vom bestmöglichen Beweismittel Gebrauch zu machen.250Deshalb ist primär auf unmittelbare Beweismittel abzustellen und nur, 36falls solche nicht greifbar sind, auf mittelbare Beweismittel.251
Für den Strafbefehl bzw. die Einsprache (Art. 354 StPO) bestehen keine besonderen Regelungen, der Beschuldigte (allerdings nur er) muss die Einsprache nicht einmal begründen (Art. 354 Abs. 2 StPO). Im ordentlichen Verfahren aber stellt die unrichtige und unvollständige Ermittlung des Sachverhalts einen Berufungsgrund dar (Art. 398 Abs. 3 lit. b StPO). Sinngemäss kann für den Strafbefehl dasselbe abgeleitet werden.
Die Sachverhaltsfeststellungspflicht findet ihre umfangmässige Grenze in Art. 139 Abs. 2 StPO, wonach über Tatsachen, die unerheblich, offenkundig, der Strafbehörde bekannt oder bereits rechtsgenügend erwiesen sind, nicht Beweis geführt werden muss. Gerechtfertigt wird diese Einschränkung in erster Linie durch prozessökonomische Überlegungen.252Nicht selten wird vorgebracht, dass die Behörden aufgrund beschränkter Ressourcen auf die Erhebung von Beweisen verzichten müssen.253Das mag sein, doch vermag es eben eine mögliche Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes gemäss Art. 6 StPO nicht zu legitimieren, soweit der massgebliche Sachverhalt nicht vollständig ermittelt wurde bzw. die Entscheidung, den Beweis nicht zu erheben, als Ermessensüberschreitung erscheint. Wo sich aufdrängt, dass ein nicht-erhobenes Beweismittel einen Erkenntnisgewinn gebracht hätte, ist seine Nicht-Erhebung eine entsprechende Verletzung von Art. 6 StPO.254
…im Verwaltungsstrafverfahren
Der Umfang der Sachverhaltsfeststellungspflicht im Verwaltungsstrafverfahren hängt massgeblich von der Verfahrensart ab.255Die Verwaltungsbehörde kann bei offensichtlichen Widerhandlungen eine Busse im vereinfachten Verfahren erlassen (Art. 65 VStrR).
Bei leichten Übertretungen – sofern keine besonderen Untersuchungshandlungen bzw. Zwangsmassnahmen – notwendig sind, wird die Verwaltungsbehörde sogleich ein Schlussprotokoll ausfertigen (Art. 37 Abs. 3 i.V.m. Art. 61 VStrR). Das Schlussprotokoll zeigt dem Beschuldigten den vorgeworfenen Sachverhalt auf und gibt ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme betreffend Sachverhalt und Rechtsfragen. Bestreitet er den Sachverhalt nicht, kann auf der Grundlage des Schlussprotokolls sofort ein Strafbescheid erlassen werden, ohne dass ein Untersuchungsverfahren geführt werden muss.
Bei schwerer wiegenden Übertretungen oder bei Straftaten hat die Verwaltungsbehörde ein Untersuchungsverfahren durchzuführen, Beweismittel zu sichern und nötigenfalls Zwangsmassnahmen einzusetzen.256Dem gerichtlichen Verfahren geht kein zusätzliches staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren voraus257(die Überweisung gem. Art. 73 Abs. 2 VStrR gilt bereits als Anklage), weshalb sich der Umfang der Sachverhaltsfeststellungspflicht am Untersuchungsgrundsatz (Art. 37 VStrR bzw. Art. 6 StPO) zu orientieren hat.
Unvollständig abgeklärter Sachverhalt: Ergebnis
Wie ausgeführt258besteht bei allen drei Verfahrensordnungen die gesetzliche Pflicht, den rechtserheblichen Sachverhalt vollständig und korrekt zu ermitteln,259und zwar – auch dies in allen drei Verfahrensordnungen – sowohl betreffend die be- als auch die entlastende Elemente.260In allen drei Verfahrensordnungen ist sodann dieser Sachverhalt in die Verfügung, den Strafbefehl261bzw. Strafbescheid/Strafverfügung aufzunehmen, jedenfalls mindestens so weit, dass die faktische Tatsachenbasis der rechtlichen Entscheidung belegt ist.Wird der rechtserhebliche Sachverhalt unvollständig festgestellt, so stellt das eine Rechtsverweigerung dar. Unterschieden werden materielle und formelle Rechtsverweigerung.262 Eine materielle Rechtsverweigerung liegt vor, wenn eine Verfügung inhaltlich qualifiziert fehlerhaft ist. Formelle Rechtsverweigerung dagegen liegt vor, wenn beim Zustandekommen der Verfügung qualifizierte Fehler begangen wurden.263
Sind Beweise verfügbar, wird aber der rechtserhebliche Sachverhalt trotzdem unvollständig festgestellt, so stellt das sowohl eine Form der materiellen Rechtsverweigerung dar, weil die Verfügung, die auf einem unvollständigen Sachverhalt basiert, qualifiziert fehlerhaft ist, als auch eine formelle Rechtsverweigerung, weil das Unterlassen der Sachverhaltsfeststellung ein qualifizierter Fehler beim Zustandekommen der Verfügung ist.
Unvollständig = Unwahr?
Für die strafrechtlich bedeutsame Frage, ob ein unvollständiger Sachverhalt auch unwahr sei, ist zu differenzieren bzw. zu spezifizieren. Grundsätzlich ist ein 37Sachverhalt nicht bereits deshalb unwahr, weil er unvollständig ist.264Massgeblich sind vorweg nicht alle, sondern nur die rechtserheblichen Tatsachen, d.h. diejenigen Tatsachen, die für die fragliche Verfügung massgeblich sind. Stützt sich eine behördliche Entscheidung auf einen Sachverhalt als tatsächliche Entscheidgrundlage, so behandelt sie ihn damit als vollständig und wahr.265
Zu fragen ist daher nicht, ob der Sachverhalt vollständig ist, denn das ist er bei genauer Betrachtung wohl nie. Zu fragen ist vielmehr, ob sich der behördliche Entscheid nicht oder nicht in dieser Art treffen liesse, wenn seine faktische Entscheidgrundlage vollständig(er) wäre. Trifft dies zu und ignoriert der Entscheid ein wesentliches Sachverhaltselement, bei dessen Berücksichtigung sich der Entscheid nicht mehr oder nicht mehr in der gleichen Art treffen lässt, so ist ein derart unvollständiger Sachverhalt notwendig unwahr.
Nach dem gemäss der Verkehrsauffassung üblichen Verständnis des Adressatenkreises ist die Sachverhaltsdarstellung einer Verfügung wahr und vollständig, ansonsten sich die entsprechende behördliche Entscheidung nicht darauf abstützen könnte. Der Sachverhalt einer Verfügung ist damit urkundenstrafrechtlich ex lege korrekt und vollständig.
Auskunftspflichten
Bestehen Auskunftspflichten des Rechtsunterworfenen, wie etwa in Art. 29 FINMAG, ist zu fragen, welchen Umfang sie haben und ob sie die strafrechtliche Verantwortung der Behörde für die vollständige und korrekte Abklärung des Sachverhaltes betreffen kann.
Art. 29 FINMAG
Welche Informationen eine Behörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, liegt nach der Rechtsprechung in ihrem «technischen» Ermessen,266in welches das Bundesgericht nur bei Ermessensfehlern eingreift.267Dabei wird seit den frühen 80er-Jahren der immergleiche Passus zitiert, nach welchem die Auskunftspflicht weit zu interpretieren sei, «da der präventive Beizug von genügenden und gesicherten Informationen im öffentlichen Interesse die frühzeitige Erkennung von Gesetzesverletzungen und sonstigen Missständen ermöglicht».268Massgeblich soll danach nicht die Notwendigkeit der Informationen für die Aufgabenerfüllung der Behörde sein. Genügen soll vielmehr bereits ihre Dienlichkeit, eingeschränkt lediglich durch die Verhältnismässigkeit.269
Das erscheint schon im Verwaltungsrecht als bedenklich weit, wenn es etwa bewirkt, dass auch das Einholen von Informationen über die berufliche Tätigkeit ausserhalb der beaufsichtigten Institution hinaus, zur Beurteilung der Gewähr verhältnismässig qualifiziert wird.270Auch dass der Beaufsichtigte einer Prüfgesellschaft unaufgefordert sämtliche Unterlagen zur Verfügung stellen müsse, weil sie die Vollständigkeit der überprüften Unterlagen nicht abschliessend prüfen könne,271ist irritierend.272 Art. 25 FINMAG statuiert, dass die Beaufsichtigte der Prüfgesellschaft nicht «alle Auskünfte zu erteilen und Unterlagen herauszugeben» hat, sondern eben alle Auskünfte und Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt. Wenn das Gesetz von «notwendig» spricht, kann es nicht «dienlich» meinen. Denn welche Information oder welches Dokument wäre der Aufsicht je nicht dienlich?
Art. 45 FINMAG als Strafbestimmung zu Art. 29 FINMAG?
Die merkwürdig einhellige Überdehnung der Auskunftspflicht wird ins Unzulässige und Rechtswidrige getrieben, wenn die verwaltungs- und aufsichtsrechtlichen Argumente tale quale ins Strafrecht übernommen werden wie etwa bei der Auslegung von und Rechtsprechung zu Art. 45 FINMAG.
Nach dieser Bestimmung macht sich der Verletzung strafbar, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer der in Abs. 1 genannten Stellen eine falsche Auskunft erteilt. Eine Auskunft ist falsch, wenn sie nicht der Wirklichkeit entspricht, also unwahr ist im Sinne des Urkundenstrafrechts.273
Einige Verwirrung besteht hinsichtlich der Frage, ob eine unvollständige Auskunft eine falsche Auskunft sei, wobei die Praxis auf eine leider missverständliche Stelle bei Schwob/Wohlers abstellt. Danach soll eine Auskunft auch falsch sein, «wenn zwar alle Angaben für sich gesehen richtig sind, die Auskunft aber insgesamt gesehen einen falschen Eindruck erzeugt, weil die Angaben unvollständig sind»274Das kann natürlich durchaus richtig sein, die blosse Tatsache aber, dass die Auskunft unvollständig ist, kann dazu schlicht nicht hinreichen, wie die Autoren auch klar festhalten.275
38Wenn aber das Nicht-Erteilen von Auskünften, trotz bestehender Auskunftspflicht für sich genommen Art. 45 FINMAG nicht erfüllen kann, so muss natürlich dasselbe gelten für die unvollständige Auskunft, ausser eben «die Art und Weise der Darstellung [rufe] einen verzerrten Gesamteindruck»276hervor. Im Klartext: Eine unvollständige Auskunft ist nicht per se «falsch», erfüllt also nicht per se Art. 45 FINMAG, sondern eben nur dann, wenn die erteilten Auskünfte eine (dem Betrug verwandte) Täuschung darstellen.
Unvollständig = Falsch?
Auch für Auskünfte des mitwirkungspflichtigen Rechtsunterworfenen gilt, was für die Frage unvollständiger Sachverhaltsfeststellungen durch die Behörden gilt:277Unvollständig ist nicht gleichbedeutend mit unwahr bzw. falsch. Obwohl etwa der Gesetzestext von Art. 45 FINMAG diesen Unterschied sehr deutlich anzeigt, indem er von «falscher Auskunft» spricht, behandelt die Praxis die Bestimmung so, als ob damit nicht die Täuschung der Behörde, sondern die (vollständige oder partielle) Auskunftsverweigerung unter Strafe gestellt würde.
EFD
Das EFD etwa wertet das blosse Verschweigen einer strafrechtlichen Verurteilung nicht nur als Verletzung der Meldepflicht nach Art. 29 FINMAG, sondern als falsche Auskunft nach Art. 45 FINMAG,278was in casu scheinbar gar nicht nötig gewesen wäre, weil der Beschuldigte offenbar ausdrücklich aber wahrheitswidrig bestätigt hatte, dass keine Verfahren gegen ihn hängig oder abgeschlossen waren.279
Die Verletzung der Auskunftspflicht nach Art. 29 FINMAG und das Erteilen falscher Auskünfte werden also im Wesentlichen als austauschbar behandelt.
Bundesstrafgericht
Als extrem ist wohl der Entscheid des Bundesstrafgerichts zu werten, der die vorstehend erwähnte Stelle von Schwob/Wohlers wörtlich ins Urteil aufnimmt,280ohne allerdings deren N 7 auch nur zu erwähnen, also die Tatsache, dass das blosse Nichterteilen von Auskünften straflos ist.
Unmittelbar im Anschluss an das Zitat: «Die Beaufsichtigten haben der FINMA entsprechend dem Grundsatz der Vollständigkeit sämtliche Auskünfte zu erteilen und Unterlagen einzureichen, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt.»281Das entspricht praktisch wörtlich Art. 29 FINMAG, was schlicht fehlgeht. Art. 45 FINMAG stellt nicht die Verletzung von Art. 29 FINMAG unter Strafe, sondern nur das Erteilen falscher Auskünfte. Der erwähnte Grundsatz der Vollständigkeit ist also für Art. 45 FINMAG nicht relevant.
Dass das Bundesstrafgericht unvollständige Information mit falscher Information gleichsetzt, wird auch daran deutlich, dass es unmittelbar im Anschluss an die Bemerkung zum Grundsatz der Vollständigkeit ausführt: «Ist der Tatbestand der Erteilung falscher Auskünfte einmal vollendet, entfällt er nicht durch nachträglich richtigstellende Auskünfte.»282Das ist natürlich richtig bei tatsächlich falschen Auskünften. Es ist schlicht falsch bei unvollständigen Auskünften. Die nämlich können ohne Weiteres nachträglich ergänzt bzw. vervollständigt werden.
Die unzulässige Gleichsetzung von «unvollständig» und «falsch» durchzieht den gesamten Entscheid.283So wird etwa unter dem Titel «Erteilen falscher Auskünfte (Art. 45 FINMAG)» auf Art. 29 FINMAG verwiesen,284ganz so, als ob sich daraus etwas für den Begriff der falschen Auskünfte gewinnen liesse, oder es werden die beiden Begriffe schlicht gleichgesetzt: «Die Auskunftserteilung war somit nicht vollständig und daher falsch.»285
Bundesgericht
Leider gilt nichts anderes vom Bundesgericht: Der Umfang der Auskunftspflicht soll nach Ansicht des Bundesgerichts – obwohl wir uns im Strafrecht befinden (!) – «technischem Ermessen» unterliegen.286
Auch hier – im Strafrecht also – sollen die weiten verwaltungsrechtlichen Kategorien gelten: «Zwar sollen sich die Auskünfte und die Herausgabe von Unterlagen auf das beschränken, was zur Erfüllung der Aufsichtstätigkeit erforderlich ist. Im Zweifelsfall wird indessen der Umfang der Auskunftspflicht weit interpretiert, da der präventive Beizug von genügenden und gesicherten Informationen im öffentlichen Interesse die frühzeitige Erkennung von Gesetzesverletzungen und sonstigen Missständen ermöglicht (BGE 126 II 111 E. 3b, mit Hinweisen). Vorausgesetzt ist demnach nicht eine strenge Notwendigkeit zur Aufgabenerfüllung durch die FINMA. Es genügt vielmehr, dass die Information dafür dienlich ist und das Ersuchen sich im Rahmen der Verhältnismässigkeit hält».287Das überrascht doch ausserordentlich. Das Bundesgericht zitiert für die 39Auslegung, was eine falsche Auskunft sei, öffentlich-rechtliche Prinzipien, Entscheide und Literatur.
Wir sind im Strafrecht, d.h. je weiter die Auskunftspflicht verstanden wird, desto grösser ist auch die Wahrscheinlichkeit ihrer Verletzung und damit der Strafbarkeit. Indem das Bundesgericht die beinahe grenzenlosen aufsichtsrechtlichen Begriffe übernimmt und sie ins Strafrecht überträgt, vertritt es also eine möglichst weite
Indem das Bundesgericht die beinahe grenzenlosen aufsichtsrechtlichen Begriffe übernimmt und sie ins Strafrecht überträgt, vertritt es also eine möglichst weite Auslegung von Strafnormen.
Die unzulässige Gleichsetzung von «falscher» und «unvollständiger» Auskunft ist ganz offensichtlich, wenn das Bundesgericht formuliert: «[D]ie FINMA habe als Adressatin des Schreibens der A. Ltd. aufgrund der falschen Inhaltsbezeichnung annehmen müssen, die Beilagen seien vollständig.»288
Das ist schlicht nicht die relevante Frage. Das wird ganz offensichtlich, wenn der Sachverhalt bedacht wird: «In Bezug auf das Schreiben vom 16. Juni 2009 […] steht
fest, dass die FINMA von der A. Ltd. unter Beilage der „nötigen Beweisunterlagen (Kundendossiers, Kontoauszüge, Kundenliste usw.)“ Auskunft über die Anzahl Kunden verlangte, für welche diese
Konten führte. In ihrer Antwort vom 6. Juli 2009 führte der Beschwerdeführer wahrheitsgemäss aus, dass die A. Ltd. für insgesamt drei Kunden ein Konto führe. Es ist indes unbestritten, dass den
Kundendossiers die Anhänge bezüglich der effektiven Zinskonditionen nicht beigelegt waren, sodass ein Teil der vertraglichen Vereinbarungen fehlte, ohne dass darauf hingewiesen worden
wäre.»289Belegt hat das Gericht damit, dass die Information unvollständig war, nicht mehr. Das aber ist
nach Art. 45 FINMAG schlicht nicht strafbar.
Ein Verständnis der Strafnorm Art. 45 FINMAG aber, das auf die verwaltungs- bzw. aufsichtsrechtliche Bestimmung von Art. 29 FINMAG abstellt, kann vor dem Hintergrund von Art. 1 StGB schlicht nicht richtig sein.
Die fragliche Strafbestimmung (Art. 45 FINMAG) erfasst die Erteilung falscher Auskünfte, nicht das blosse Verweigern von Auskünften, das mit gutem Grund nicht strafbar ist.290Es ist also fraglos unzulässig, (1) erst die Auskunftspflicht nach Art. 25 FINMAG von den «notwendigen» auf die «dienlichen» Informationen auszuweiten, und (2) hernach jede Unvollständigkeit als «Falschauskunft» i.S.v. Art. 45 FINMAG zu qualifizieren. Das widerspricht ganz offensichtlich dem Gesetz. Auch bei aufsichtsfreundlichster Auslegung kann das Erteilen unvollständiger Auskünfte nicht grundsätzlich als Erteilen falscher Auskünfte verstanden werden.
Zur Bestimmung des Gehaltes von Art. 45 FINMAG kann die verwaltungs- bzw. aufsichtsrechtliche extrem weite Auslegung von Art. 29 FINMAG schlicht nicht genügen. Ob der «präventive Beizug von genügenden und gesicherten Informationen im öffentlichen Interesse die frühzeitige Erkennung von Gesetzesverletzungen und sonstigen Missständen ermöglicht»291oder nicht, mag eine verwaltungsrechtlich akzeptable Frage sein, sie kann aber den Gehalt einer Strafnorm schlicht nicht bestimmen.
Eine Auslegung der Strafnorm von Art. 45 FINMAG, die auf den praktisch unbeschränkten Anwendungsbereich der aufsichtsrechtlichen Norm von Art. 29 FINMAG abstellt, deren Gehalt zudem von notwendigen auf dienliche Informationen ausgeweitet wird, ist in höchstem Masse unbestimmt und widerspricht nicht nur dem Wortlaut von Art. 45 FINMAG selbst, sondern auch Art. 1 StGB und schliesslich auch dem Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung.
40Unvollständige Informationen können nur dann «falsche» Informationen sein, wenn sie zusammengenommen einen irreführenden und daher falschen Eindruck erwecken. Die Vollständigkeit der Informationen für sich alleine oder der Eindruck der Vollständigkeit sind dabei nicht relevant, und zwar auch dort nicht, wo sie nicht der Wirklichkeit entsprechen, denn – wie erwähnt – nicht das Erteilen unvollständiger, sondern nur dasjenige von falschen Auskünften wird mit Strafe bedroht.292
Dass falsche und unvollständige Auskünfte nicht dasselbe sein können, ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut von Art. 45 FINMAG und der fundamentalen Unterscheidung von einerseits Verwaltungsverfahren und andererseits Strafverfahren, sondern auch aus der Unterscheidung von Begehung und Unterlassung. Falsche Auskünfte zu geben, ist eine Begehung. Unvollständige Auskünfte zu geben, ist eine Unterlassung, die – sofern das gewollt wäre – auch als echtes Unterlassungsdelikt formuliert werden müsste, was der Gesetzgeber ja tun kann. Wenn aber Art. 29 FINMAG tatsächlich die Basis von Art. 45 FINMAG bildete, so ist nicht erkennbar, warum die Strafnorm von «falschen» Auskünften spricht. Weil Art. 29 FINMAG, ausser der Verhältnismässigkeit, praktisch keine materielle Grenze kennt, würde – angesichts dessen, dass Art. 45 FINMAG auch bei fahrlässiger Begehung anwendbar ist,– eine praktisch grenzenlose Strafbarkeit geschaffen. Zudem würde jegliche erteilte Auskunft – weil sie immer unter Strafandrohung erfolgte – strafprozessual unverwertbar sein.293
Vollständigkeitserklärung
Vollständigkeitserklärungen gegenüber einem Untersuchungsbeauftragten dienen der Abgrenzung von Verantwortlichkeiten. Sie tragen keinen Urkundencharakter und genügen auch nicht zum Sorgfaltsnachweis des Beauftragten.294
Wird die Vollständigkeitserklärung mit dem Hinweis auf Art. 45 FINMAG verknüpft, so ist das zumindest grob irreführend und grenzt an eine Nötigung. Wird wahrheitswidrig eine Vollständigkeitserklärung abgegeben, so ist diese Erklärung gerade keine falsche Auskunft i.S.v. Art. 45 FINMAG. Wäre sie es, so liesse sich die gesetzliche Beschränkung in Art. 45 FINMAG auf «falsche Auskünfte» einfach umgehen und unzulässigerweise auf «unvollständige Auskünfte» erweitern. Das ist strafrechtlich nicht zulässig.
Ein einfaches Beispiel mag genügen: Fragt die FINMA nach der Farbe der Socken des Betroffenen, so stellt keine denkbare Antwort je eine falsche Auskunft i.S.v. Art. 45 FINMAG dar, obwohl die erteilte Auskunft vielleicht unwahr ist. Nicht die FINMA hat einen Informationsanspruch, die Beaufsichtigte hat eine verwaltungsrechtliche Informationspflicht (Art. 29 FINMAG). Die Verletzung dieser Pflicht ist – wie immer im Verwaltungsverfahren – nicht strafbar und ihre Einhaltung auch nicht erzwingbar. Sie kann aber – auch dies wie immer im Verwaltungsverfahren – bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden. Art. 45 FINMAG ist demgegenüber eine Strafnorm. Sie bedroht daher – wie immer in Strafverfahren – gerade nicht die Verletzung einer Auskunftspflicht mit Strafe (was die so erlangten Informationen ja unverwertbar werden liesse),295sondern die Täuschung der Behörden mittels falscher Auskünfte.
Die Umschreibung Terlindens ist daher zwar richtig, führt aber sehr leicht zu Missverständnissen: «Die einzige Wirkung der Einholung einer Vollständigkeitserklärung wird sein, dass den Verantwortlichen mit ihrer Unterzeichnung die Strafandrohung für falsche Auskünfte gegenüber FINMA-Beauftragten (Art. 45 FINMAG) und die Folgen ihres unkooperativen Verhaltens bei der Beweiswürdigung durch die Aufsichtsbehörde bewusst werden.»296Durch den Hinweis auf Art. 45 FINMAG wird der Beaufsichtigte nämlich an eine Strafnorm erinnert, die mit der Vollständigkeitserklärung gerade nichts zu tun hat und die er – entgegen seinem möglichen Eindruck – durch das wahrheitswidrige Unterzeichnen der Vollständigkeitserklärung gerade nicht erfüllt.297
Dass eine unwahre Vollständigkeitserklärung für die Beweiswürdigung durch die FINMA und für die Frage der Gewähr des Beaufsichtigten wesentlich sein kann, ändert an der strafrechtlichen Irrelevanz nichts, so dass der ausdrückliche Hinweis auf eine mit der Vollständigkeitserklärung nicht in Zusammenhang stehende Strafbestimmung zweifellos als irreführend, wenn nicht nötigend (i.S.v. Art. 181 StGB) zu qualifizieren ist.
Ergebnis
Auch wo der Rechtsunterworfene auskunftspflichtig ist (z.B. der Beaufsichtigte der FINMA gegenüber), kann die Behörde (z.B. die FINMA) von sich aus Auskünfte 41einholen.298Die Entscheidung darüber, welchen Sachverhalt die Behörde ermitteln und erstellen will, liegt in ihrer Kompetenz und sie trägt auch die Verantwortung für diese Entscheidgrundlage.299Kommt ein Auskunftspflichtiger seiner Auskunftspflicht nicht nach, so hat er für einen unvollständigen Sachverhalt die verwaltungs- und ggf. aufsichtsrechtlichen Konsequenzen zu tragen. Weil es die Behörde bzw. ihr konkretes Mitglied ist, welche die Verfügung und die darin enthaltenen Sachverhaltsfeststellungen herstellen, sind sie es auch, die damit urkundenstrafrechtlich verantwortlich werden.
Eventuell bestehende Auskunftspflichten oder eingeholte Vollständigkeitserklärungen des Rechtsunterworfenen vermögen an der Tatsache, dass es alleine die Behörde ist, die eine Urkunde herstellt, nichts zu ändern. Fraglich bleibt einzig, ob subjektive Tatbestandsmerkmale fehlen (Vorsatz, Fahrlässigkeit). Das Verhalten des Auskunftspflichtigen müsste dazu aber so beschaffen sein, dass es die Behörde tatsächlich täuschte, weshalb ihr kein Vorsatz bzw. keine pflichtwidrige Unsorgfalt vorgeworfen werden können.
Auskunftspflicht und Zwang
Schliesslich ist die Frage anzusprechen, was gilt, wenn zur Beschaffung von Beweisen Zwang ausgeübt wird. Dabei ist primär zwischen dem Betroffenen selbst und Dritten zu unterscheiden. Dritte unterliegen u.U. Mitwirkungspflichten z.B. als Zeugen. Nach Art. 15 VwVG ist jeder zeugnispflichtig (mit den üblichen Ausnahmen in Art. 16 VwVG). Die Erfüllung dieser Pflicht kann zwar nicht erzwungen werden. Es kann aber ihre Verletzung dort, wo kein Zeugnisverweigerungsrecht besteht, mit Strafe (Haft bis zu zehn Tagen oder Busse bis zu 300 Franken: Art. 44 Abs. 3 BZP) belegt werden (Art. 19 VwVG i.V.m. Art. 44 Abs. 3, 51 Abs. 3 und 55 Abs. 2 BZP).
Anderes gilt demgegenüber für die Beschaffung von Beweisen hinsichtlich des Betroffenen. Hier stehen der Behörde grundsätzlich keine Zwangsmittel zur Verfügung,300umgekehrt besteht auch keine Unschuldsvermutung.301
Unzutreffend ist die vereinzelt anzutreffende Behauptung, gesetzlich statuierte Mitwirkungspflichten des Betroffenen könnten durch Androhung von Strafe nach Art. 292 StGB «erzwungen» werden.302Zum einen «erzwingt» eine Strafe nichts, sie setzt nichts durch, sondern reagiert auf eine Regelverletzung. Zum anderen aber kann – wie bereits erwähnt303– eine gesetzlich statuierte Pflicht, deren Verletzung der Gesetzgeber nicht mit einer Sanktion bedroht, von den Behörden nicht einfach dadurch in eine Strafnorm verwandelt werden, dass sie diese Norm anwendet bzw. feststellt, dass eine gesetzliche Pflicht bestehe. Damit masst sie sich notwendig Gesetzgebungs- und Strafkompetenzen an, die ihr nicht zustehen. Durch die Feststellung des Bestehens einer unbestrittenen Rechtspflicht lässt sich kein Nachteil abwenden und es lassen sich dadurch keine Dispositionen treffen, die ohne die Feststellungsverfügung nicht möglich wären,304ausser eben die Strafandrohung bzw. Bestrafung des Betroffenen und nur sie. Das Einzige, das sich bei einer gesetzlich statuierten, aber nicht mit Sanktionen bedrohten Pflicht durch die Androhung einer Strafe nach Art. 292 StGB ändert, ist mithin, dass aus einer gesetzlichen Pflicht eine Strafbestimmung wird. Das aber steht der Verwaltung ganz offensichtlich nicht zu.
Der Verletzung einer bestehenden Mitwirkungspflicht durch den Betroffenen kann aber im Rahmen der Beweiswürdigung Rechnung getragen werden.305Das stellt zwar einen erheblichen indirekten, aber eben keinen direkten Zwang dar.306Verfügt die Behörde aber über Mittel des direkten Zwanges, kommen also Zwangsmittel oder repressive Massnahmen zum Einsatz, so liegt auch die Beweislast bei ihr, es gilt auch hier also die Unschuldsvermutung. Der Grundsatz bezieht sich auf die Tatsachenfeststellung, und regelt die Beweislast.307Einfach und verkürzt: Wer aus einer Tatsache Rechte ableitet, trägt dafür die Beweislast (Art. 8 ZGB).
Auskunftspflichten führen zu einer komplexen Gemengelage. Im Bereich des Finanzmarktes etwa statuiert Art. 29 FINMAG – wie eben erwähnt – eine Auskunfts- und Meldepflicht für die «Beaufsichtigen, ihre Prüfgesellschaften und Revisionsstellen sowie qualifiziert oder massgebend an den Beaufsichtigten beteiligte Personen und Unternehmen». Die Strafnorm von Art. 45 FINMAG stellt aber nur das Erteilen falscher Auskünfte unter Strafe, während das schlichte Verweigern der Auskunft nicht davon erfasst wird.308
Zwar wird die Verletzung von Melde- bzw. Mitteilungspflichten in einzelnen Finanzmarkterlassen mit Strafe bedroht (so etwa Art. 49 Abs. 1 lit. b BankG; Art. 37 GwG 42oder Art. 86 Abs. 1 lit. b VAG), doch betrifft das eben nur die Melde-, nicht aber die Auskunftspflicht. Auch das FinfraG statuiert in Art. 146 eine Auskunftspflicht gegenüber der FINMA, doch wird auch hier diese Pflicht, anders als eine Verletzung der Meldepflicht, nicht mit Strafe bedroht (vgl. Art. 149 und 151 FinfraG).
Ob den Betroffenen eine Pflicht zur Auskunft oder Mitwirkung trifft oder nicht, ist einer der zentralen Unterschiede zwischen Verwaltungsverfahren einerseits und Straf- und Verwaltungsstrafverfahren andererseits. Ganz einheitlich und unterschiedslos aber wird in allen drei Verfahrensordnungen konsequent darauf verzichtet, die Auskunft bzw. Mitwirkung des Betroffenen zu erzwingen. Das ist selbstverständlich, wo ihn keine Mitwirkungspflicht trifft. Es gilt aber auch dort, wo entsprechende Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten bestehen. Das ist völlig konsistent mit der Optik eines Verwaltungsverfahrens, wo zur Beweiserlangung bzw. dem Betroffenen gegenüber typischerweise keine unmittelbaren Zwangsmassnahmen bestehen.
Unmittelbarer Zwang dem Betroffenen gegenüber transformiert das Verwaltungsverfahren notwendigerweise in einen prozessualen Bastard. Anders als im Verwaltungsverfahren bestehen im Strafverfahren zwar Zwangsmassnahmen (wie Hausdurchsuchung etc.) auch dem Betroffenen gegenüber, sie dienen aber gerade nicht der Erzwingung seiner Mitwirkung, sondern sollen sie ersetzen. Die Untersuchungshaft etwa zielt nicht auf Mitwirkung ab, sondern auf Sicherung des Verfahrens (möglicherweise gar gegen die Intervention des Betroffenen). Dieser Sachlage entsprechend dürfen Informationen, die durch Zwang vom Betroffenen erlangt worden sind, in einem Strafverfahren nicht gegen ihn verwendet werden.309Würde in einem Verwaltungsverfahren Zwang zur Durchsetzung der Mitwirkungspflicht des Betroffenen eingesetzt, so ruiniert das die Verwertbarkeit der auf diese Weise erlangten Beweismittel für ein mögliches Strafverfahren. Die Unschuldsvermutung, die das Gegenstück bildet zum Bestehen von Zwangsmitteln, führt dazu, dass der Betroffene trotz Zwanges die Auskunft verweigern kann, dies aber nicht zu seinen Ungunsten berücksichtigt werden darf.
Immer wieder versuchen Behörden, diese zentrale Differenz zu umgehen, indem sie den Sachverhalt zwar mithilfe von Mitwirkungspflichten erstellen (lassen), die so gewonnenen Informationen dann aber (trotz des Verbotes des Zwanges zur Selbstbelastung) strafprozessual verwenden.310Im Steuerrecht ist die Schweiz deshalb bereits mehrfach vom EGMR verurteilt worden311und hat – nach langem Zögern – ihr Steuerrecht angepasst.
Diese Einsicht besteht indes nicht überall. So versucht etwa die FINMA die Tatsache, die eben dargestellte Straflosigkeit der Verletzung der Auskunftspflicht dadurch zu umgehen, dass sie die Beaufsichtigten per superprovisorischer Verfügung zur Auskunft verpflichtet und ihre Verfügung mit der Strafdrohung nach Art. 48 FINMAG verknüpft, einer Art lex specialis zu Art. 292 StGB. Das kann natürlich nicht richtig sein, schon weil die Verfügung zum Zeitpunkt ihres Erlasses nicht rechtskräftig ist. Selbst eine rechtskräftige Verfügung aber böte
Zur Auflockerung des Textflusses unterbrechen prägnante Zitate den Text.
43Wäre dieses Vorgehen richtig, so würde sich sofort nicht nur die Frage stellen, warum Art. 45 FINMAG die Strafbarkeit auf das Erteilen falscher Auskünfte beschränkt, sondern auch, warum es überhaupt andere Strafbestimmungen enthält. Sie wären ja offensichtlich unnötig. Art. 48 FINMAG ist alles andere als eine Blankettstrafnorm. Eine Aussagepflicht mittels Verfügungen erzwingen zu wollen, die sich auf eine Strafdrohung stützen, ist fraglos rechtswidrig. Vielmehr stellt bereits der Hinweis auf mögliche Straffolgen nach Art. 45 FINMAG gegenüber einem Beaufsichtigten zur Erzwingung von Auskünften ggf. gar eine Nötigung i.S.v. Art. 181 StGB dar.
Das lässt sich auch nicht dadurch vermeiden, dass der Betroffene eine Erklärung unterzeichnen muss, nach der er alle gestellten Fragen wahrheitsgetreu und vollständig beantwortet habe und er «ausdrücklich» auf die Strafbestimmung von Art. 45 FINMAG hingewiesen wird (sog. Vollständigkeitserklärung). Wie erwähnt312bedroht diese Norm nur das Erteilen falscher Auskünfte mit Strafe, nicht aber die Auskunftsverweigerung. Gibt der Beaufsichtigte Auskunft, aber nicht vollständig, so stellt das nur dann eine falsche Auskunft i.S.v. Art. 45 FINMAG dar, wenn seine Auskünfte einen inhaltlich falschen Eindruck erwecken und nicht bloss den falschen Eindruck der Vollständigkeit.
Ergänzende Fragen und Ergebnis
Bestehen von Rechtsmitteln
Leicht könnte man auf den Gedanken verfallen, die Tatsache, dass gegen die Verfügung die Möglichkeit der Beschwerde bzw. der Einsprache besteht, vermöchte etwas an der rechtlichen Bedeutung der im Sachverhalt der Verfügung festgestellten Tatsachen zu ändern, doch geht das fehl.
Zum einen sind für die Urkundenqualität nicht Beweiskraft313oder Rechtswirkung der Urkunde massgeblich, sondern die blosse Frage, ob die in der Urkunde enthaltenen Tatsachen von rechtlicher Bedeutung sind, und ob die Urkunde zu ihrem Beweis bestimmt und geeignet ist. Die Beweiskraft bleibt unbeachtlich und eine evtl. Täuschung eines anderen wird nicht vom Urkundenstrafrecht erfasst, sondern von anderen Straftatbeständen, wie z.B. dem Betrug (Art. 146 StGB).
Zum anderen ist die hier interessierende Feststellung des Sachverhaltes – wie vorstehend bereits erwähnt – in allen drei Verfahrensordnungen nicht separat, sondern nur zusammen mit der Verfügung bzw. konkreten Entscheidung der Behörde. Das ist durchaus einsichtig, denn bevor an die Sachverhaltsfeststellung rechtliche Konsequenzen geknüpft werden, ist sie eben rechtlich meist auch nicht relevant, weshalb ihr zumeist die Urkundenqualität abgeht. Umgekehrt zeigt gerade die Tatsache, dass eine Behörde an genau diesen Sachverhalt ihre Entscheidung knüpft, seine rechtliche Bedeutung. Die Sachverhaltsfeststellungen einer Verfügung bilden integralen Teil davon.
Sofern man (korrekt) argumentiert, dass Sachverhaltsfeststellungen urkundenstrafrechtlich nicht erheblich sind, bevor nicht eine behördliche Entscheidung (die Verfügung) Rechtsfolgen daran knüpft, so kann man logisch konsistent nicht gleichzeitig vertreten, dass die Sachverhaltsfeststellungen einer Verfügung rechtlich bedeutungslos seien, wenn gegen die Verfügung ein Rechtsmittel besteht. Wollte man das nämlich tun, so käme den Sachverhaltsfeststellungen (die die Grundlage und Basis der Rechtsentscheidung bilden) überhaupt nie rechtliche Bedeutung zu. Das kann nicht richtig sein.
Dass gegen die Sachverhaltsfeststellung erst zusammen mit der daran anknüpfenden Behördenentscheidung ein Rechtsmittel besteht, belegt vielmehr ihre rechtliche Bedeutung und ihre enge Verknüpfung mit der Entscheidung. Eine Verfügung nämlich (also die Entscheidung einer Behörde) ist losgelöst vom Sachverhalt gar nicht wirklich anfechtbar, weil nicht überprüfbar. Sachverhalt und behördliche Entscheidung stellen zwei Aspekte derselben Sache dar. Der Verfügung aber kommt bereits mit ihrem Erlass rechtliche Bedeutung zu, also bevor sie rechtskräftig wird. Das zeigt sich etwa daran, dass sie ohne Weiteres rechtskräftig wird, sofern dagegen kein Rechtsmittel ergriffen, keine Einsprache erhoben wird. Es kann aber eine Schrift nicht durch blossen Zeitablauf (Ablauf der Einsprache- bzw. Beschwerdefrist) Urkundenqualität erlangen.
Eine weitere Überlegung führt zum selben Resultat: Nach der Praxis des Bundesgerichts soll ein Strafbescheid gemäss Art. 64 VStrR einem Strafbefehl gemäss Art. 352 ff. StPO entsprechen und die Strafverfügung gemäss Art. 70 VStrR soll einem erstinstanzlichen
Urteil entsprechen (Art. 351 StPO).314Das ist natürlich falsch,315weil
441. ein Strafbefehl nicht auf summarischer Grundlage getroffen werden kann,316denn er mutiert ja mangels Einsprache zu einem rechtskräftigen Urteil (Art. 354 Abs. 3 StPO), selbst wenn man aber solches für den Strafbescheid vertreten
wollte,
Unabhängig aber davon, ob man der höchst zweifelhaften Praxis des Bundesgerichts folgen mag oder nicht,318bleibt vorliegend aber einzig relevant, dass das Bundesgericht an den Erlass einer Strafverfügung rechtliche Folgen knüpft (Unmöglichkeit der Verjährung nach Art. 97 Abs. 3 StGB) und zwar unabhängig von einem eventuell eingereichten Begehren um gerichtliche Beurteilung (Art. 72 VStrR). Und das bedeutet, dass eine Verfügung rechtliche Wirkungen entfaltet unabhängig von ihrer Rechtskraft. Was aber für die in der Verfügung getroffene behördliche Entscheidung gilt, muss – weil die Sachverhaltsfeststellungen damit untrennbar verknüpft sind – auch für die Sachverhaltsfeststellungen gelten, auf welche die Entscheidung abstellt.
Dass nach Art. 49 lit. b VwVG, Art. 28 Abs. 2 VStrR und (im ordentlichen Strafverfahren) Art. 393 Abs. 2 lit. b StPO die Möglichkeit besteht, unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes zu rügen, ändert nichts an der Tatsache, dass die Sachverhaltsfeststellungen von rechtlicher Bedeutung sind. Diese Feststellungen sind zum einen geeignet zum Beweis, dass die Behörde genau diesen Sachverhalt für wahr, vollständig und relevant erachtet, da sie ja ihre Verfügung darauf abstützt. Sie sind aber darüber hinaus auch geeignet, den Sachverhalt selbst zu beweisen: Selbst nachdem ein Rechtsmittel ergriffen wurde und ggf. die Rechtsmittelinstanz sogar den Sachverhalt korrigiert hat, bleiben die Sachverhaltsfeststellungen einer Verfügung beweistauglich. Urkundenstrafrechtlich ist nicht die Beweiskraft einer Schrift massgeblich, sondern die Tatsache, dass sie grundsätzlich geeignet ist, zum Beweis der fraglichen Tatsachen etwas beizutragen. Es ist aber rechtlich eben nicht irrelevant, dass eine Behörde einen spezifischen Sachverhalt festgestellt hat.
An der Urkundenqualität einer Verfügung ändert sich daher nichts, wenn dagegen ein Rechtsmittel erhoben wird. Wollte man das Gegenteil vertreten, so müsste man davon ausgehen, dass Schriften mit dem Zeitablauf ihre Urkundenqualität einbüssen können bzw. nur zeitweise Urkunden sein können. Ein Zugbillet büsst seine Urkundenqualität aber nicht deshalb ein, weil es abgelaufen ist, eine Briefmarke die ihrige nicht, wenn sie benutzt wurde. In beiden Fällen belegen die Schriftstücke bzw. Beweiszeichen, dass eine entsprechende Berechtigung
Ein Zugbillet büsst seine Urkundenqualität aber nicht deshalb ein, weil es abgelaufen ist, eine Briefmarke die ihrige nicht, wenn sie benutzt wurde.
aber eben keineswegs immer, wie die beiden Beispiele zeigen (Belege einer Buchhaltung; Belege für steuerrelevanten Aufwand).
45Dasselbe gilt hinsichtlich einer Verfügung: Wird eine Verfügung erlassen, so wird damit eine Urkunde i.S.v. Art. 110 Abs. 4 StGB geschaffen. Ihre Urkundenqualität verliert die Verfügung nicht, wenn dagegen ein Rechtsmittel ergriffen bzw. Einsprache erhoben wird. Auch nach diesem Zeitpunkt ist die Verfügung zum Beweis geeignet, auf welchen Sachverhalt sich die Behörde bei Erlass gestützt hat. Gerade dass die Verfügung wegen unrichtiger oder unvollständiger Sachverhaltsfeststellungen angefochten werden kann, belegt die rechtliche Erheblichkeit dieser Feststellungen. Keines der Elemente des strafrechtlichen Urkundenbegriffs fällt durch die Ergreifung eines Rechtsmittels dahin.
Sind die Sachverhaltsfeststellungen in der Verfügung unrichtig und weiss die Behörde das oder müsste sie es wissen, so stellt sie vorsätzlich oder fahrlässig eine unwahre Urkunde her. Das lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass dem Betroffenen eine Beschwerdemöglichkeiten offenstehe. Denn nicht der Betroffene hat die Falschbeurkundung zu verantworten, nicht er stellt eine unwahre Urkunde her, sondern eben die Behörde. Weiss die Behörde oder müsste sie wissen, dass der Sachverhalt, auf den sie ihre Verfügung stützt, unwahr ist, so handelt sie nicht, wie das Gesetz es gebietet oder erlaubt. Das Herstellen einer unwahren Urkunde durch die Behörde lässt sich mithin nicht durch Berufs- und Amtspflichten gemäss Art. 14 StGB rechtfertigen.
Damit ergibt sich: Ob gegen eine Verfügung eine Beschwerde oder eine Einsprache möglich sind, vermag an ihrer Urkundenqualität ebensowenig zu ändern, wie eine dagegen eingereichte Beschwerde oder eine dagegen erhobene Einsprache.
Ergebnis
Objektiver Tatbestand
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass eine Verfügung, die einen unwahren Sachverhalt enthält, auf den sie sich stützt, eine unwahre Urkunde im Sinne des Urkundenstrafrechts darstellt.
Erlässt eine Behörde eine derartige Verfügung, so erfüllt sie damit alle objektiven Tatbestandselemente einer Falschbeurkundung im Amt i.S.v. Art. 317 StGB.
Subjektiver Tatbestand
Die Urkundenfälschung (Art. 251 StGB) verlangt Vorsatz und die Absicht, jemanden am Vermögen oder anderen Rechten zu schädigen oder sich oder einem anderen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen (Art. 251).
Art. 317 StGB dagegen verlangt Vorsatz oder Fahrlässigkeit (Art. 317 StGB), aber neben Vorsatz oder Fahrlässigkeit weder Vorteils- noch Schädigungsabsicht.
Vertreten wird teilweise, dass Art. 317 StGB eine (ungeschriebene) Täuschungsabsicht voraussetze.319Das erscheint indes nicht unproblematisch, denn ein solches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist einerseits obsolet, andererseits sinn- und systemwidrig. Bei vorsätzlichem Verhalten ist es obsolet, weil sich nach h.M. die Täuschungsabsicht bereits aus der Tatsache ergibt, dass der Täter die Urkunde (d.h. in casu den Sachverhalt) als wahr verwenden will, und der täuschende Gebrauch darin liegt, dass sie in den Rechtsverkehr gebracht wird.320Wenn sich aber die Täuschungsabsicht bereits «notwendigerweise aus dem Willen des Täters» ergibt, «die Urkunde als wahr zu verwenden»,321dann liegt sie bei vorsätzlichem Handeln immer vor. Handelt die Behörde vorsätzlich, so will sie den unwahren Sachverhalt nicht nur als wahr verwenden, sondern sie tut dies durch seine Aufnahme in ihre Verfügung auch. Ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Täuschungsabsicht bringt daher bei vorsätzlichem Verhalten zwar keine Nachteile, aber eben auch keine Vorteile (weil es ohnehin immer erfüllt ist).
Anders bei Fahrlässigkeit: Pflichtwidrig unsorgfältiges Verhalten kann nicht von einer Absicht getragen sein. Die Forderung eines ungeschriebenen Merkmals einer Absicht kann sich ganz offensichtlich nur auf die gemeine Urkundenfälschung bzw. Falschbeurkundung nach Art. 251 StGB beziehen, denn Absichten bestehen bei fahrlässigem Verhalten eben nicht.
Das ist auch kongruent mit der Struktur von Art. 317 StGB: Die Bestimmung unterscheidet vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten nur im Strafmass. Sie verlangt aber (anders als Art. 251 StGB) gerade keine Absichten, im Unterschied zu Art. 251 StGB also weder Vorteils- noch Schädigungsabsichten. Es können daher Absichten selbst bei vorsätzlichem Handeln keine ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale bilden. Umso mehr muss dies gelten für fahrlässiges Verhalten i.S.v. Art. 317 Ziff. 2 StGB.
Das Vorliegen von Vorsatz und Fahrlässigkeit lässt sich abstrakt nicht feststellen. Gilt die rechtmässige Vornahme 46von Prüfungs- oder Feststellungshandlungen als mitbeurkundet, wo eine Prüfpflicht besteht,322was nach der Untersuchungsmaxime auf Verfügungen zutrifft, ist nur schwer vorstellbar, dass entsprechendes Verhalten der Behörden, da eben sorgfaltspflichtwidrig, nicht fahrlässig wäre.
Ob nicht sogar Vorsatz zumindest Eventualvorsatz vorliegt, also wenn nicht Billigung der Unwahrheit der Urkunde, so doch Gleichgültigkeit, ist naturgemäss noch schwieriger in abstracto festzustellen. Immerhin lässt sich wohl sagen, dass dort, wo die Behörde vom Betroffenen, seiner Rechtsvertretung oder von Seite Dritter ausdrücklich auf bestehende Beweismittel und Erkenntnisse hingewiesen worden ist, kaum blosse Unsorgfalt vorliegen wird, wenn diese Beweismittel und Erkenntnisse z.B. als Folge antizipierter Beweiswürdigung nicht in die Feststellung des Sachverhaltes einfliessen oder gänzlich unberücksichtigt bleiben.323Gleiches muss, nur umso stärker, gelten, wo Beweismittel bestehen oder sich gar bei den behördlichen Akten befinden, die Behörde aber nicht darauf abstellt oder ohne Begründung davon abweicht und Tatsachenannahmen trifft, die ihnen widersprechen.
Behörden geniessen eine besondere Vertrauensstellung,324weil ihnen sorgfältiges und rechtskonformes Handeln obliegt. Aus dem Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung325ergibt sich, dass sich die Rechtsunterworfenen grundsätzlich darauf verlassen dürfen, dass die Verwaltung Recht und Gesetz einhält und behördliche Schriftstücke der Wahrheit entsprechen. Anders als bei Schriftstücken, die von Privaten ausgestellt wurden, besteht daher bei behördlichen Dokumenten grundsätzlich die Vermutung ihrer Richtigkeit. Enthält daher eine Verfügung – ausnahmsweise und wider Erwarten – einen unwahren Sachverhalt, so besteht hinsichtlich der Frage einer Falschbeurkundung zumindest ein erheblicher Anfangsverdacht pflichtwidriger Unsorgfalt, also fahrlässigen Verhaltens, in vielen Fällen gar Eventualvorsatz (also Gleichgültigkeit der Unwahrheit gegenüber).
Verhältnis zum Amtsmissbrauch (Art. 312 StGB)
Art. 312 StGB bedroht u.a. den Missbrauch der Amtsgewalt zum Nachteil eines anderen mit Strafe. Art. 317 Abs. 2 StGB verlangt zwar keine derartige Auswirkung, sondern erfasst die Herstellung einer unwahren Urkunde überhaupt, es ist aber ohne Weiteres vorstellbar, dass die Falschbeurkundung im Amt einem Anderen einen Nachteil zufügt. Eine unwahre Sachverhaltsfeststellung in einer Verfügung wird wohl häufig jemandem einen Nachteil zufügen, insbesondere dem von der Verfügung direkt Betroffenen.
Weil Art. 312 StGB anders als Art. 317 StGB nur das vorsätzliche Verhalten unter Strafe stellt, ist nur für den Bereich des Vorsatzes ein sich überschneidender Anwendungsbereich der beiden Normen vorstellbar. Stützt sich aber eine Verfügung auf einen unwahren oder unvollständigen Sachverhalt und weiss das der Beamte oder nimmt es billigend in Kauf, so ist vorsätzliche Falschbeurkundung im Amt nach Art. 317 StGB zu bejahen. Gleichzeitig wird der Täter damit dem Betroffenen regelmässig einen Nachteil im Sinne von Art. 312 StGB zufügen, weshalb auch Art. 312 StGB erfüllt ist. Entsprechend ist nach der Konkurrenz der beiden Bestimmungen zu fragen.
Sind sowohl Art. 312 als auch Art. 317 StGB erfüllt (was nur bei vorsätzlicher Begehung überhaupt möglich ist), so könnte man vermuten, Art. 317 StGB sei lex specialis zu Art. 312 StGB, doch ist das Verhältnis der Bestimmungen alles andere als klar. Die Lehre äussert sich dazu nicht.326Die ältere Lehre vertritt meist die Meinung, Art. 312 StGB sei lex generalis im Verhältnis zu den übrigen Amtsdelikten, die jeweils vorgingen, ohne dass allerdings Art. 317 StGB erwähnt würde.327Nach der neueren Lehre dagegen steht Art. 312 StGB entweder in Konkurrenz zu den übrigen Amtsdelikten oder geht ihnen gar vor,328auch dies typischerweise ohne Art. 317 StGB zu erwähnen.329Für diese Position wird etwa vorgebracht, dass man die Gebührenüberforderung nach Art. 313 StGB, die immerhin eine gewinnsüchtige Absicht fordert, als Privilegierung (3 Jahre Freiheitsentzug) gegenüber Art. 312 StGB (5 Jahre Freiheitsentzug) verstehen müsste.330
Unabhängig aber von diesem Argument ist Konkurrenz der beiden Normen aufgrund ihrer unterschiedlichen Rechtsgüter unumgänglich. Art. 317 StGB geht der Urkundenfälschung nach Art. 251 StGB vor bzw. konsumiert sie.331Das bedeutet aber auch, dass die Urkundenfälschung im Amt. i.S.v. Art. 317 StGB nicht nur das Vertrauen in die Amtsträger und die öffentliche Verwaltung schützen kann. Diese Interessen nämlich werden von Art. 251 StGB offensichtlich nicht erfasst. Art. 312 StGB kann im Verhältnis zu Art. 317 StGB also 47bereits deshalb keine lex generalis darstellen. Art. 317 StGB ist weiter und schützt auch Individualinteressen. Nach einhelliger Lehre332tritt der Amtsmissbrauch i.S.v. Art. 312 StGB zur Verletzung von Individualinteressen in Konkurrenz. Konsequenterweise müssen daher Art. 312 und 317 StGB zueinander ebenfalls in Konkurrenz treten.
Anwendungsbeispiele
Wahrheitswidrige Sachverhaltsfeststellung
Beispiel 1
Ein Polizist vermerkt in seinem Rapport wahrheitswidrig, ein Autofahrer sei durch eine Kontrolle in grosse Wut geraten. Er habe, trotz Hinweises der Polizei,
in diesem aufgebrachten Zustand sei er fahrunfähig, deren Anordnung, nicht mehr zu fahren, nicht befolgt und sei in fahrunfähigem Zustand in sein Fahrzeug gestiegen und weggefahren. In
Wirklichkeit hatte sich die Frau des Autofahrers ans Steuer gesetzt. Seinen Rapport gibt er weiter, was zu einem Strafbefehl und einer Busse von CHF 300.– führte.333
Beispiel 2
Eine Verwaltungsbehörde behauptet im Sachverhalt, der Verfügungsadressat Y. habe die Bewilligung für die Aufnahme von zwei Geschäftsbeziehungen erteilt.
Tatsächlich war Y. nach den internen Vorschriften der Unternehmung für diese Bewilligungen gar nicht zuständig und hatte sie auch nicht erteilt.
Eine Verwaltungsbehörde behauptet im Sachverhalt, Y. habe die Bewilligung für die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung mit A. erteilt und dabei Aufsichtsrecht verletzt. Tatsächlich hatte Y. jedoch im Rahmen der Aufnahme dieser Geschäftsbeziehung bloss eine Ausnahme in formeller Hinsicht bewilligt. Für die Aufnahme der Geschäftsbeziehung war er gar nicht zuständig.
Beispiel 4Eine Verwaltungsbehörde behauptet im Sachverhalt, der Verfügungsadressat habe einen Bericht als Ersteller (mit-)unterzeichnet und knüpft daran Rechtsfolgen. Tatsächlich war der Rechtsunterworfene jedoch nicht Ersteller des Berichts, sondern Koordinator für die Kommunikation zu diesem Bericht.
Beispiel 5Eine Behörde behauptet im Sachverhalt, der Verwaltungsrat eines Unternehmens habe einen Bericht über die Geschäftsbeziehungen zu den Unternehmungen C und D verlangt. Tatsächlich hat der Verwaltungsrat aber nur einen Bericht zu den Geschäftsbeziehungen mit dem Unternehmen C verlangt.
Beispiel 6Eine Behörde behauptet im Sachverhalt, eine (wichtige) schriftliche Bestätigung sei von der E. Ltd. BVI ausgestellt worden, die trotz gleichen Namens nicht zum Konzern der E. Ltd. gehörte. Tatsächlich wurde die Bestätigung von der E. Ltd. ausgestellt.
Nichtberücksichtigung externer Gutachten, Untersuchungen etc.
Beispiel 7
Eine Verwaltungsbehörde stellt im Sachverhalt fest: «Ein Grossteil der ab 2008 von anderen Schweizer Banken angenommenen US-Kunden war unversteuert, was der Geschäftsführung (VR und GL) der Bank bekannt war».
Im rechtskräftigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, mit dem das in dieser Sache verhängte Berufsverbot aufgehoben wurde, steht dazu folgendes:
«Nicht geklärt und umstritten ist, wie viele dieser von der Bank von anderen Schweizer Banken übernommenen US-Kundengelder tatsächlich unversteuert waren. Die Vorinstanz führt diesbezüglich in der angefochtenen Verfügung aus, ein „Grossteil“ der ab 2008 von anderen Schweizer Banken angenommenen US-Kunden[vermögen] seien unversteuert gewesen. Der Beschwerdeführer bestreitet dies und wendet ein, der Anteil der tatsächlich unversteuerten US-Kunden sei gar nie erhoben worden, weshalb es sich um eine blosse Behauptung der Vorinstanz handle.
Tatsächlich geht aus den Akten nicht hervor, wie gross der Anteil an unversteuertem US-Kundenvermögen damals wirklich war. Es gibt hierzu einzig mögliche Anhaltspunkte.» … «Aufgrund der gesamten Umstände muss daher davon ausgegangen werden, dass wohl ein erheblicher Anteil des von der Bank verwalteten und von anderen Schweizer Banken übernommenen US-Kundenvermögens unversteuert war. Ob es sich hierbei jedoch lediglich um einen „Teil“ oder gar um einen „Grossteil“ des gesamten von der Bank verwalteten US-Kundenvermögens handelt, kann letztlich jedoch – auch im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens – nicht mehr erstellt werden.»334
Beispiel 8
Die FINMA stellt im Sachverhalt ihrer Verfügung fest, eine Bank habe ab 2008 im Zusammenhang mit der 48Annahme von US-Kunden von anderen Schweizer Banken keine besonderen Vorsichtsmassnahmen getroffen. Im rechtskräftigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts steht dazu folgendes: «Aktenkundig ist sodann, dass in der relevanten Zeitspanne sowohl der Verwaltungsrat als auch die Geschäftsleitung sich regelmässig mit dem grenzüberschreitenden US-Kundengeschäft der Bank befassten (vgl. Untersuchungsbericht Rz. 40 ff.). Dabei wurden – wie der Beschwerdeführer zu Recht geltend macht – sukzessive auch konkrete Beschlüsse und Massnahmen getroffen.»335Im Urteil folgen anschliessend drei Seiten mit der Darstellung der von der Bank tatsächlich getroffenen (Vorsichts-)Massnahmen im Zusammenhang mit der Annahme von US-Kunden.
Beispiel 9
Eine Behörde behauptet im Sachverhalt, dass sich zu einer Transaktion keine Unterlagen zum IPO bzw. den geplanten Akteinkäufen in den Akten befunden hätten. In den Unterlagen zur Kontoeröffnung, die der Behörde vorlagen, findet sich jedoch ein Subskriptionsvertrag über den entsprechenden Erwerb von Aktien.
Beispiel 10Eine Behörde behauptet im Sachverhalt zu einzelnen Transaktionen, es hätten keine Abklärungen stattgefunden. In den Akten sind aber Unterlagen und Abklärungen dokumentiert.
Risikomanagement & Schwere Verletzung von Aufsichtspflichten
Beispiel 11
Eine Verfügung der FINMA enthält folgenden Sachverhalt: «X. war als CEO und GL-Mitglied der Bank, einer verhältnismässig kleinen Schweizer Privatbank, hauptverantwortlich für die Umsetzung der vom VR festgelegten aggressiven Expansionsstrategie im US-Kundengeschäft ab 2008 als eigentliches Geschäftsmodell.»
Im rechtskräftigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in dieser Sache steht dazu Folgendes: «Im Übrigen ist mit dem Beschwerdeführer aufgrund der Akten und der diesbezüglich grundsätzlich übereinstimmenden Aussagen der Beteiligten davon auszugehen, dass die Bank mit Bezug auf US-Kunden zumindest gegen aussen eine grundsätzlich passive Strategie verfolgt hat.»336Im Urteil folgt eine Aufzählung von verschiedenen Fakten, die für eine passive Strategie sprechen.
Mangelhafte Zuordnung eines Sachverhaltes zum Verfügungsadressaten
Beispiel 12
Die FINMA verschweigt verschieden Informationen und Fakten, die Y. entlasten würden (genaue Darstellung der internen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten bei der Bank und von Y.; sie erläutert eine grosse Anzahl von Transaktionen, ohne zu erwähnen, dass Y. davon gar keine Kenntnisse hatte; sie verschweigt, dass die bankengesetzlichen Prüfberichte die Einhaltung von Aufsichtsrecht auch für die in der Verfügung relevanten Bereiche jeweils bestätigt hatte).
Beispiel 13Die FINMA stellt im Sachverhalt einer Verfügung fest, Y. sei für die Due Diligence bei der Bewilligung von Geschäftsbeziehungen (mit‑)verantwortlich gewesen. Gemäss den internen Weisungen war aber die Zuständigkeit für Due-Diligence-Prozesse von den Bewilligungsentscheiden getrennt. Für die Due Diligence waren intern eigens spezialisierte Einheiten zuständig.
Individual- und Kollektiventscheide
Beispiel 14
Die FINMA behauptet pauschal eine Zuständigkeit von Y. für einen bestimmten Prozess. Die tatsächliche Zuständigkeit von Y. betraf nur einen kleinen Teil dieses Prozesses.
Im Verwaltungsverfahren ist unstrittig, dass bei Sachverhalten, die nicht von einer, sondern von mehreren Personen zu verantworten sind, die Verfügung an alle zu richten ist.337Das muss umso mehr gelten in Verfahrensordnungen, in welchen ein Schuldvorwurf erhoben wird (VStrR; StPO). Eine verwaltungs-, verwaltungsstrafrechtliche oder strafrechtliche Verantwortung kann nur für Sachverhalte bestehen, von welchen (1) der Betroffene Kenntnis hatte oder zumindest hätte haben müssen, und (2) die er kontrollieren bzw. verhindern konnte. Wird eine Entscheidung nicht von einem Einzelnen, sondern von einem Kollektiv, also einer Personenmehrheit getroffen, so kann die Verantwortung nicht ohne triftige Gründe nur einer Person angelastet werden. Das erscheint logisch ohne Weiteres einsichtig. Strafrechtlich ist denn auch zweifelsfrei, dass bei Sachverhalten, die mehrere Personen zu verantworten haben, die Verfolgung nur bestimmter Verantwortlicher einer strafbaren Begünstigung gleichkäme (Art. 305 StGB). Das aber ist 49verwaltungsverfahrensrechtlich offenbar nicht ohne Weiteres klar, obwohl richtigerweise bei Kollektiventscheidungen – bis zum Beweis des Gegenteils – grundsätzlich alle Mitglieder des Kollektivs für die Entscheidung die Verantwortung tragen müssten.
Das Bundesverwaltungsgericht hat nun jüngst die vorstehenden Grundsätze bestätigt. In seinem Urteil B-5527/2016, das bereits am 10. Juli 2019 (!) ergangen, bemerkenswerterweise aber erst am 16. November 2020 (!) veröffentlicht worden ist, führt es aus, die FINMA habe den Beschuldigten als Vorstandsmitglied und Generaldirektor der fraglichen Bank für die Aufsichtsrechtsverletzung persönlich verantwortlich («personnellement responsable») gemacht, sie habe aber zu erklären versäumt, warum sie ihn – im Vergleich zu den zwei anderen Vorstandsmitgliedern – für erhöht verantwortlich halte, hätten doch alle drei die Geschäftsleitung gebildet.338 Nichts erlaube anzunehmen, der Beschuldigte habe über entscheidende zusätzliche Informationen verfügt und nach den Vorbringen der FINMA sei zumindest ein weiteres Mitglied der Geschäftsleitung über die finanziellen Schwierigkeiten informiert gewesen. Es gelte also, die persönliche Verantwortung des Beschwerdeführers zu bestimmen. Dabei sei das Gebot der Gleichbehandlung zu berücksichtigen. Dieses Prinzip werde verletzt, wenn tatsächlich vergleichbare Situationen ohne triftige Gründe rechtlich unterschiedlich behandelt würden.339Die FINMA sei an Gleichbehandlungsgebot und Begründungspflicht gebunden. In casu habe sie die konkrete Verantwortung der beiden anderen Mitglieder der Geschäftsleitung für die Aufsichtsrechtsverletzungen ebensowenig dartun können wie die – im Vergleich zu den beiden anderen Mitgliedern der Geschäftsleitung – erhöhte Verantwortung des Beschwerdeführers, sei es aufgrund seiner Funktion, seines Verhaltens oder der ihm zugänglichen Informationen.340
Fazit
Behördliche Verfügungen nach VwVG, VStrR und StPO erfüllen alle Merkmale einer strafrechtlichen Urkunde i.S.v. Art. 110 Abs. 4, Art. 251 und Art. 317 StGB.
Behördlichen Verfügungen kommt eine erhöhte Glaubwürdigkeit i.S. des Urkundenstrafrechtes zu, schon weil die Behörden ans Gesetz gebunden sind (Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung). Sie stellen deshalb nicht nur mögliche Objekte einer Urkundenfälschung dar, sondern auch einer Falschbeurkundung i.S.v. Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB und Art. 317 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.
Nicht nur die behördliche Entscheidung selbst, also die Verfügung i.e.S., sondern auch der in der Verfügung enthaltene Sachverhalt, auf den sie sich stützt, hat Urkundenqualität. Ohne den Sachverhalt wäre die Verfügung weder zulässig noch anfechtbar. Umgekehrt ist der Sachverhalt selbständig nicht anfechtbar. Sachverhaltsfeststellungen einer Verfügung kommt erhöhte Glaubwürdigkeit auch zu, weil eine an gesetzliche Vorgaben gebundene Behörde für ihre Verfügung darauf abstellt.
Entspricht der Sachverhalt einer Verfügung nicht der Wahrheit, so stellt die verfügende Behörde, die ihn in ihre Verfügung aufnimmt und darauf abstellt, bzw. das konkrete Mitglied dieser Behörde eine unwahre Urkunde her.
Dass der Sachverhalt von Hilfspersonen oder Beauftragten stammt, ändert nichts an der strafrechtlichen Verantwortung der verfügenden Behörde bzw. des konkreten Mitglieds dieser Behörde. Erst das Behördenmitglied erstellt eine Urkunde im strafrechtlichen Sinne.
Mitwirkungspflichten der Betroffenen ändern an der strafrechtlichen Verantwortung der Behörde nichts. Es kann zwar die Mitwirkung auch dort, wo Mitwirkungspflichten bestehen, weder erzwungen, noch eine Verletzung dieser Mitwirkungspflichten bestraft werden, denn der Behörde stehen im Verwaltungsverfahren typischerweise keine direkten Zwangsmittel zur Verfügung. Die Behörde kann aber das pflichtwidrige Verweigern der Mitwirkung im Rahmen ihres Ermessens bei ihrer Entscheidung auch zulasten des Pflichtwidrigen werten. Der Betroffene, der die Mitwirkung verweigert, hat die Folgen davon zu tragen.
Strafrechtliche Verantwortung für die Verfügung wird der Behörde nicht zugeschrieben und sie übernimmt sie auch nicht von anderen. Diese Verantwortung ergibt sich alleine aus der Täterschaft der Behörde bzw. des konkreten Mitglieds dieser Behörde. Strafrechtlich ist einzig fraglich, wer die unwahre Urkunde i.S. des strafrechtlichen Urkundenbegriffes 50herstellt. Das ist eben die verfügende Behörde bzw. das konkrete Mitglied dieser Behörde, das damit ggf. auch einschlägige Strafnormen erfüllt.
Verwaltungs- und Strafverfahren unterscheiden sich fundamental. Im Verwaltungsverfahren ist der Betroffene zur Mitwirkung verpflichtet. Er kann dazu nicht gezwungen werden, hat aber die Folgen seiner pflichtwidrigen Verweigerung zu tragen. Im Strafverfahren (und dazu zählt auch das Verwaltungsstrafverfahren) ist der Betroffene nicht zur Mitwirkung verpflichtet und seine Weigerung darf nicht zu seinen Ungunsten gewertet werden. Umgekehrt stehen der Behörde aber Zwangsmassnahmen zur Beweiserhebung zur Verfügung.
Wird der Betroffene zur Mitwirkung gezwungen, so sind die derart erlangten Beweise strafprozessual unverwertbar. Das gilt etwa, wo der Betroffene durch eine Verfügung zur Aussage verpflichtet wird. Dasselbe muss gelten, wo er eine Erklärung abgeben muss, wonach er alle notwendigen Informationen abgegeben hat (sog. Vollständigkeitserklärung). Wird die Vollständigkeitserklärung mit einer Strafdrohung verknüpft oder wird darin auf eine Strafnorm verwiesen (etwa Art. 45 FINMAG), so stellt das unerlaubten Zwang dar. Die so erlangten Informationen sind strafprozessual absolut unverwertbar.
Ob gegen eine Verfügung ein Rechtsmittel besteht oder die Möglichkeit einer Einsprache, ändert an ihrem Urkundencharakter nichts. Nicht die tatsächliche Beweiskraft einer Urkunde ist massgeblich, sondern ihre Beweiseignung.
Häufig wird eine strafbare vorsätzliche Falschbeurkundung im Amt (Art. 317 StGB) auch einen Amtsmissbrauch (Art. 312 StGB) darstellen. Wo dies zutrifft, konkurrieren die beiden Normen.
M.Boog, in: M. A. Niggli/H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafgesetzbuch/Jugendstrafgesetz (StGB/JStG), 4. Aufl., Basel 2019, Art. 110 Abs. 4 N 2.
Tendenziell anderes wird gelten bei Beweiszeichen, die wohl selten mehrere Erklärungen enthalten.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 110 Abs. 4 N 2; BGE 132 IV 57, 59.
A. Donatsch/M. Thommen/W. Wohlers, Strafrecht IV, Delikte gegen die Allgemeinheit, 5. Aufl., Zürich 2017, 141.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 110 Abs. 4 N 15.
Donatsch/Thommen/Wohlers, Strafrecht IV5 (Fn. 4), 139 f.
Ständige Rechtsprechung des Bundesgerichts, statt vieler: BGE 132 IV 12, 14 f.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 110 Abs. 4 N 38; Donatsch/Thommen/Wohlers, Strafrecht IV5 (Fn. 4), 143 f.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 110 Abs. 4 N 40; G. Stratenwerth/F. Bommer, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II: Straftaten gegen Gemeininteressen, 7. Aufl., Bern 2013, 129 f.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 110 Abs. 4 N 41 ff.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 110 Abs. 4 N 36; Donatsch/Thommen/Wohlers, Strafrecht IV5 (Fn. 4), 146; beide m.w.N.; vgl. schon BGE 101 IV 278, 279.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 110 Abs. 4 N 32.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 110 Abs. 4 N 28 ff.; Donatsch/Thommen/Wohlers, Strafrecht IV5 (Fn. 4), 148.
Statt vieler: BGE 132 IV 57, 59.
BGE 143 IV 302, 304; 136 IV 76, 78; Stratenwerth/Bommer, BT/27 (Fn. 9), § 15 N 7; St. Maeder/M. A. Niggli, in: M. A. Niggli/H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafgesetzbuch/Jugendstrafgesetz (StGB/JStG), 4. Aufl., Basel 2019, Art. 146 N 41; A. Garbarski/B. Borsodi, in: A. Macaluso/L. Moreillon/N. Queloz (Hrsg.), Commentaire romand, Code pénal II, Art. 111-392 StGB, Basel 2017, Art. 146 N 10.
BGE 135 IV 76, 78 f.
BGE 113 IV 77, 80; so schon BGE 102 IV 29, 33; sowie bereits A. Haefliger, Der Begriff der Urkunde im schweizerischen Strafrecht, Basel 1952, 29 f.
Stratenwerth/Bommer, BT/27 (Fn. 9), § 35 N 10.
BGE 75 IV 65, 68 f.
M. Bürgisser, in: M. A. Niggli/M. Heer/H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung (StPO/JStPO), 2. Aufl., Basel 2014, Art. 192 N 3; N. Schmid/D. Jositsch, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl., Zürich 2018, Art. 192 N 3; A. Donatsch/Ch. Schwarzenegger/W. Wohlers, Strafprozessrecht, 2. Aufl., Zürich 2014, 169.
BSK StPO2-Bürgisser (Fn. 20), Art. 192 N 7; Schmid/Jositsch, Praxiskommentar3 (Fn. 20), Art. 192 N 3.
Ch. Riedo/G. Fiolka/M. A. Niggli, Strafprozessrecht sowie Rechtshilfe in Strafsachen, Basel 2011, N 1349.
Vgl. nur Ch. Auer/A. M. Binder, in: Ch. Auer/M. Müller/B. Schindler (Hrsg.), Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2. Aufl., Zürich 2019, Art. 12 N 28 Fn. 92; A. Kölz/I. Häner/M. Bertschi, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl., Zürich 2013, N 470; A. Moser/M. Beusch/L. Kneubühler (Hrsg.), Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl., Basel 2013, N 3.133.
R. Kiener/B. Rütsche/M. Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht, 2. Aufl., Zürich 2015, N 740; ebenso J. Martin/J. Seltmann/S. Loher, Die Verfügung in der Praxis, ein Leitfaden für Behörden, Adressaten und Anwälte, 2. Aufl., Zürich 2016, 85.
Zum Ganzen: BVGer, 19.5.2011, A-6640-2010, E. 5.5.2.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 110 Abs. 4 N 36; Donatsch/Thommen/Wohlers, Strafrecht IV5 (Fn. 4), 146; beide m.w.N.; vgl. schon BGE 101 IV 278, 279.
Allerdings ist zu präzisieren: Art. 177 ZPO erfasst z.B. auch Photographien, die – sofern sie keine Gedankenerklärung darstellen – von Art. 110 Ziff. 4 StGB nicht erfasst werden.
Vgl. nachfolgend S. 6 ff.
A. Macaluso/A. Garbarski, in: F. Frank et al. (Hrsg.), Verwaltungsstrafrecht, Basler Kommentar, Basel 2020, Art. 15 N 8; implizit A. Eicker/F. Frank/J. Achermann, Verwaltungsstrafrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, Bern 2012, 118 f.; zum Urkundenbegriff im Steuerstrafrecht: M. Beusch/J. Malla, Steuerstrafrecht - ein Entwirrungsversuch, ZStrR 130/2012, 249-275, 266; A. Donatsch, Im Labyrinth des Steuerstrafrechts, recht 2019, 121-126, 123; K. Hauri, Verwaltungsstrafrecht (VStrR), Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht, Motive – Doktrin – Rechtsprechung, Bern 1998, Art. 15 N 4; BGE 108 IV 180, 182.
BGE 137 IV 167, 169.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 251 N 3.
St. Trechsel/L. Erni, in: St. Trechsel/M. Pieth (Hrsg.), Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Aufl., Zürich 2018, Art. 251 N 7; BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 251 N 66.
BGE 138 IV 130, 134; 132 IV 12, 14; 125 IV 17, 22.
Anders BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 251 N 67, der davon ausgeht, eine unechte Urkunde könne auch wahr sein.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 251 N 67.
BGE 131 VI 125, 129.
BGE 132 IV 12, 15; 131 IV 125, 127; 123 IV 132, 137; 123 IV 61, 64.
BGE 123 IV 61, 65.
Stratenwerth/Bommer, BT/27 (Fn. 9), § 36 N 37.
BGE 141 IV 369, 376; 138 IV 130, 135 f.; 132 IV 12, 15; 129 IV 130, 135; 125 IV 17, 23; 122 IV 25, 28.
D. Kinzer, in: A. Macaluso/L. Moreillon/N. Queloz (Hrsg.), Commentaire romand, Code pénal II, Art. 111-392 StGB, Basel 2017, Art. 251 N 69; BGE 144 IV 13, 15.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 251 N 101.
BGE 117 IV 35, 39.
BGE 103 IV 178, 184 f.
BGE 119 IV 54, 58 f.
BGE 119 IV 289, 295 f. Was in der Argumentation letztlich wieder auf die erste Konstellation (erhöhte Glaubwürdigkeit aus Gesetz) hinausläuft. Kaum haltbar dürfte sein, dass dem Grosshändler gegenüber dem Konsumenten eine garantenähnliche Stellung zukomme.
BGE 131 IV 125, 132.
Vgl. U. Häfelin/G. Müller/F. Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl., Zürich/St. Gallen 2020, N 325 ff.; P. Tschannen/U. Zimmerli/M. Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl., Bern 2014, § 19 N 1 ff.; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 267; vgl. hinten S. 32 f.
Ausführlich zur Urkundenqualität des Formulars A: M. A. Niggli/L. F. Muskens, Unwahre Angaben im Formular A als Falschbeurkundung?, in: Bertrand Perrin et al. (Hrsg.), Mélanges en l’honneur de Nicolas Queloz, Zurich et al. 2020, 181 ff.
BGE 117 IV 165, 170, bis auf die Satzstellung identisch BGE 120 IV 25, 28.
V. Delnon/B. Rüdy, in: M. A. Niggli/H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafgesetzbuch/Jugendstrafgesetz (StGB/JStG), 4. Aufl., Basel 2019, Art. 306 N 39 ff. und Art. 307 N 39 ff.
Was sich u.a. auch an den Strafzumessungsfaktoren zeigt, BSK StGB4-Delnon/Rüdy (Fn. 51), Art. 306 N 36: «Gefahr der Beeinflussung des Richters, die Grösse des durch ein unrichtiges Urteil verursachten materiellen oder immateriellen Schadens, wie auch die Tatmotive».
BSK StGB4-Delnon/Rüdy (Fn. 51), Art. 306 N 34 und Art. 307 N 33.
Vgl. dazu BGer, 30.11.1999, 6S.346/1999, E. 4c publiziert in SJ 2000 I 234 ff.: «C’est donc la loi qui contraint le cocontractant à une déclaration écrite, laquelle doit permettre à l’intermédiaire financier de se faire une juste idée quant à l’ayant droit économique.»; ebenso BGE 139 II 404 E. 9.9.2; BGer, 31.10.2018, 6B_891/2018, E. 3.3.1; BGer, 22.12.2017, 6B_659/2014, E. 18.1.2; BGer, 8.8.2016, 6B_988/2015, E. 4.2 nicht publiziert in BGE 142 IV 378; BGer, 3.10.2012, 1C_370/2012, E. 2.7; BGer, 20.2.2012, 6B_574/2011, E. 2.2.1; BGer, 24.2.2006, 6S.293/2005, E. 8.2.1.
Vgl. dazu Niggli/Muskens, (Fn. 49), N 11 ff.
Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken (VSB 16), Anhang A (Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten).
BGE 130 IV 138 Regeste.
Vgl. Art. 4 Abs. 1 GwG und Art. 35 GwV-FINMA sowie VSB 16, Art. 46 Abs. 1 lit. d: Wiederholung der Sorgfaltspflichten dieser Standesregeln.
Vgl. Art. 973 ZGB.
So schon BGE 81 IV 285, 290.
BGE 95 IV 113, 117.
Donatsch/Thommen/Wohlers, Strafrecht IV5 (Fn. 4), 563; BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 317 N 4.
M. Postizzi, in: A. Macaluso/L. Moreillon/N. Queloz (Hrsg.), Commentaire romand, Code pénal II, Art. 111-392 StGB, Basel 2017, Art. 317 N 14; Donatsch/Thommen/Wohlers, Strafrecht IV5 (Fn. 4), 563.
H.M., vgl. nur BGE 117 IV 286, 291.
H.M., vgl. nur BGE 117 IV 286, 291 sowie BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 317 N 5 m.N.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 317 N 24.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 317 N 25; BGE 81 IV 285, 287 f.
F. Uhlmann, in: B. Waldmann/Ph. Weissenberger (Hrsg.), Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG), 2. Aufl., Zürich 2016, Art. 5 N 1; P. Tschannen/U. Zimmerli/M. Müller, Verwaltungsrecht4 (Fn. 48), § 27 Rz. 12.
Statt vieler: BGE 137 II 409, 412; 121 II 473, 477.
BGE 121 II 473, 479; keine Verfügung ist weiter auch die blosse Mitteilung über die Eröffnung eines Verfahrens (BVGer, 19.1.2016, B-2626/2015, E. 1.5.2).
PK VwVG2-Uhlmann (Fn. 68), Art. 5 N 3; Martin/Seltmann/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 2.
Art. 34 Abs. 1 und 2 VwVG.
PK VwVG2-Uhlmann (Fn. 68), Art. 5 N 134; Martin/Seltmann/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 7 f.; vgl. auch M. Daphinoff, Das Strafbefehlsverfahren in der Schweizerischen Strafprozessordnung, Diss. Freiburg i. Ue. 2012, 501 mit Fn. 3229; Tschannen/Zimmerli/Müller, Verwaltungsrecht4 (Fn. 48), § 28 Rz 18.
BGE 135 III 374, 376.
Martin/Seltmann/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 5.
PK VwVG2-Uhlmann (Fn. 68), Art. 5 N 17.
Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht8 (Fn. 48), N 855; PK VwVG2-Uhlmann (Fn. 68), Art. 5 N 21, sowie Tschannen/Zimmerli/Müller, Verwaltungsrecht4 (Fn. 48), § 28 Rz. 31 ff., die allerdings von «Einseitigkeit» sprechen.
P. Tschannen, in: Ch. Auer/M. Müller/B. Schindler (Hrsg.), Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2. Aufl., Zürich 2019, Art. 1 N 14; Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht2 (Fn. 24), N 351.
BGE 121 II 454, 457; PK VwVG2-Uhlmann (Fn. 68), Art. 5 N 22.
Martin/Seltmann/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 9; Tschannen/Zimmerli/Müller, Verwaltungsrecht4 (Fn. 48), § 28 Rz 22; PK VwVG2-Uhlmann (Fn. 68), Art. 5 N 45; M. Müller, in: Ch. Auer/M. Müller/B. Schindler (Hrsg.), Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2. Aufl., Zürich 2019, Art. 5 N 40.
PK VwVG2-Uhlmann (Fn. 68), Art. 5 N 45.
Tschannen/Zimmerli/Müller, Verwaltungsrecht4 (Fn. 48), § 28 Rz 35.
PK VwVG2-Uhlmann (Fn. 68), Art. 5 N 73; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 456.
PK VwVG2-Uhlmann (Fn. 68), Art. 5 N 128 f.; VwVG-Kommentar2-Müller (Fn. 80), Art. 5 N 38; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 885.
Vgl. S. 21 ff.
N. Schmid/D. Jositsch, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl., Zürich 2017, N 1352 ff.
BGE 133 IV 112, 117; 142 IV 11, 12 f.; BGer, StrA, 15.1.2016, 6B_608_2015, E. 1.2.1; BGer, StrA, 11.9.2017, 6B_207/2017, E. 1.5; richtigerweise relativierend BGE 139 IV 62; vgl. kritisch auch M. Zurbrügg, in: in: M. A. Niggli/H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafgesetzbuch/Jugendstrafgesetz (StGB/JStG), 4. Aufl., Basel 2019, Art. 97 N 62; vgl. schliesslich auch die Bemerkungen hinten S. 44 f.; es überrascht natürlich nicht, dass die Behördenvertreter das anders sehen: BSK VStrR- M. Burri/R. Ehmann, in: F. Frank et al. (Hrsg.), Verwaltungsstrafrecht, Basler Kommentar, Basel 2020, Art. 70 N 29 ff.
So BSK VStrR-Burri/Ehmann (Fn. 87), Art. 70 N 30.
Botschaft zur Harmonisierung der Strafrahmen und zur Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht vom 25. April 2018 (BBl 2018 2827).
So korrekt BSK StGB4-Zurbrügg(Fn. 87), Art. 97 N 67a.
So BSK VStrR-Burri/Ehmann(Fn. 87), Art. 70 N 26.
Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 616; V. Marantelli/S. Huber in: B. Waldmann/Ph. Weissenberger (Hrsg.), Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG), 2. Aufl., Zürich 2016, Art. 6 N 33.
F. Uhlmann/A. Schilling-Schwank, in: B. Waldmann/Ph. Weissenberger (Hrsg.), Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG), 2. Aufl., Zürich 2016, Art. 34 N 7, Art. 38 N 26; BVGer, 9.4.2013, A-5926/2012, E. 2.
F. Riklin, in: M. A. Niggli/M. Heer/H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung (StPO/JStPO), 2. Aufl., Basel 2014, Art. 192 N 3, Art. 353 N 13; Ch. Schwarzenegger, in: A. Donatsch/Th. Hansjakob/V. Lieber (Hrsg.), Kommentar zur schweizerischen Strafprozessordnung (StPO), 3. Aufl., Zürich 2020, Art. 353 N 11.
Zur Urkundenqualität der Verfügung als Ganzes, hinten S. 21 f.
Anders beispielsweise Art. 52 Abs. 1 lit. g Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG) des Kantons Bern, BSG 101.1.
Martin/Seltmann/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 203.
BGE 105 V 248, 251 f.; ebenso das Bundesverwaltungsgericht BVGer, 1.9.2017, F-4805/2016, E. 3; BVGer, 8.4.2015, C-4231/2014, E.3; BGE 96 V 13, 21; PK VwVG2-Uhlmann (Fn. 68), Art. 5 N 132.
BVGer, 17.1.2008, A-4580/2007, E. 3.2; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 627.
Martin/Seltmann/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 195; J. Stadelwieser, Die Eröffnung von Verfügungen, Diss., St. Gallen 1994, 184.
Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 628; M. Müller, Bernische Verwaltungsrechtspflege, 2. Auf., Bern 2011, 115.
Müller, Bernische Verwaltungsrechtspflege2 (Fn. 101), 118; M. Volz, in: B. Pfiffner/Ch. Zünd (Hrsg.), Gesetz über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2009, § 13 N 126; Obergericht ZH 3.2.1987, SJZ 84/1988, 89 f.
Zum Begriff: Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht8 (Fn. 48), N 1821 ff.; statt von Beleihung wird auch von «Konzession des öffentliches Dienstes» gesprochen: BGE 124 I 297, 300; 123 III 395, 399; 121 II 81, 85.
D. Waldmeier, Insolvenz verselbständigter Verwaltungseinheiten von Bund und Kantonen unter besonderer Berücksichtigung staatlicher Einstandspflichten, Diss., Zürich/St. Gallen 2018, N 300; M. Müller/R. Feller (Hrsg.), Bernisches Verwaltungsrecht, 2. Aufl., Bern 2013, 138, N 94.
Analog BGE 94 I 628, 638 f.
B. Maurenbrecher/A. Terlinden, in: R. Watter/R. Bahar (Hrsg.), Basler Kommentar, Finanzmarktaufsichtgesetz/Finanzinfrastrukturgesetz, 3. Aufl., Basel 2019, Art 36 N 7.
BSK FINMAG3-Maurenbrecher/Terlinden (Fn. 106), Art 36 N 8.
BSK FINMAG3-Maurenbrecher/Terlinden (Fn. 106), Art 36 N 10.
Schmid/Jositsch, Praxiskommentar3 (Fn. 20), Art. 352 N 2; Daphinoff, Diss. (Fn. 73), 254 ff; N. Oberholzer, Grundzüge des Strafprozessrechts, 4. Aufl., Bern 2020, N 1941.
Donatsch/Schwarzenegger/Wohlers, Strafprozessrecht2 (Fn. 20), 301; Daphinoff, Diss. (Fn. 73), 437; Schmid/Jositsch, Praxiskommentar3 (Fn. 20), Art. 353 N 3; Oberholzer (Fn. 109), N 1945
Daphinoff, Diss. (Fn. 73), 501; BGer, StrA, 1.2.2016, 6B_845/2015, E. 5.1.
Daphinoff, Diss. (Fn. 73), 427, 501; BGer, StrA, 1.2.2016, 6B_845/2015, E. 5.1.
BGE 140 IV 192, 194;Daphinoff, Diss. (Fn. 73), 500; Oberholzer, Grundzüge4 (Fn. 109), N 107.
Daphinoff, Diss. (Fn. 73), 501; BGer, StrA, 1.2.2016, 6B_845/2015, E. 5.1.
BGer, StrA, 1.2.2016, 6B_845/2015, E. 5.1.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 170; Hauri, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), Art. 61 N 3: «Das Schlussprotokoll enthält bereits die Begründung für einen nachfolgenden Strafbescheid, der seinerseits nicht mehr begründet wird.»; BSK VStrR-Burri/Ehmann (Fn. 87), Art. 61 N 7ff., wobei die Autoren sich für eine Begründungspflicht aussprechen.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 246; Hauri, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), Art. 64 N 1; a. A. BSK VStrR-Burri/Ehmann (Fn. 87), Art. 62 N 30f., bzgl. Einstellungsverfügungen (in Form des Strafbescheids), gl. M. aber hinsichtlich Strafbescheide BSK VStrR-Burri/Ehmann (Fn. 87), Art. 64 N 11.
Bis Ende 2019 regelte das Art. 64 Abs. 3 VStrR. Diese Bestimmung wurde per 1. Januar 2020 gestrichen (durch Anhang Ziff. 2 des Finanzdienstleistungsgesetzes vom 15. Juni 2018, AS 2019 4417; BBl 2015 8901) und durch den neuen Art. 31a Abs. 2 VStrR ersetzt, der bestimmt, dass die Zustellung durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung erfolgt.
Hauri, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), Art. 64 N 2.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 248; Hauri, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), Art. 65 N 1M; so schon M. Peter, Erste Erfahrungen mit dem BG über das Verwaltungsstrafrecht, ZStrR, 93/1977, 350 ff., 370; M. Oehen/M. Thommen, in: F. Frank et al. (Hrsg.), Verwaltungsstrafrecht, Basler Kommentar, Basel 2020, Art. 65 N 13.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 248 f.; BSK VStrR-Oehen/Thommen (Fn. 120), Art. 65 N 13.
Hauri, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), Art. 65 N 2; BSK VStrR-Oehen/Thommen (Fn. 120), Art. 65 N 22.
Vgl. vorn S. 3.
Vgl. vorn S. 3.
Anstelle vieler bloss BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 251 N 24 m.N.
Vgl. S. 32.
Vgl. vorn S. 21 ff.
Martin/Seltman/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 5; PK VwVG2-Uhlmann (Fn. 68), Art. 5 N 94.
Vgl. dazu S. 21 ff.
Vgl. vorn S. 4.
Ebenso im ordentlichen Verfahren (Art. 398 StPO): Ch. Riedo/G. Fiolka, in: M. A. Niggli/M. Heer/H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung (StPO/JStPO), 2. Aufl., Basel 2014, Art. 6 N 94 m.N.
Vgl. vorn S. 21 ff., 32 ff.
Vgl. zur rechtlichen Bedeutsamkeit auch hinten S. 43 ff.
Die Frage, was bzw. welcher Teil ggf. in Rechtskraft erwächst, ist für die Frage der Urkundenqualität nicht bedeutsam. Ob die Verfügung oder der darin enthaltene Sachverhalt Bindungswirkung entfalten oder nicht, bleibt gleichgültig (zur Frage der Rechtskraft im Zivilprozess etwa BGE 121 III 474, 478: «Nicht zur Urteilsformel gehören die tatsächlichen Feststellungen und die rechtlichen Erwägungen des Entscheids. Sie haben in einer anderen Streitsache keine bindende Wirkung.» Das gilt auch dort, wo eine derartige Bindungswirkung ggf. besteht (Bindung von z.B. Administrativbehörde im Strassenverkehr an Erkenntnisse aus dem Strafverfahren).
Vgl. S. 26 ff.
VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 7; P. Krauskopf/K. Emmenegger/F. Babey, in: B. Waldmann/Ph. Weissenberger (Hrsg.), Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG), 2. Aufl., Zürich 2016, Art. 12 N 3; Martin/Seltman/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 74; Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 152; J. Achermann/F. Frank, in: F. Frank et al. (Hrsg.), Verwaltungsstrafrecht, Basler Kommentar, Basel 2020, Art. 2 N 63; Oberholzer, Grundzüge4 (Fn. 109), N 804 ff.
Die Strafbarkeit einer falschen Auskunft nach Art. 45 FINMAG erfasst nicht das Verweigern oder das Erteilen einer unvollständigen Auskunft, solange die erteilten Auskünfte nicht zusammen einen wirklichkeitswidrigen Eindruck erwecken; vgl. dazu die Ausführungen zur Vollständigkeitserklärung: S. 40 f.
Zum Zwang und seinen Auswirkungen: S. 41 ff.
Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 467; Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht8 (Fn. 48), N 995 ff. und 1496 ff.
Vgl. vorn S. 12 ff.
So korrekt das Bundesverwaltungsgericht (BVGer, B-4726/2016, 10. April 2017, E. 1.7) und das Bundesgericht (BGer, 2C_516/2017, 14. September 2017, E. 3); a.A. VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 13 N 9 f.
PK VwVG2-Uhlmann (Fn. 68), Art. 5 N 98.
I. Häner, in: B. Waldmann/Ph. Weissenberger (Hrsg.), Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG), 2. Aufl., Zürich 2016, Art. 25 N 17; B. Weber-Dürler/P. Kunz-Notter, in: Ch. Auer/M. Müller/B. Schindler (Hrsg.), Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2. Aufl., Zürich 2019, Art. 25 N 8.
PK VwVG2-Uhlmann (Fn. 68), Art. 5 N 98.
PK VwVG2-Häner (Fn. 143), Art. 25 N 15.
PK VwVG2-Häner (Fn. 143), Art. 25 N 17.
PK VwVG2-Häner (Fn. 143), Art. 25 N 17.
Art. 140 Abs. 1 StPO und Art. 141 Abs. 1 StPO; S. Roth, Die Geltung von nemo tenetur im Verwaltungsverfahren, Jusletter 17. Februar 2014, N 38; für das Steuerrecht geklärt vom EGMR: Chambaz c. Schweiz, 5.4.2012, Nr. 11663/04 und J.B c. Schweiz, 3.5.2001, Nr. 31827/96.
Oberholzer, Grundzüge4 (Fn. 109), N 397; Schmid/Jositsch, Praxiskommentar3 (Fn. 20), Art.113 N 2.
PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 13 N 70; VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 13 N 41; a. M. Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 467; ebenso Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht8 (Fn. 48), N 995 ff.
P. Moor/E. Poltier, Droit administratif, Bd. II: Les actes administratifs et leur contrôle, 3. Aufl., Bern 2011, 297; Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren (Fn. 23), N 3.123; PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 12 N 55; G. Benedick, Das Aussagedilemma in parallelen Verfahren, AJP/PJA 2011, 169–180, 171 f.; BVGer, 6.11.2008, A-1501/2006 und A-1502/2006, E. 5.2; BGE 128 II 139: «Genügt (der Betroffene) seiner Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren nicht (und) lässt die Verwaltungsbehörde den Betroffenen die Folgen der unbewiesenen Behauptung tragen, verletzt sie keine wesentlichen Verfahrensbestimmungen.»
PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 12 N 3; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 456; Oberholzer, Grundzüge4 (Fn. 109), N 804. Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 168.
Dazu S. 26 ff.; vgl. weiter PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 12 N 15; VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 15 und 16 f.; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 462.
Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht8 (Fn. 48), N 990 ff.; VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 1, 16; PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 12 N 3, 15, 20, 51 ff.; I. Meier, Der Dualismus von Verwaltungs- und Strafverfahren, illustriert am Recht des Strassenverkehrs, der Finanzmarktaufsicht und der Heilmittelordnung, Diss. ZH, Zürich 2017, 25 zum VwVG, 116 zum FINMAG.
Schmid/Jositsch, Handbuch3 (Fn. 86), N 153, 156; BSK StPO2-Riedo/Fiolka (Fn. 131), Art. 6 N 39 f.; ihnen folgend Meier, Diss. (Fn. 154), 28; dagegen Daphinoff, Diss. (Fn. 73), 264 ff.
BSK StPO2-Riedo/Fiolka (Fn. 131), Art. 6 N 40.
Vgl. Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren (Fn. 23), N 3.123; PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 12 N 55; Benedick, AJP 2011 (Fn. 151), 171 f.; BVGer, 6.11.2008, A-1501/2006 und A-1502/2006, E. 5.2; BGE 128 II 139.
Innerhalb des verfassungsmässigen Anspruches des Betroffenen auf Beweis; vgl. dazu S. 28.
Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht8 (Fn. 48), N 988.
Martin/Seltman/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 81; Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht8 (Fn. 48), N 988.
VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 7; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 267.
Martin/Seltman/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 76 f.; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 536.
Martin/Seltman/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 76 f.; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 536.
VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 18.
VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 18; Martin/Seltman/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 87; Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht2 (Fn. 24), N 688 ff.; PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 12 N 28 ff.
A. Lebrecht, in: R. Watter/R. Bahar (Hrsg.), Basler Kommentar, Finanzmarktaufsichtgesetz/Finanzinfrastrukturgesetz, 3. Aufl., Basel 2019, Art. 53 N 48; BGer, ZA, 14.8.1995, 5A.20/2003, E. 2.1.
P. Sutter, in: Ch. Auer/M. Müller/B. Schindler (Hrsg.), Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2. Aufl., Zürich 2019, Art. 33 N 2 ff.
Martin/Seltman/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 75.
Vgl. S. 21 ff.
Ungenau daher VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 1; PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 12 N 3; korrekt Martin/Seltman/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 74 f.; ebenso BVGer, 2.11.2015, C-2502/2014, E. 4.2.
Sog. Untersuchungsbeauftragter nach Art. 36 FINMAG.
Art. 19 VwVG i.V.m. Art. 40 BZP; BSK FINMAG3-Maurenbrecher/Terlinden (Fn. 106), Art. 36 N 22.
BGE 130 II 351, 359; BVGer, 30.3.2009, B-7734/2008, E. 5.2.
Martin/Seltman/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 81; Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht8 (Fn. 48), N 988 m. w. H.
Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren (Fn. 23), N 3.123; PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 12 N 55; Benedick, AJP 2011 (Fn. 151), 171 f.; BVGer, 6.11.2008, A-1501/2006 und A-1502/2006, E. 5.2; BGE 128 II 139.
Symptomatisch Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht2 (Fn. 24), N 738: «Die Aufzählung der Beweismittel im VwVG ist nicht abschliessend,738 d.h., es gibt im Verwaltungsverfahren keinen numerus clausus zulässiger Beweismittel.» Vermittelnd Moor/Poltier, Droit administratif II (Fn. 151), 297 Fn. 560.
Vgl. nur Martin/Seltman/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 83; Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht2 (Fn. 24), N 737; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 468; vgl. weiter VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 20 mit Diskussion und Nachweisen; BGE 130 II 473, 475.
Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 468; VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 21; so völlig korrekt auch BGE 130 II 473, 476.
Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren (Fn. 23), N 3.124.
Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren (Fn. 23), N 3.124.
Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht2 (Fn. 24), N 188.
G. Steinmann, in: B. Ehrenzeller et al. (Hrsg.), Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Aufl., St. Gallen 2014, Art. 29 BV N 15; Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht2 (Fn. 24), N 580 f.
Ausführlich dazu SG-Kommentar BV3, Steinmann (Fn. 182), Art. 29 BV N 44 ff.
G. Biaggini, BV Kommentar, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2. Aufl., Zürich 2017, Art. 29 BV N 22.
So Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht2 (Fn. 24), N 739.
VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 20.
Vgl. Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht2 (Fn. 24), N 739.
Vgl. dazu gleich im Anschluss.
BGE 135 V 254, 258.
Vgl. nur BSK StPO2-Riedo/Fiolka (Fn. 131), Art. 6 N 3 und 38; Daphinoff, Diss. (Fn. 73), 310 ff.
Riedo/Fiolka/Niggli, Strafprozessrecht (Fn. 22), N 164; Y. Jeanneret/A. Kuhn, Précis de procédure pénale, 2. Aufl., Bern 2018, N 4087; J. Pitteloud, Code de Procédure pénale Suisse, Commentaire à l’usage des praticiens, Zürich 2012, N 12.
D. Jositsch, Grundriss des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl., Zürich 2017, N 54; L. Moreillon/A. Parein-Reymond, Petit Commentaire Code de procédure pénale, 2. Aufl., Basel 2016, Art. 6 N 3 f; Oberholzer, Grundzüge4 (Fn. 109), N 804 ff.; Daphinoff, Diss. (Fn. 73), 317 ff; Schmid/Jositsch, Praxiskommentar3 (Fn. 20), Art. 6 N 1.
Riedo/Fiolka/Niggli, Strafprozessrecht (Fn. 22), N 164; Moreillon/Parein-Reymond, PC CPP2 (Fn. 192), Art. 6 N 5; Schmid/Jositsch, Handbuch3 (Fn. 86), N 154; Jositsch, Grundriss3 (Fn. 192), N 53; Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005 (BBl 2006 1085), zu Art 6: 1130.
J. Weber, in: M. A. Niggli/M. Heer/H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung (StPO/JStPO), 2. Aufl., Basel 2014, Art. 196 N 10; Riedo/Fiolka/Niggli, Strafprozessrecht (Fn. 22), N
Riedo/Fiolka/Niggli, Strafprozessrecht (Fn. 22), N 163; Daphinoff, Diss. (Fn. 73), 320 f.
W. Wohlers, in: A. Donatsch/Th. Hansjakob/V. Lieber (Hrsg.), Kommentar zur schweizerischen Strafprozessordnung (StPO), 3. Aufl., Zürich 2020, Art. 6 N 5 f.; Schmid/Jositsch, Handbuch3 (Fn. 86), N 155.
BSK StPO2-Riedo/Fiolka (Fn. 131), Art. 6 N 68; Jeanneret/Kuhn, Précis2 (Fn. 191), N 4088; Oberholzer, Grundzüge4 (Fn. 109), N 805.
Riedo/Fiolka/Niggli, Strafprozessrecht (Fn. 22), N 165; BSK StPO2-Riedo/Fiolka (Fn. 131), Art. 6 N 64 f.; Moreillon/Parein-Reymond, PC CPP2 (Fn. 192), Art. 6 N 11; Jeanneret/Kuhn, Précis2 (Fn. 191), N 4087; G. Arzt, Gewichtsverlagerung im System der Kriminalitätskontrolle, forumpoenale 2009, 360 ff., 362 f.
BSK StPO2-Riedo/Fiolka (Fn. 131), Art. 6 N 77; N. Ruckstuhl/V. Dittmann/J. Arnold, Strafprozessrecht unter Einschluss der forensischen Psychiatrie und Rechtsmedizin sowie des kriminaltechnischen und naturwissenschaftlichen Gutachtens, Zürich 2011, N 124.
BSK StPO2-Riedo/Fiolka (Fn. 131), Art. 6 N 79; Jeanneret/Kuhn, Précis2 (Fn. 191), N 4087.
Schmid/Jositsch, Handbuch3 (Fn. 86), N 154; Schmid/Jositsch, Praxiskommentar3 (Fn. 20), Art. 6 N 2.
Zum Begriff der «materiellen Wahrheit» BSK StPO2-Riedo/Fiolka (Fn. 131), Art. 6 N 59 ff.
Jositsch, Grundriss3 (Fn. 192), N 54; Schmid/Jositsch, Handbuch3 (Fn. 86), N 158.
M. Thommen, in: M. A. Niggli/M. Heer/H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung (StPO/JStPO), 2. Aufl., Basel 2014, Art. 3 N 99; Schmid/Jositsch, Handbuch3 (Fn. 86), N 98 f.; BGE 127 I 133, 138.
OG SO, 7. Januar 2004, Solothurnische Gerichtspraxis 2004 Nr. 22, 71 f. (OG Solothurn, 7. Januar 2004).
Schmid/Jositsch, Handbuch3 (Fn. 86), N 158.
Daphinoff, Diss. (Fn. 73), 335; Oberholzer, Grundzüge (Fn. 109), N 1084.
E. Tophinke, in: M. A. Niggli/M. Heer/H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung (StPO/JStPO), 2. Aufl., Basel 2014, Art. 10 N 76.
BSK StPO2-Riedo/Fiolka (Fn. 131), Art. 6 N 67; Jositsch, Grundriss3 (Fn. 192), N 53.
A. Locher, Verwaltungsrechtliche Sanktionen. Rechtliche Ausgestaltung, Abgrenzung und Anwendbarkeit der Verfahrensgarantien, Diss. Zürich 2013, N 377.
Art. 1 und 19 ff. VStrR; Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht2 (Fn. 24), N 1099 f.
Locher, Diss. (Fn. 210), N 378; BGE 120 IV 226, 237.
Art. 20 Abs. 1 VStrR; Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 164; Locher, Diss. (Fn. 210), N 378.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 175 f.; Hauri, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), Art. 37 N 4.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 147.
BGE 120 IV 226, 237; Locher, Diss (Fn. 210), N 378.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 168; Th. Schenk/M. Rentsch, in: F. Frank et al. (Hrsg.), Verwaltungsstrafrecht, Basler Kommentar, Basel 2020, Art. 37 N 13.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 149; BSK VStrR-Achermann/Frank (Fn. 136), Art. 2 N 34.
Niggli/Maeder, Verwaltungsrecht, Verwaltungsstrafrecht – Grundprobleme, in: A. Eicker (Hrsg.), Aktuelle Herausforderungen für die Praxis im Verwaltungsstrafverfahren, Bern 2013, 50 ff., 56; BSK VStrR-Achermann/Frank (Fn. 136), Art. 2 N 34.
Riedo/Fiolka/Niggli, Strafprozessrecht (Fn. 22), N 226 ff.; BSK VStrR-Achermann/Frank (Fn. 136), Art. 2 N 34; Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 149.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 150.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 152; BSK VStrR-Achermann/Frank (Fn. 136), Art. 2 N 63.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 172; Riedo/Fiolka/Niggli, Strafprozessrecht (Fn. 22), N 226 ff.
Schmid/Jositsch, Praxiskommentar3 (Fn. 20), Art. 113, N 1 f.
Zu den Art. 39 ff. vgl. Botschaft zum Entwurf eines Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht vom 21. April 1971 (BBl 123 I 993), 1011.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 169.
Hauri, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), vor Art. 19-31 N 2.
Martin/Seltmann/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 5.
Vgl. vorn S. 7 ff.
Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht8 (Fn. 48), N 325 ff.; Tschannen/Zimmerli/Müller, Verwaltungsrecht4 (Fn. 48), § 19 N 1 ff.; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 267.
H.M., vgl. nur BGE 117 IV 286, 291 und BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 317 N 5 m.N.
BGer, StrA, 23.3.2018, 6B_1012/2018, E. 3.2.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 317 N 7 sowie BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 251 N 64.
Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht8 (Fn. 48), N 325 ff.; Tschannen/Zimmerli/Müller, Verwaltungsrecht4 (Fn. 48), § 19 N 1 ff.; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 267.
Vgl. vorn S. 32.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 317 N 5.
BGE 132 II 21, 25.
VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 7.
Vgl. vorn S. 21 ff., sowie VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 7.
PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 12 N 18; BGE 110 V 48, 52.
VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 16; BGE 130 II 482, 485.
PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 12 N 22; BGE 110 V 48, 52; vgl. weiter VwVG-Kommentar2-Auer/Binder (Fn. 23), Art. 12 N 5.
Martin/Seltman/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 81; BGE 130 II 482, 485.
Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht2 (Fn. 24), N 697.
BGE 132 II 21, 25.
BGE 138 V 218, 221; 126 V 353, 360; 125 V 193, 195; vgl. weiter BGE 130 III 321, 324 f.
BGE 125 V 351, 352.
BGE 140 III 264, 266.
BGE 119 Ib 158, 161 f.
ZK StPO2-Wohlers (Fn. 196), Art. 6 N 9.
ZK StPO2-Wohlers (Fn. 196), Art. 6 N 9.
S. Gless, in: M. A. Niggli/M. Heer/H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung (StPO/JStPO), 2. Aufl., Basel 2014, Art. 139 N 32.
BSK StPO2-Riedo/Fiolka (Fn. 131), Art. 6 N 80; Arzt, FP 2009 (Fn. 198), 362; Schmid/Jositsch, Handbuch3 (Fn. 86), N 156.
ZK StPO2-Wohlers (Fn. 196), Art. 6 N 12.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 166 f.; BSK VStrR-Schenk/Rentsch (Fn. 217), Art. 37 N 9.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 167; BSK VStrR-Schenk/Rentsch (Fn. 217), Art. 37 N 9.
Art. 73 Abs. 3 VStrR.
Vgl. vorn S. 21 ff.
BGE 110 V 48, 52 f.
PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 12 N 22; vgl. weiter Schmid/Jositsch, Praxiskommentar3 (Fn. 20), Art. 6 N 6; Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 168.
Art. 353 Abs. 1 StPO; Oberholzer, Grundzüge4 (Fn. 109), N 1945.
F. Uhlmann/S. Wälle-Bär, in: B. Waldmann/Ph. Weissenberger (Hrsg.), Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG), 2. Aufl., Zürich 2016, Art. 46a N 1; Martin/Seltmann/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 104.
M. Müller/P. Bieri, in: Ch. Auer/M. Müller/B. Schindler (Hrsg.), Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2. Aufl., Zürich 2019, Art. 46a N 2; Martin/Seltmann/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 104.
Dasselbe gilt auch für Auskünfte; vgl. dazu nachfolgend S. 36 ff.
Ebenso bei der öffentlichen Urkunde: BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 317 N 5: «Die Urkunde ist wahr, wenn der Urkundeninhalt mit der aufgrund anerkannter juristischer Methode für die Tatsachen- und Rechtsfinden gewonnenen Überzeugung der Urkundsperson über das Vorhandensein und die rechtliche Zulässigkeit bestimmter juristischer Tatsachen übereinstimmt».
BGE 126 II 111, 116; 121 II 147, 149; 108 Ib 196, 200; vgl. R. Truffer, in: R. Watter/R. Bahar (Hrsg.), Basler Kommentar, Finanzmarktaufsichtgesetz/Finanzinfrastrukturgesetz, 3. Aufl., Basel 2019, Art. 29 N 17 m.w.N.
BGer, II. ÖRA, 6.6.2007, 2A.25/2007, E. 4.1; BGer, II. ÖRA, 6.10.2014, 2C_1097/2014, E. 2.2; sowie BSK FINMAG3-Truffer (Fn. 266), Art. 29 N 17 m.N. der Literatur.
BGE 126 II 111, 116; praktisch identisch BGE 108 Ib 196, 200; 121 II 147, 149; 126 II 111, 116; BGer, II. ÖRA, 6.6.2007, 2A.25/2007, E. 4.1; BGer, II. ÖRA, 6.10.2014, 2C_1097/2014, E. 2.2; BVGer, 23.11.2015, B-4639/2014, E. 2.2.
BSK FINMAG3-Truffer (Fn. 266), Art. 29 N 18 m.w.N.
BGE 108 Ib 196, 201.
D. Pfiffner, in: R. Watter/R. Bahar (Hrsg.), Basler Kommentar, Finanzmarktaufsichtgesetz/Finanzinfrastrukturgesetz, 3. Aufl., Basel 2019, Art. 25 N 7.
Vgl. dazu auch S. 41 ff.
Vgl. vorn S. 5 f.
R. Schwob/W. Wohlers, in: R. Watter/R. Bahar (Hrsg.), Basler Kommentar, Finanzmarktaufsichtgesetz/Finanzinfrastrukturgesetz, 3. Aufl., Basel 2019, Art
BSK FINMAG3-Schwob/Wohlers (Fn. 274), Art 45 N 7.
BSK FINMAG3-Schwob/Wohlers (Fn. 274), Art 45 N 5.
Vgl. vorn S. 33 ff., insb. 35.
Urteil Strafbescheid des EFD erwähnt in BVGer 20.9.2017, B-5772/2015, E. 3.4.3.
BVGer 20.9.2017, B-5772/2015, E. 2.2.
BStGer, 14.6.2018, SK.2017.22, E. 4.3.
BStGer, 14.6.2018, SK.2017.22, E. 4.3.
BStGer, 14.6.2018, SK.2017.22, E. 4.3
Ganz ähnlich offenbar schon die Anklage der Bundesanwaltschaft, die in BStGer, 9.6.2015, SK.2014.55, E 2.3.4 erwähnt wird («bei allen Verträgen mit den J. Ltd.-Kunden D., E. und †F. die Anhänge, in welchen die effektiven Zinskonditionen vereinbart waren, nicht beigelegt gewesen seien»).
BStGer, 14.6.2018, SK.2017.22, E. 4.4.
BStGer, 14.6.2018, SK.2017.22, E. 5.1.2.
BGer, StrA, 28.4.2016, 6B_1046/2015, E. 2.4.2.
BGer, StrA, 28.4.2016, 6B_1046/2015, E. 2.4.2.
BGer, StrA, 28.4.2016, 6B_1046/2015, E. 2.4.2.
BGer, StrA, 28.4.2016, 6B_1046/2015, E. 2.4.2.
Vgl. dazu anschliessend: S. 41 ff.
BGer, StrA, 28.4.2016, 6B_1046/2015, E. 2.4.2.
So völlig korrekt BSK FINMAG3-Schwob/Wohlers (Fn. 274), Art 45 N 7.
Vgl. anschliessend S. 41 ff.
A. Terlinden, Der Untersuchungsbeauftragte der FINMA als Instrument des Finanzmarktenforcements, Diss., St. Gallen 2010, 307 f.
Roth, Jusletter 2014 (Fn. 148), N 38.
Terlinden, Diss. (Fn. 294), 308.
Was Terlinden, Diss. (Fn. 294), 308, ja auch zugibt.
Art. 24 FINMAG i.V.m. Finanzmarktprüfungsverordnung (FINMA-PV), SR 956.161
Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht8 (Fn. 48), N 988; explizit für die Prüfgesellschaft Art 5 Abs. 3 FINMA-PV.
Kiener/Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht2 (Fn. 24), N 698. Die in Art. 41 VwVG genannten Zwangsmittel betreffen die Vollstreckung der Verfügung, nicht die Ermittlung des Sachverhaltes.
Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht (Fn. 29), 149.
So etwa Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 467 und Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht8 (Fn. 48), N 995.
Vgl. vorn Seite 22 f. zum Missbrauch der sog. Ungehorsamsstrafe.
Das aber wäre gerade notwendig: PK VwVG2-Häner (Fn. 143), Art. 25 N 17.
Art. 19 VwVG i.V.m. Art. 40 BZP; PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 12 N 55.
Benedick, AJP 2011 (Fn. 151), 171 f.; BGE 128 II 139, 143 f.; BVGer, 6.11.2008, A-1501/2006 und A-1502/2006, E. 5.2.
Der Grundsatz bezieht sich auf die Tatsachenfeststellung, und regelt die Beweislast: BSK StPO2-Tophinke (Fn. 208), Art. 10 N 76.
BSK FINMAG3-Schwob/Wohlers (Fn. 274), Art 45 N 7. Ob das Erteilen von unvollständigen Auskünften oder Teilauskünften erfasst ist, hängt davon ab, ob sie als «falsche Auskunft» zu qualifizieren sind (BGer, StrA, 28.4.2015, 6B_1046/2015, E. 2.4.2); vgl. dazu S. 36 ff.
Art. 140 Abs. 1 StPO und Art. 141 Abs. 1 StPO; Roth, Jusletter 2014 (Fn. 148), N 38; für das Steuerrecht geklärt vom EGMR: Chambaz c. Schweiz, 5.4.2012, Nr. 11663/04 und J.B c. Schweiz, 3.5.2001, Nr. 31827/96.
Höchst eigenartig die Bemerkung von PK VwVG2-Krauskopf/Emmenegger/Babey (Fn. 136), Art. 13 N 88, wonach sich «die Mitwirkungspflicht der Parteien […] dem öffentlichen Interesse an der materiellen Wahrheit zu beugen» habe, Soll das wirklich heissen: Wo es der Wahrheitsfindung dient, kann Selbstbelastung auch erzwungen werden?
EGMR, Chambaz c. Schweiz, 5.4.2012, Nr. 11663/04 und J.B c. Schweiz, 3.5.2001, Nr. 31827/96.
Vgl. vorn S. 37 ff.; insb. S. 40 f.
H.L.; BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 251 N 27 m.N.
BGE 133 IV 112, 117; 142 IV 11, 12 f.; BGer, StrA, 15.1.2016, 6B_608_2015, E. 1.2.1; BGer, StrA, 11.9.2017, 6B_207/2017, E. 1.5. Nur nebenher sei erwähnt, dass die Quellen, auf die BGE 133 IV 112 seine Argumentation zu stützen sucht (M. Peter, Das neue Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht, ZStrR, 90/1974, 337 ff., 353 und J. Gauthier, La loi fédérale sur le droit pénal administratif, in: Quatorzième Journée juridique, Genf 1975, 23 ff., 61), das genaue Gegenteil besagen: Beide nämlich erklären den Sinn der verwaltungsrechtlichen Strafverfügung (prononcé pénal) damit, dass sie eine gerichtliche Beurteilung gerade vermeidet.
Richtigerweise deshalb relativierend BGE 139 IV 62 bzgl. des Falles, in welchem das Einspracheverfahren gegen einen Strafbescheid übersprungen und direkt die gerichtliche Beurteilung verlangt wird (Art. 71 VStrR). Hier sei – so das Bundesgericht völlig korrekt – ein Strafbescheid nicht einfach deshalb als erstinstanzliches Urteil zu behandeln, weil eine Strafverfügung fehle (BGE 139 IV 62, 69). Das bedeutet eigentlich, dass Gleiches gelten müsste für die Strafverfügung, was das BGer auch andeutet, aber offenlässt. Ebenfalls zurückhaltend BGE 142 IV 11, 12 f.; BGer, StrA, 15.1.2016, 6B_608_2015, E. 1.2.1.
Korrekt dagegen Daphinoff, Diss. (Fn. 73), 255: «Im Falle eines Strafbefehlserlasses ist es – mangels nachfolgender Hauptverhandlung – ganz besonders wichtig, dass dem Grundsatz der materiellen Wahrheit bereits im Vorverfahren im vollen Umfang nachgekommen wird.»
BGE 133 IV 112, 117.
Dafür, dass die Praxis zweifellos unzutreffend ist, auch sehr deutlich BSK StGB4-Zurbrügg (Fn. 87), Art. 97 N 62: «Diese Rechtsprechung kann nicht richtig sein. Auch gegen eine Strafverfügung kann die betroffene Person – wie gegen einen Strafbefehl – Einsprache erheben. Es erfolgt alsdann eine Überweisung an das zuständige Gericht (Art. 72 f. VStrR). Insofern weist eine Strafverfügung sehr wohl Parallelen zu einem Strafbefehl (und nicht wie in BGer, StrA, 11.9.2017, 6B_207/2017, E. 1.5 gesagt zu einem erstinstanzlichen Urteil) auf. Dies umso mehr, als auch nach der Einsprache gegen einen ersten Strafbefehl ein auf umfassenderer Untersuchung beruhender zweiter Strafbefehl erlassen werden kann (Art. 355 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 lit. c StPO), welcher selbstverständlich nicht als erstinstanzliches Urteil gilt, wenn gegen diesen wiederum Einsprache erhoben wird. Hinzu kommt, dass es in Anbetracht dessen, dass ein Fall nach der Einsprache gegen einen Strafbescheid auch direkt dem zuständigen Gericht überwiesen werden kann (Art. 71 VStrR), höchst inkonsequent erscheint, dass der Lauf der Verjährungsfrist unterschiedlich ist, je nachdem, ob der Fall mit oder ohne Strafverfügung an das zuständige Gericht gelangt (vgl. zum Ganzen die Kritiken bei Riedo/Zurbrügg, AJP 2009, 377 f.; Macaluso/Garbarski, forumpoenale 2016, 135 und insb. Macaluso/Garbarski, AJP 2018, 120 ff., welche – zu Recht – bezweifeln, ob sich diese Rechtsprechung mit der in Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 14 Ziff. 1 UNO-Pakt II und Art. 30 Abs. 1 BV verbrieften Garantie auf Beurteilung einer strafrechtlichen Anklage durch ein unabhängiges Gericht vereinbaren lässt, wenn die untersuchende Verwaltungsbehörde wie ein verpönter «Untersuchungsrichter» in Personalunion auch gleich das «Urteil» erlassen kann, welches die Verjährung nicht mehr eintreten lässt).»
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 317 N 19, darin Stratenwerth/Bommer, BT/27 (Fn. 9), § 60 N 7 folgend.
BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 317 N 19 m.H. auf BGE 121 IV 216, 223; 100 IV 180, 182.
BGE 121 IV 216, 223: «Die Täuschungsabsicht ergibt sich dabei notwendigerweise aus dem Willen des Täters, die Urkunde als wahr zu verwenden.»
Dazu ausführlich G. Freud, in: W. Joecks/K. Miebach (Hrsg.), Münchner Kommentar zum StGB, 3. Auf., München 2019, § 348 N 25 ff.; ebenso BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 317 N 5.
Für ein Beispiel: BGer, StrA, 23.3.2018, 6B_1012/2018, E. 3.2.
Vgl. vorn S. 11 ff.; 32 f.
Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht8 (Fn. 48), N 325 ff.; Tschannen/Zimmerli/Müller, Verwaltungsrecht4 (Fn. 48), § 19 N 1 ff.; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren3 (Fn. 23), N 267.
St. Heimgartner, in: M. A. Niggli/H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafgesetzbuch/Jugendstrafgesetz (StGB/JStG), 4. Aufl., Basel 2019, Art. 312 N 4 und 26 f. sowie BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 317 N 24 ff.
So etwa E. Hafter, Lehrbuch des Schweizerischen Strafrechts. Besonderer Teil. Zweite Hälfte, Berlin 1943, 833 ausdrücklich mit Bezug zu Art. 313, 315 und 316 StGB, woraus sich schliessen lässt, dass für Art. 317 StGB Anderes gelten soll; V. Schwander, Das schweizerische Strafgesetzbuch unter besonderer Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Praxis, 2. Aufl., Zürich 1964, N 778; Ph. Thormann/A. von Overbeck, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kommentar, 2. Bd., Besonderer Teil, Zürich 1941, Art. 312 N 10; P. Logoz, Commentaire du Code Pénal Suisse, Partie Spéciale, Neuchâtel/Paris 1955/56, Art. 312 N 7.
So zum Verhältnis zu Art. 313 etwa BSK StGB4-Heimgartner (Fn. 326), Art. 313 N 12.
Stratenwerth/Bommer, BT/27 (Fn. 9), § 59 N 14; Donatsch/Thommen/Wohlers, Strafrecht IV5 (Fn. 4), 554; CR CP II-Postizzi (Fn. 63), Art. 312 N 34.
So Stratenwerth/Bommer, BT/27 (Fn. 9), § 59 N 14. Gerade Art. 313 StGB lässt sich indes mit guten Gründen als bewusste Privilegierung verstehen, wenn man das doch beschränkte Ausmass zu hoher Gebühren bedenkt.
Anstelle vieler: BSK StGB4-Boog (Fn. 1), Art. 317 N 24; CR CP II-Postizzi (Fn. 63), Art. 312 N 34; so schon BGE 121 IV 216, 219.
Anstelle vieler: BSK StGB4-Heimgartner (Fn. 326), Art. 312 N 26; Stratenwerth/Bommer, BT/27 (Fn. 9), § 59 N 15; Donatsch/Thommen/Wohlers, Strafrecht IV5 (Fn. 4), 554; so schon Thormann/von Overbeck, Kommentar (Fn. 327), Art. 312 N 10; BGE 99 IV 13, 14.
BGer, StrA, 23.3.2018, 6B_1012/2017, E. 3.2.
BVGer 25.4.2018, B-3092/2016, E. 3.3.3.
BVGer 25.4.2018, B-3092/2016, E. 3.3.4.3.
BVGer 25.4.2018, B-3092/2016, E. 3.3.4.1.
Martin/Seltman/Loher, Verfügung2 (Fn. 24), 65.
BVGer 10.7.2019, B-5527/2016, E. 7: «Elle a jugé que le recourant devait, en qualité de membre du comité exécutif, être tenu pour personnellement responsable de cette violation en soulignant sa fonction de directeur général de la banque ; elle n’a en revanche pas expliqué les raisons pour lesquelles elle a estimé que sa responsabilité serait accrue par rapport à celle des deux autres membres dudit comité alors que l’ensemble de ses membres faisaient partie de la direction de la banque (art. 15 du règlement général d’organisation)»
BVGer 10.7.2019, B-5527/2016, E. 5: «Une décision viole le principe de l’égalité de traitement (art. 8 al. 1 Cst.) lorsqu’elle établit des distinctions juridiques qui ne se justifient par aucun motif raisonnable au regard de la situation de fait à réglementer ou lorsqu’elle omet de faire des distinctions qui s’imposent au vu des circonstances, c’est-à-dire lorsque ce qui est semblable n’est pas traité de manière identique et lorsque ce qui est dissemblable ne l’est pas de manière différente. Il faut que le traitement différent ou semblable injustifié se rapporte à une situation de fait importante.»
BVGer 10.7.2019, B-5527/2016, E. 7: «Certes, comme l’autorité inférieure l’a relevé, il s’agit in casu de déterminer la responsabilité personnelle du recourant. Cela étant, elle n’en demeure pas moins tenue au respect du principe de l’égalité de traitement ainsi qu’à l’obligation de motiver sa décision. Il est constant qu’elle n’a pas pu établir la responsabilité des deux autres membres du comité exécutif dans de graves violations du droit de la surveillance par la banque ; il apparaît également qu’elle n’explique pas en quoi la fonction ou le comportement spécifiques du recourant ou les informations en sa possession lui confèreraient une responsabilité différente des deux autres.»